Hamburg. Der Kapitän fiel in Osnabrück kurzfristig aus. Die zweite Niederlage in Folge offenbart, dass es dem HSV an Führungsspielern fehlt.

56 Minuten waren die HSV-Profis am Sonnabendvormittag unterwegs. Am Tag nach der desolaten 1:2-Niederlage beim VfL Osnabrück hatte Trainer Tim Walter seinen Spielern eine lockere Laufeinheit durch den Volkspark verordnet. Der 47-Jährige selbst fuhr auf dem Fahrrad hinterher. Rund 60 Fans standen erwartungsvoll am Trainingsgelände, als die Gruppe gegen 11.30 Uhr wieder einkehrte.

Walter weiß, dass sein Team nach der zweiten Niederlage in Folge Wiedergutmachung betreiben muss – vor allem bei den eigenen Anhängern. „Hier sind viele Kinder, die wollen alle Autogramme. Auf geht’s!“, sagte der Übungsleiter mit ernster Miene zu seinen Spielern.

HSV-Kapitän Schonlau fiel in Osnabrück aus

Wer auf ein Autogramm von Sebastian Schonlau gehofft hatte, wurde allerdings enttäuscht. Der Kapitän, der in Osnabrück kurzfristig ausgefallen war, fehlte auch beim Auslaufen am Sonnabend. Schonlau, der sich seit Juli mit Wadenproblemen herumplagt, hatte sein Saisondebüt erst am fünften Spieltag gegen Hansa Rostock (2:0) gegeben.

Beim 1:2 in Elversberg erlitt der 29-Jährige offenbar einen Rückschlag, er musste sich nach 74 Minuten auswechseln lassen. Am Freitag war Schonlau zwar mit dem Team nach Osnabrück gereist, wurde dann aber kurzerhand von Guilherme Ramos vertreten.

Das Bild, das der HSV ohne seinen Kapitän abgab, war erschreckend. Den Hamburgern fehlte jegliche Ordnung im Defensivverbund und im Spielaufbau. Als „bodenlos schlecht“, kommentierte Walter, der sein Team häufig in Schutz nimmt, den Auftritt. Das Hauptproblem: Vorstellungen wie in Osnabrück sind keine Seltenheit. Gerade gegen vermeintlich kleine Mannschaften tun sich die Hamburger häufig schwer. „Wir haben unsere Qualität nicht gezeigt, waren einfach schlecht“, analysierte Walter schonungslos.

HSV hat ohne Schonlau schwächere Punktquote

Offenkundig war, dass es dem HSV in Osnabrück an Spielern fehlte, die vorangingen. Schonlaus Stellvertreter Ludovit Reis und später auch Jonas Meffert waren nicht in der Lage, den Ausfall des Kapitäns zu kompensieren. Der Wert des 29-Jährigen schlägt sich auch in Zahlen nieder. Mit Schonlau auf dem Feld holte der HSV seit Sommer 2021 im Durchschnitt 1,95 Punkte pro Partie. Ohne Schonlau liegt die Quote nur bei 1,5 Zählern pro Spiel.

Auch wenn der Innenverteidiger klare Temponachteile hat, ist er für Walter als zuverlässiger Abwehrchef unverzichtbar. Eine besondere Stärke: Schonlau, der als einziger HSV-Profi bereits den Aufstieg in die Bundesliga geschafft hat, gibt seinen Mitspielern Sicherheit. In Osnabrück wurde deutlich, dass die Neuzugänge Guilherme Ramos – der Portugiese stieg zweimal in Folge mit Arminia Bielefeld ab – und Dennis Hadzikadunic – der Bosnier hat zuvor noch nie in Deutschland gespielt – Walters Spielweise noch nicht adaptiert haben.

Tim Walter schimpft: „Gibt keine Alibis“

Schmerzlich vermisst der HSV Mario Vuskovic, der vom DFB-Sportgericht wegen Dopings bis November 2024 gesperrt ist. Doch: Auch der hoch veranlagte Kroate benötigte zunächst Eingewöhnungszeit, ehe er sich an der Seite von Schonlau zu einem Leistungsträger entwickeln konnte.

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Ob mit oder ohne Schonlau: Die Hamburger müssen eine Lösung finden, um nach dem guten Saisonstart nicht den Anschluss an die Tabellenspitze zu verlieren. Spitzenreiter Fortuna Düsseldorf kann dem HSV am Sonntag mit einem Sieg in Hannover um drei Punkte enteilen. „Wir müssen uns alle hinterfragen, das tue ich auch mit meinem Trainerteam. Trotzdem sind die Spieler auf dem Platz, da gibt es keine Alibis“, sagte Walter.

Sich selbst nahm der Coach auch nach der Runde durch den Volkspark in die Pflicht. Walter plauderte mit den Fans und lächelte freundlich in die Handykameras. Er war der Letzte, der in die Kabine ging.