Hamburg. Mit den 30 Millionen Euro des Investors will der Club seine Zukunft sichern. Folgt nun auch noch das Namensrecht?
Am Mittwochnachmittag hatte Eric Huwer einen Termin bei der Bank. Was der Finanzvorstand des HSV zu erledigen hatte, ist nicht bekannt. Möglicherweise aber hatte es zu tun mit dem bislang größten Deal, den Huwer bei den Hamburgern abgeschlossen hat, seit er im Januar den Posten als Finanzvorstand angetreten hat.
Am späten Dienstagabend hatte der HSV in einer Mitteilung veröffentlicht, dass er von Klaus-Michael Kühne ein 30 Millionen Euro schweres Darlehen bekommt.
HSV und die Kühne-Millionen
Zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres leiht sich der HSV bei seinem Gesellschafter Geld. Im Winter hatte der Milliardär den Hamburgern schon einmal rund zehn Millionen Euro gegeben, damit der Club das Volksparkstadion für die Europameisterschaft 2024 entsprechend modernisieren kann. Nun gewährt Kühne dem HSV das zweite Darlehen binnen kurzer Zeit. Und das für den Zweitligisten zu noch besseren Konditionen als im Winter.
Rund 3,75 Prozent beträgt der Zinssatz für das bis 2028 laufende 30-Millionen-Euro-Darlehen – damit liegt der HSV auf Leitzinsniveau. Nach Abendblatt-Informationen besteht innerhalb der nächsten Jahre auch keine Tilgungslast.
HSV darf über Kühnes Geld frei verfügen
Das wichtigste Verhandlungsergebnis für den HSV ist aber ein anderes: Kühne stellt – anders als in seinem vor zehn Monaten formulierten 120-Millionen-Euro-Angebot – keine Bedingungen. Eine Mittelverwendung ist in dem Vertragswerk nicht verankert.
Eine Konstruktion wie vor sieben Jahren, als Kühne schon einmal rund 30 Millionen Euro investierte und zusammen mit seinen Beratern Volker Struth und Reiner Calmund die Transferpolitik des HSV mitgestaltete, wird es unter Huwer nicht geben. Auch Sportvorstand Jonas Boldt hatte in den vergangenen vier Jahren immer Wert darauf gelegt, von Kühne unabhängige Entscheidungen zu treffen.
HSV könnte beim neuen TV-Vertrag einer der Verlierer sein
Warum also jetzt der nächste Vertrag mit dem emotionalen HSV-Fan, der in den vergangenen Jahren mit seinen Einmischungen und Äußerungen nicht immer dafür gesorgt hat, dass der Club sich in Ruhe entwickeln konnte? Und das zu einem Zeitpunkt, an dem der HSV zum zweiten Mal in Folge ein positives Geschäftsergebnis erwirtschaften wird?
Die Antwort liefert Huwer ein wenig verklausuliert: „Wir haben uns eine gute Ausgangssituation erarbeitet, auf der wir uns nicht ausruhen, sondern ganz im Gegenteil schon heute die auf uns zukommenden Szenarien und dynamischen Herausforderungen unserer Branche gezielt berücksichtigen.“
Was Huwer mit den Szenarien und Herausforderungen meint: Trotz der wirtschaftlich guten Entwicklung muss der Club von Jahr zu Jahr zusehen, dass er die Liquidität sichert und wettbewerbsfähig bleibt. Insbesondere im Frühjahr könnte der HSV einer der Verlierer werden, wenn es um die Verhandlungen der neuen Medienrechte geht.
HSV investiert Kühnes Geld kaum in Neuzugänge
Zwar kassiert der Club auch in der kommenden Saison rund 17,5 Millionen Euro Fernsehgeld und damit sogar leicht mehr als in der abgelaufenen Saison. Doch jedes weitere Jahr in der Zweiten Liga vergrößert den Abstand zu den Bundesligisten. Mit dem neuen Kühne-Deal will der HSV daher erstmals nach langen Jahren finanziell wieder agieren und nicht reagieren wie im vergangenen Winter, als die Finanzierung der Stadionmodernisierung lange Zeit auf der Kippe stand.
Schließlich bleibt das Volksparkstadion auch weiterhin investitionsbedürftig. Die Verantwortlichen wollen durch die neuen Mittel vor allem in die digitale Infrastruktur investieren.
Anders als in den vergangenen Jahren ist der HSV zudem jetzt nicht mehr gezwungen, auf dem Transfermarkt zunächst Spieler verkaufen zu müssen, ehe Neuzugänge verpflichtet werden können. Das gilt vor allem für Ludovit Reis, dessen Ausstiegsklausel an diesem Donnerstag abläuft. Anders als zunächst vermutet, will der HSV das Geld auch nicht zu einem großen Teil in seinen Kader investieren.
Was der HSV mit Kühnes Geld vorhat
Die Hamburger wollen nicht den Fehler machen und anderen Clubs signalisieren, wie hoch die finanziellen Möglichkeiten auf dem Transfermarkt sind. Klar ist aber: Mit Kühnes Hilfe will der HSV einen neuen Angriff auf die Bundesliga starten. Im April, als sich der Club mit Kühne auf den Deal geeinigt hatte, gingen alle Beteiligten noch davon aus, dass der HSV zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits in die Bundesliga zurückgekehrt sein wird. Doch daraus wurde bekanntlich nichts.
Entwicklungsfähige und möglichst ablösefreie Spieler zu holen ist weiterhin das oberste Ziel. Im Vordergrund steht die Kaderwertentwicklung. Das geliehene Geld soll irgendwann zu Rückflüssen führen. Gleichzeitig ermöglicht das Darlehen mehr Handlungsspielraum für Transfers.
Aus Kühnes Umfeld ist zu vernehmen, dass es dem Investor primär darum geht, die Kapitalbasis des HSV zu stärken. Am liebsten würde er das im Zuge einer Rechtsformänderung in eine GmbH und Co. KGaA tun, damit er seine Anteile erhöhen kann. Noch lieber aber wäre es dem 86-Jährigen, es würden sich noch weitere Anteilseigner finden.
HSV und Kühne: Es herrscht Frieden
„Es wäre wünschenswert, wenn in größerem Umfang von verschiedenen Seiten Kapitalzuflüsse erfolgen. Das ist der Grund, dass wir eine Wandelschuldverschreibung in beträchtlicher Höhe gezeichnet haben, um damit auch andere zur Nachahmung zu ermuntern“, sagte Kühne über den neuen Vertrag, mit dem er auch bei den Mitgliedern neues Vertrauen gewinnen will.
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Vertrauen hat der Gesellschafter in den aktuellen Vorstand. Auch der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende und Kühne-Vertreter im Kontrollgremium, Markus Frömming, war an der Verhandlung über den neuen Vertrag entscheidend beteiligt.
„Wir begrüßen die besonders gute Zusammenarbeit, die sich in letzter Zeit mit Aufsichtsrat und Vorstand entwickelt hat, und vertrauen darauf, dass es gelingt, auch den sportlichen Erfolg nach Hamburg zurückkehren zu lassen“, sagte Kühne.
HSV vor Stadiondeal mit Kühne
Rund 45 Millionen Euro hat der Unternehmer somit im vergangenen Jahr wieder in den HSV investiert. Und es könnte noch mehr werden. Schließlich steht die Verlängerung des Ende Juni auslaufenden Vertrags über den Stadionnamen noch aus.
Sollte Kühne nun auch noch langfristig die Rechte kaufen, damit das Volksparkstadion weiter seinen Traditionsnamen tragen darf, könnte er auch die größten Skeptiker auf seine Seite ziehen.