Osnabrück. Der HSV verliert das dritte Mal in Folge beim VfL Osnabrück. Auf Trainer Tim Walter und sein Team wartet eine unruhige Woche.
Daniel Heuer Fernandes hatte fast schon Tränen in den Augen, als er am Freitagabend bei Sky die 1:2 (1:2)-Niederlage beim VfL Osnabrück versuchte zu erklären. Tatsächlich war es zum Heulen, in welchem Zustand sich seine Mannschaft präsentierte. Völlig verdient verlor der HSV beim Aufsteiger, der vor einer Woche noch mit 0:7 in Hannover verloren hatte und in sechs Spielen erst einen Punkt geholt hatte.
„Bodenlos“, sagte Trainer Tim Walter über das Spiel seiner Mannschaft. Und Heuer Fernandes klagte: „Das ist nicht zu erklären. Das war nicht der Anspruch, den wir haben. Wir müssen die Sachen ganz klar benennen. Es tut mir leid für die Fans“, sagte der Torhüter, der eine noch höhere Niederlage verhinderte.
HSV desolat in Osnabrück
Für den VfL glichen die letzten Minuten einer Party in lila-weiß. „Olé, olé! Osnabrück, olé!“, hallte es von den Rängen der mit 15741 Zuschauern ausverkauften Bremer Brücke.
Gleichzeitig wirkte Walter fassungslos über die Minusleistung seiner Mannschaft. Es war bereits die dritte Niederlage im dritten Spiel bei den Niedersachsen und das 14. sieglose Spiel gegen einen Aufsteiger seit dem Bundesligaabstieg 2018. Eine verheerende Statistik, die belegt, wie schwer sich der vermeintlich große HSV gegen kleinere Clubs tut.
In Osnabrück war es das erwartet eklige Spiel in einer ohrenbetäubenden Kulisse, von der sich die HSV-Profis offenbar beeindrucken ließen. Jeder gewonnene Zweikampf der Gastgeber wurde von den Rängen frenetisch bejubelt als wäre der Klassenerhalt erreicht.
HSV in Osnabrück ohne Schonlau
Trainer Tim Walter musste auf Kapitän Sebastian Schonlau verzichten, bei dem die Wade zumachte. Er wurde durch den von einer Rotsperre zurückgekehrten Guilherme Ramos vertreten, der den Abwehrchef allerdings zu keiner adäquat ersetzte.
Ohne Schonlau und den am Sprunggelenk verletzten Linksverteidiger Miro Muheim, für den Moritz Heyer spielte, wirkte die Defensive so löchrig wie ein Schweizer Käse. Zudem taten sich Ramos und Hadzikadunic im Spielaufbau schwer. Das Innenverteidiger-Duo suchte häufig den Querpass zum Nebenmann, wodurch der HSV keinen Raum gewann.
Ganz anders agierte der VfL, der immer wieder mit langen Bällen in die freien Räume der Hamburger eindrang und die wacklige Defensive dauerhaft beschäftigte. Bereits nach wenigen Minuten klärte Heyer in höchster Not zur Ecke (5.), nach der Ex-HSV-Spieler Maxwell Gyamfi frei stehend über das Tor köpfte (6.). Hamburg bekam gleich in der Anfangsphase zu spüren, was es bedeutet, als großer Favorit an der Bremer Brücke zu spielen.
HSV ging in Führung
Dann aber zeigte der HSV seine ganze Klasse. Bakery Jatta eroberte den Ball im Mittelfeld von Dave Gnaase. Es folgte ein perfekter Außenristpass von Laszlo Benes in den Lauf von Robert Glatzel, der Osnabrücks Oumar Diakhite aussteigen ließ und mit links über Torhüter Lennart Grill ins lange Eck zur frühen Führung für den HSV lupfte (12.). Doch diese währte nicht lange.
Weil Van der Brempt keinen Zugriff auf Linksaußen Christian Conteh bekam, landete der Ball über den früheren Hamburger Robert Tesche bei Osnabrücks Stürmer Erik Engelhardt, der mit einer schnellen Körpertäuschung Ramos alt aussehen ließ und humorlos ins lange Eck zum 1:1 vollstreckte. Der Ausgleich in einem hochemotionalen Spiel, in dem die Niedersachsen jetzt die Kontrolle übernahmen.
