Hamburg. Der HSV spielt gegen Magdeburg zum sechsten Mal zu null. Auch dank zweier Verteidiger, die bislang keine Rolle spielten.

In der neuen Folge des neuen HSV-Formats „Sach mal“ verrät Bakery Jatta zwei Interna aus der Kabine. Der Flügelstürmer wurde zum einen gefragt, wer denn der lustigste Spieler in der Mannschaft sei? „Willi“, antwortete Jatta ohne Zögern. Gemeint ist William Mikelbrencis. Zum anderen musste Jatta sagen, wer der beste Kabinen-DJ im Team sei? „Stepho“, sagte Jatta nicht weniger schnell und meinte Innenverteidiger und Hobby-Beatboxer Stephan Ambrosius.

Mikelbrencis und Ambrosius – zwei Spieler, die beim HSV für die gute Stimmung verantwortlich sind. So könnte man die bisherige Wichtigkeit der beiden Abwehrspieler zusammenfassen. Seit dieser Woche werden die Gute-Laune-Bären aber plötzlich auch mit bärenstarken Leistungen auf dem Platz in Verbindung gebracht. Innerhalb von nur vier Tagen hat sich der sportliche Stellenwert von Mikelbrencis (19) und Ambrosius (24) erheblich gesteigert. Schon am Dienstag in der zweiten Pokalrunde beim 4:3-Sieg im Elfmeterschießen bei Arminia Bielefeld waren die beiden mittendrin, als der HSV vor allem auch dank einer konzentrierten Defensivleistung ins Achtelfinale einzog.

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Wenige Tage später waren Mikelbrencis und Ambrosius in aller Munde, nachdem der HSV am späten Sonnabend den FC Magdeburg im Volksparkstadion mit 2:0 (1:0) besiegt hatte. Es war der sechste Sieg im sechsten Heimspiel und das fünfte Spiel in Folge im Volkspark ohne Gegentor. Das bislang letzte Tor für einen Gegner in einem HSV-Heimspiel erzielte Simon Terodde am ersten Spieltag. Dreieinhalb Monate ist das her. Für Ambrosius war es das bislang letzte Ligaspiel, das er für den HSV in der Startelf bestreiten durfte. Und nach dem Sieg gegen Magdeburg fragten sich viele Fans mal wieder: Warum darf der Kabinen-DJ das nicht häufiger?

HSV in Heimspielen zum zweiten Mal in Folge mit weniger Ballbesitz

Nach seinem starken Spiel gegen den FCM wurde Ambrosius von den Anhängern nicht nur mit Sprechchören gefeiert, sondern am Tag danach auch zum Spieler des Spiels gewählt. Mit seiner leidenschaftlichen Zweikampfführung hatte der Innenverteidiger dazu beigetragen, dass der HSV der quirligen Magdeburger Mannschaft nicht viele Möglichkeiten ließ. „Stepho war brutal in den ersten Aktionen. So funktioniert es“, sagte Torhüter Daniel Heuer Fernandes, der schon zum sechsten Mal in dieser Saison zu null spielte. Und das am zwölften Spieltag.

Ein klares Indiz dafür, dass der HSV seine Ausrichtung in dieser Saison angepasst hat. Walter versucht nicht mehr, auf Biegen und Brechen seine Spielidee durchzusetzen. Schon vor zwei Wochen beim 2:0 gegen Greuther Fürth hatte der HSV nur 44 Prozent Ballbesitz. Gegen Magdeburg waren es nun 46 Prozent.

