Hamburg. Die Hamburger landeten auf dem Spielermarkt im Januar selten Volltreffer. Daran dürfte sich nicht viel ändern.
Erinnern Sie sich noch an Horst Heese? Den Trainer, dem 1993 mit Eintracht Frankfurt das historische Missgeschick unterlief, einen Ausländer zu viel eingewechselt zu haben? Nein? In Hamburg wurde Heese noch durch ein anderes historisches Ereignis bekannt: Der frühere Mittelstürmer war im Dezember 1972 der erste Wintertransfer in der Bundesligageschichte des HSV. Für eine Ablöse von 170.000 Mark wechselte Heese damals von Eintracht Frankfurt nach Hamburg. Es war ein Nottransfer, wie man heute sagen würde. Der HSV war im Jahr eins nach dem Karriereende von Uwe Seeler zur Winterpause Tabellenletzter, hielt am Ende aber auch dank der sechs Tore von Heese in der Rückrunde die Klasse.
Seit jenem Jahr hat der HSV in 52 Wintertransferperioden 65 Spieler verpflichtet. Um es vorwegzunehmen: Allzu viele Volltreffer sind den Hamburgern seit Heese nicht mehr gelungen. Trotzdem wird Sportvorstand Jonas Boldt auch in den kommenden vier Wochen wieder versuchen, den Kader des HSV zu verstärken. Der 41-Jährige betont zwar immer, kein Freund von Wintertransfers zu sein, da sie ein Zeichen für eine ungenügende Arbeit im Sommer seien. Trotzdem hat Boldt in seinen ersten vier Jahren beim HSV sieben Spieler im Januar geholt. Richtig eingeschlagen ist bis auf Joel Pohjanpalo 2021 keiner von ihnen. Der positivste Aspekt: In den meisten Fällen waren die Gastspiele nach einem halben Jahr wieder vorbei, ohne dass der HSV einen wirtschaftlichen Schaden davontrug.
Anders als etwa 2017, als die Hamburger in der Winterpause einmal mehr drei Nottransfers tätigen mussten und für Walace (9,2 Millionen Euro), Mergim Mavraj (1,8 Millionen) sowie dem ein halbes Jahr später fest verpflichteten Kyriakos Papadopoulos (6,5 Millionen) viel Geld verbrannten.
Wintertransfers sind im Optimalfall zu vermeiden
Es sind Beispiele, die verdeutlichen, dass Wintertransfers im Optimalfall zu vermeiden sind. Sie bringen häufig die Teamstruktur durcheinander, sorgen bei anderen Spielern für Frust und brauchen nicht selten zu lange Zeit, um sich an die neue Mannschaft, den neuen Trainer und eine neue Spielweise zu gewöhnen. Gleichzeitig müssen sie sofort funktionieren. Das kann im Normalfall nicht gut gehen.
Trotz all dieser Winterwidrigkeiten sind dem HSV in der Vergangenheit nicht nur im Fall Heese auch gute Transfers zur kalten Jahreszeit geglückt. 2015 kam der spätere Retter Marcelo Diaz als Last-minute-Zugang. 2007 sorgten die Verpflichtungen von Stürmer Ivica Olic und Torhüter Frank Rost ebenfalls für den Klassenerhalt. 2004 gelang dem damaligen Sportchef Dietmar Beiersdorfer mit der Verpflichtung von Piotr Trochowski vom FC Bayern München ein echter Coup.
Beiersdorfers Königstransfer sollte nur ein Jahr später Nigel de Jong werden, den er im Januar 2006 für 1,5 Millionen Euro von Ajax Amsterdam holte und ihn drei Jahre später – ebenfalls im Januar – für die Rekordsumme von 18 Millionen Euro zu Manchester City transferierte.
Als Beiersdorfer den Vogel abschoss
Beschwingt durch diesen Erfolg wurde Beiersdorfer in den Jahren darauf zum Schnäppchenjäger im Winterschlussverkauf. 2009 schoss er dabei den Eisvogel ab, als er am letzten Tag der Transferperiode innerhalb weniger Stunden gleich sechs Spieler holte – bis auf Tomas Rincon waren es allesamt Flops. Doch damit war Beiersdorfer nicht allein. Wer erinnert sich nicht mehr an Ola John und Ouasim Bouy (2014), Niclas Kindvall (1995) oder Paul Caligiuri (1987)?
Das aktuelle Dilemma des HSV: Einerseits hat der Club seinen Schwerpunkt in der Transferstrategie auf entwicklungsfähige Spieler gelegt. Anderseits wird vom HSV nichts anderes erwartet als der Aufstieg in die Bundesliga. Welcher Winterneuzugang garantiert dieses Vorhaben, der gleichzeitig gesund und günstig zu haben ist? Spieler, die im Winter auf dem Markt sind, kommen entweder aus einer Verletzung, haben lange nicht gespielt oder kosten viel Geld.
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Man darf also gespannt sein, mit welchen Namen Boldt und Sportdirektor Claus Costa in diesem Januar die mitunter sehnsüchtig auf neue Spielernamen wartenden Fans befriedigen werden. Dass die nächsten Neuzugänge den HSV im Sommer zum Aufstieg führen, darf zumindest schon vorher bezweifelt werden.