Osnabrück überrannte den HSV
Als Bashkim Ajdini auf der rechten Seite Heyer davonlief und knapp vorbei zielte, hatte der HSV noch Glück (25.). Doch dieses sollte die Gäste kurz vor der Pause verlassen, als Jannes Wulffs Steckpass auf Tesche den kompletten Defensivverbund aushebelte. Heuer Fernandes rettete zunächst mit einem starken Reflex im eins gegen eins. Beim Nachschuss von Oumar Diakhite, dem der Ball vor die Füße fiel, weil er entschlossener nachging als Ramos, war aber auch der HSV-Torwart machtlos (40.). Das 2:1 für Osnabrück, die Sensation war jetzt zum Greifen nah.
Und es rollte weiterhin ein Angriff nach dem anderen auf das Hamburger Tor zu. Cuisance zirkelt einen Freistoß aufs lange Eck, fand aber seinen Meister in Heuer Fernandes (42.), der seine Mannschaft mit seinen Paraden alleine im Spiel hielt. Kurz darauf zwang der aufgerückte Florian Kleinhansl den Torhüter aus der Distanz zu einer Glanztat (42.). Spielte der HSV eigentlich noch mit?
Pyroshow beim HSV
Der zweite Durchgang begann mit einer Pyroshow, die auch bei den Handys zückenden Osnabrücker Fans für Eindruck sorgte. Ganz und gar nicht beeindruckt war dagegen Walter von Heyers und Ramos‘ Leistung, weshalb er Stephan Ambrosius für den an beiden Gegentoren beteiligten Portugiesen sowie William Mikelbrencis als neuen Linksverteidiger brachte.
Die Statik des Spiels blieb aber unverändert. Während es dem kreativlosen HSV offensiv weiterhin an Ideen fehlte, machte Osnabrück vor, wie man zu Torchancen kommt. Kleinhansl prüfte Heuer Fernandes aus spitzem Winkel (52.), es lag inzwischen alleine am Keeper, dass die Partie nicht längst entschieden war.
HSV in Osnabrück chancenlos
Die Gastgeber strotzten nur so vor Spielfreude. Fast schon im Minutentakt setzte der VfL gefährliche Konter über den schnellen Conteh, der viel mehr aus seinen zahlreichen Chancen hätte machen müssen.
Dann sendete auch mal der HSV ein Lebenszeichen, doch der Kopfball des eingewechselten Ransford Königsdörffer stellte Torwart Grill vor keine ernsthaften Probleme (72.).
Auf der Gegenseite verpasste Ajdini die Vorentscheidung (72.) – es war fast schon sträflich, wie Osnabrück mit seinen Möglichkeiten umging. Doch der HSV hatte nichts mehr entgegenzusetzen und verlor nach dem 1:2 in Elversberg nun schon das zweite Spiel in Folge gegen einen Aufsteiger.
Die Statistik
- Osnabrück: Grill – Ajdini, Gyamfi, Diakhite, Kleinhansl – Cuisance, Gnaase, Tesche (68. Kunze) – Engelhardt (90.+2 Verhoek), Wulff (76. Rorig), Conteh (68. Niemann). – Trainer: Schweinsteiger
- HSV: Heuer Fernandes – Van der Brempt, Hadzikadunic (90. Nemeth), Ramos (46. Ambrosius), Heyer (46. Mikelbrencis) – Reis (57. Königsdörffer), Meffert, Benes - Jatta, Glatzel, Dompe (62. Öztunali). – Trainer: Walter
- Schiedsrichter: Florian Exner (München).
- Tore: 0:1 Glatzel (13), 1:1 Engelhardt (16.), 1:2 Diakhite (40.).
- Zuschauer: 15.741 (ausverkauft)
- Gelbe Karten: Tesche, Cuisance, Conteh, Gnaase (2) - Benes (2), Heyer (2), Mikelbrencis, Jatta (3), Königsdörffer, Heuer Fernandes
- Torschüsse: 18:8
- Ecken: 13:7
- Ballbesitz: 41:59 Prozent