Der HSV kann es also auch gegen den Ball. Walter erklärte die taktische Veränderung mit der Müdigkeit nach einer Woche mit zwei Auswärtsspielen, stellte aber auch klar: „Wir haben unsere Philosophie, die auch immer so sein wird. Die Basis für unser Spiel ist die Bereitschaft und der Wille. Beim ersten Tor hat man gesehen, wie gut wir auch mit dem Ball sind.“

Die Basis für den Sieg gegen Magdeburg war aber die Stabilität in der Defensive. Und zu der trug neben Ambrosius auch Mikelbrencis bei. Der junge Rechtsverteidiger gewann viele Zweikämpfe, insbesondere einen entscheidenden, als er den schnellen Magdeburger Stürmer Luca Schuler, der beim Stand von 1:0 allein auf HSV-Torhüter Daniel Heuer Fernandes zulief, noch entscheidend störte (54.). In dieser Szene konnte man die Schnelligkeit des Franzosen erkennen. Auch deswegen wurde er im Sommer 2022 für 700.000 Euro vom FC Metz verpflichtet.

Benes lobt Mikelbrencis

„Es ist nicht einfach für ihn: Er ist ein sehr junger Spieler, der ein paar Mal nicht im Kader stand und plötzlich seine Chance im Pokal bekommt. Ich glaube, er hat gar nicht damit gerechnet, aber er hat richtig, richtig gut gespielt“, sagte 1:0-Torschütze Laszlo Benes. Der Slowake hatte schon nach neun Minuten eine Bilderbuchkombination über Ransford Königsdörffer, Robert Glatzel, Immanuel Pherai und Jatta zur Führung abgeschlossen. Es war das in seiner Gesamtheit wohl schönste Tor der bisherigen Saison.

Danach überließ der HSV weitestgehend dem FCM um Ex-HSV-Trainer Christian Titz den Ball und setzte auf Konter. Die hätte der HSV – wie schon gegen Fürth – zum Teil viel besser ausspielen können. Am Ende war es Jatta, der einen dieser Konter über Benes und den eingewechselten Jean-Luc Dompé mit einem Karl-Heinz-Riedle-Gedächtniskopfball vollendete (72.). Als kurz darauf Daniel Elfadli, im Sommer HSV-Kandidat, nach einer harten Grätsche gegen Ambrosius mit Rot vom Platz flog, war das Spiel entschieden.

HSV bangt um angeschlagenen Pherai

Der HSV-Verteidiger konnte weitermachen. Im Gegensatz zu Pherai, der mit Leistenproblemen ausgewechselt werden musste und nach dem Spiel in die Kabine humpelte. Ob der Niederländer eine strukturelle Verletzung erlitten hat und beim nächsten Spiel in Kiel ausfällt, ist noch offen. Umso wichtiger ist es, dass der HSV auf einen breiten Kader zurückgreifen kann, in dem auch Spieler wie Mikelbrencis und Ambrosius funktionieren, die wochenlang keine Rolle gespielt haben. „Bei mir sind alle Stammspieler“, sagte Walter, als er auf die gute Leistung von Ambrosius angesprochen worden war.

Mit 24 Punkten aus zwölf Spielen liegt der HSV weiter auf Aufstiegskurs. Drei Punkte vor Hannover und Düsseldorf, zwei Punkte hinter dem FC St. Pauli. Und das vier Wochen vor dem Stadtderby. „Das Spiel ist noch nicht in unserem Kopf“, sagte Ambrosius, der einst selbst in der Jugend des Stadtrivalen spielte.

Spannend wird nun sein, ob Ambrosius in der kommenden Woche bei Holstein Kiel wieder von Beginn an spielt. Gegen Magdeburg profitierte er vom Ausfall von Guilherme Ramos, der bei Walter grundsätzlich höher im Kurs steht als Ambrosius. Mittlerweile hat der zweikampfstarke Abräumer aber auch Walter überzeugt. „Stepho zeigt mit seiner Mentalität immer wieder, wie wichtig er für uns ist und welche Entwicklung er genommen hat.“

Für Mikelbrencis hatte Walter neben Lob auch eine Warnung parat. „Es ist ein Stück weit die französische Mentalität, dass man vielleicht einen Schritt weniger macht, wenn es läuft. Das muss er noch einen Tick lernen.“ Zumindest aber ist jetzt die Zeit gekommen, in der Ambrosius und Mikelbrencis mehr sind als nur die Stimmungsmacher in der Kabine.

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