Hamburg. Am Sonntag strömen wieder 57.000 Menschen zum HSV. Die meisten von ihnen kommen mit dem Auto. Und der Rest?
Am Sonntag wird es wieder voll rund um den Volkspark. Mit 57.000 Zuschauern ist die Arena beim Heimspiel des HSV gegen den FC Hansa Rostock (13.30 Uhr) zum elften Mal in Folge ausverkauft. Ab zwei Stunden vor dem Abpfiff staut es sich zunehmend auf den umliegenden Straßen im Westen der Stadt, die Auslastung der S-Bahn-Linien 3 und 21 steigt mit jedem Zug, und die Shuttle-Busse beginnen ihren Betrieb.
Zu diesem Zeitpunkt haben manche Stadionbesucher bereits den Großteil ihrer Anreise hinter sich. Denn die HSV-Fans strömen aus ganz Deutschland zu den Heimspielen ihres Clubs und nehmen bis zu 1500 Kilometer Distanz auf sich. Das Abendblatt hat sich beim HSV, der S-Bahn Hamburg, der Hochbahn, dem ADAC und der Polizei erkundigt, wie und woher Hamburgs Anhänger ins Volksparkstadion anreisen und welche logistischen Besonderheiten an Spieltagen greifen. Die Ergebnisse sind überraschend.
Nur 36 Prozent kommen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln
Nach Angaben des HSV fahren im Schnitt nur 36 Prozent mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in den Volkspark. Die meisten Fans (48 Prozent) bevorzugen das Auto. Jeder 14. Pkw (sieben Prozent) ist ein E-Fahrzeug. Die Zahl der Motorrad-, Motorroller- und E-Rollerfahrer sowie Fluggäste liegt bei jeweils unter einem Prozent. Rund 1400 Zuschauer (2,5 Prozent) gehen zu Fuß, und etwas mehr als 3000 Fans reisen mit der Fernbahn, etwas weniger mit dem Fahrrad an.
Interessant sind vor allem die Distanzen, die Hamburgs Anhänger zurücklegen, um ihre Mannschaft bei einem Heimspiel zu unterstützen. So nehmen im Schnitt 550 Zugreisende und 1100 der 27.600 Autofahrer eine Strecke von mehr als 500 Kilometern auf sich. 780 (Zug) und fast 2600 (Auto) Fans fahren 300 bis 500 Kilometer bis zum Volkspark. Die mit dem Pkw von rund 6150 Stadionbesuchern und damit am häufigsten zurückgelegte Entfernung liegt zwischen 21 und 50 Kilometern. Diese Zahlen untermauern, wie viele Fans der HSV auch außerhalb Hamburgs hat.
Meiste Fans kommen aus Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein
Den größten Zuspruch genießt der Club weiterhin in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Doch die Beliebtheit in anderen Bundesländern steigt. Ein Umstand, der sich anhand der täglich wachsenden Anzahl an Fanclubs in ganz Deutschland veranschaulichen lässt.
Der durchschnittliche Anfahrtsweg mit dem Auto beträgt 150 Kilometer, mit der Fernbahn sind es 260 Kilometer, zu Fuß 4,4 Kilometer sowie 6,5 Kilometer mit dem Fahrrad. Fans, die mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) anreisen, legen rund 21 Kilometer zurück.
Um der hohen Nachfrage gerecht zu werden, setzt die S-Bahn für die An- und Abreise jeweils sechs zusätzliche Zugfahrten der Linien S3 und S21 ein. „Die Auslastung der S-Bahnen hängt sehr stark vom sonstigen (Berufs-)Verkehr ab“, sagt eine Bahnsprecherin. „So sind die S-Bahnen bei einem HSV-Spiel am Freitagabend höher ausgelastet als am Sonnabend.“ Sonntags sei die Auslastung am geringsten.
HSV zahlt jährlich sechsstellige Summe für die Shuttle-Busse
Am S-Bahnhof Stellingen steigt jeder zweite Stadionbesucher in die Shuttle-Busse um. Für die zwölf Fahrzeuge, die ab 130 Minuten vor Spielbeginn bis 120 Minuten nach dem Abpfiff zum Volksparkstadion pendeln, zahlt der HSV jährlich eine sechsstellige Summe. Für Ticketinhaber ist der Service dadurch kostenlos. Je nach Uhrzeit und Wetter fahren nach dem Spiel kurioserweise fast 3000 Zuschauer mehr mit den Bussen als auf der Hinfahrt. „Wenn es gut läuft, fahren alle drei Minuten zwei Gelenkbusse, die in der Hauptzeit natürlich voll sind“, sagt Hochbahnsprecher Christoph Kreienbaum.
Damit auch wirklich alles gut laufe, ist der Eingriff der Polizei in den Verkehr vonnöten. „Unser Ziel ist es, dem Shuttle-Verkehr eine gewisse Priorität gegenüber dem Individualverkehr einzuräumen“, sagt ein Sprecher. Eine notwendige Maßnahme, die allerdings die Stausituation der Pkw verschärft. Um diese zu entschärfen, werden zusätzliche Maßnahmen getroffen. „Wir nehmen bedarfsorientiert Eingriffe in die Schaltzeiten der Ampeln vor“, sagt der Sprecher. „Ein vordefiniertes An- und Abfahrtsprogramm bei Veranstaltungen unterstützt die Leichtigkeit des Verkehrs.“
Nach Angaben des ADAC Hansa staut es sich bei Heimspielen des HSV vor allem auf der Autobahn 7 sowie der Elbgaustraße, Kieler Straße, Luruper Hauptstraße, Rugenbarg, Binsbarg, Farnhornweg, Schnackenburgallee, Hellgrundweg, Stadionstraße, Luruper Chaussee, Langbargheide, Fangdieckstraße, Ebertallee, Holstenkamp, Bornkampsweg und der Bahrenfelder Chaussee. In Anbetracht dieser nervenaufreibenden Verkehrssituation und der begrenzten Anzahl an Parkplätzen erscheint es fragwürdig, warum noch immer so viele Fans mit dem Auto zum Stadion fahren. Zumal durch den Bau der neuen HSV-Klinik Athleticum auf dem Parkplatz Gelb vor der Osttribüne 121 Stellplätze entfallen sind.
Dem HSV stehen aktuell 500 Parkplätze weniger zur Verfügung
Normalerweise hat der HSV eine Fläche für 7500 Parkplätze im Umfeld der Arena bei der Stadt gemietet, wovon aktuell aber nur 7000 zur Verfügung stehen. Da der Parkplatz Braun an der Schnackenburgallee auf unbestimmte Zeit sowohl für die Baumaßnahmen des A-7-Deckels als auch für eine Flüchtlingsunterkunft nicht zur Verfügung steht, wurde dieser temporär aus dem Mietvertrag genommen. Weil sich zudem die Erweiterung des Grüngürtels in Hamburgs Westen länger hinzieht als geplant, kann auch der an der Luruper Hauptstraße gelegene Parkplatz Grün noch nicht wieder genutzt werden.
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Wer so weit anreist, dass er in Hamburg übernachten will, hat die Möglichkeit, ein Rundum-sorglos-Paket über den HSV zu buchen. Neben dem Heimspielticket und einer Hotelübernachtung sind auch ein Speise- sowie Getränkegutschein und der Eintritt ins HSV-Museum inkludiert. Nach Bedarf können zusätzliche Leistungen wie eine Stadionführung oder eine Stadt- und Hafenrundfahrt hinzugefügt werden. Der Stadionbesuch beim HSV ist dadurch längst auch zu einem Event geworden. Das wird sich am Sonntag wieder zeigen, wenn 57.000 Fans in den Volkspark strömen.