Stuttgart. HSV nach nicht mal einer Minute in Rückstand. Stuttgart war klar besser und vergab sogar noch einige Großchancen sowie einen Elfmeter.

Es fühlte sich nach großer Fußball-Bühne an. Zwei ehemalige deutsche Meister, eine mit 47.500 Zuschauern ausverkaufte Mercedes-Benz Arena, Flutlicht und Millionen Zuschauer am TV. Doch im Hinspiel der Relegation zwischen dem VfB Stuttgart und dem HSV zeigte nur eine Mannschaft, dass sie auch in der kommenden Bundesliga-Saison solche Abende erleben wird: Stuttgart.

Die Schwaben schlugen den HSV am Donnerstagabend mit 3:0 (1:0). Und nach diesem einseitigen Spiel dürfte nicht einmal mehr der daueroptimistische HSV-Trainer Tim Walter noch ernsthaft daran glauben, dass seine Mannschaft im Rückspiel am Montag noch einmal zurückkommen wird.

„Es war ein gebrauchter Tag. Aber der VfB kommt ja auch noch in den Volkspark“, sagte Walter, der sich bemühte, Selbstbewusstsein und Optimismus zu verkörpern, auch wenn das Spiel keinen Anlass dafür gab. Und das Rückspiel? „Ich vertraue meiner Mannschaft zu 100 Prozent. Wenn wir ein schnelles Tor schießen und die Zuschauer im Rücken haben, können wir das schaffen. Wir werden nie aufgeben. Nur Verlierer fallen hin, Gewinner stehen auf.“

Relegation: VfB-Fans verhöhnen HSV

Ausgerechnet bei seiner erstmaligen Rückkehr zum VfB Stuttgart, der ihn 2019 kurz vor Heiligabend entlassen hatte, erlebte der Trainer einen seiner bittersten Abende seiner Karriere. Gegen den Bundesligisten hatten die Hamburger von Beginn an nicht den Hauch einer Chance. Der HSV braucht nun ein mittelschweres Wunder, um seinen Traum vom Aufstieg noch zu erfüllen.

Realistischer aber ist, dass die Verantwortlichen um Sportvorstand Jonas Boldt ab sofort für die kommende Zweitligasaison planen können. „Zweite Liga, Hamburg ist dabei“, sangen die VfB-Fans schon nach 75 Minuten.

HSV-Reaktionen auf 0:3 beim VfB

„Es ist schwer, dieses Spiel in Worte zu fassen. Es hat wenig gepasst“, sagte Boldt, der resigniert wirkte. „3:0 ist ein ordentlicher Vorsprung. Wir werden zu Hause auf ein Wunder hoffen. Es muss aber schon ein Wunder sein.“ Aufgeben wird der HSV aber nicht. „Wir werden uns bis zum Ende wehren. Es spricht für den Charakter der Truppe, dass wir uns immer wieder aufrichten.“ Auch gegen diese Stuttgarter?

„0:3 ist ein hartes Ergebnis, wir glauben aber weiter an uns“, sagte Torhüter Daniel Heuer Fernandes. „Das waren heute nicht Wir auf dem Platz.“ Sein Kapitän Sebastian Schonlau ergänzte kämpferisch: „Es gibt noch ein Rückspiel. Die Chance ist weiterhin da, auch wenn sie nicht größer geworden ist. Wir müssen mutiger spielen im Rückspiel.“

Walter versammelte seine Mannschaft nach dem Spiel wie gewohnt im Kreis und schwörte sie schon einmal auf das Rückspiel ein, in dem der HSV aber nahezu chancenlos sein dürfte. „Der Trainer gibt uns immer wieder die Überzeugung, dass wir das drehen können und wir glauben ihm“, sagte Schonlau. „Vorbehaltlos?“, fragte der Reporter. „Ja“, antwortete Schonlau.

VfB Stuttgart überrollt den HSV

Vier Tage nach dem wahrscheinlich größten HSV-Drama der vergangenen Jahre ging es bei den Hamburgern vor dem Spiel eigentlich nur um die Frage, wie schnell die Spieler den Schmerz über den zu früh bejubelten Aufstieg am Pfingstsonntag in Sandhausen abschütteln konnten.

Die Antwort gaben die Stuttgarter schon in der ersten Minute. 26 Sekunden waren gespielt, als Chris Führich die erste Ecke des Spiels herausholte. Und nach 46 Sekunden stand es 1:0. Weil nach der Ecke von Borna Sosa kein Hamburger hochsprang. So konnte Innenverteidiger Konstantinos Mavropanos völlig ungestört aus neun Metern einköpfen (1.). Schlechter hätte der HSV nicht in dieses Spiel starten können.

„Sandhausen hat sicherlich was mit den Köpfen gemacht“, sagte Boldt über die schwere mentale Hypothek.

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Heuer Fernandes hält Elfmeter

Mit Ludovit Reis und Bakery Jatta hatte Trainer Tim Walter zwei zuletzt gesperrte Spieler zurück in die Startelf gebracht, die das Trauma am Sonntag nur als Zuschauer miterlebten. Doch insbesondere die Rückkehr von Geburtstagskind Reis brachte dem HSV kein Glück. Der Niederländer sah früh Gelb (15.) und verursachte gegen Enzo Millot zudem einen Strafstoß, der das Spiel schon in der ersten Hälfte hätte entscheiden können (27.).

Doch Daniel Heuer Fernandes parierte den Elfmeter von Serhou Guirassy, den der VfB erst am Tag zuvor für neun Millionen Euro von Stades Rennes fest verpflichtet hatte. Kurz zuvor hatte der Stürmer aus Guinea nach einem Steilpass des Ex-Hamburgers Josha Vagnoman bereits eine Großchance gegen Heuer Fernandes kläglich vergeben (23.).

Nachdem der HSV-Torhüter auch gegen Führich eine weitere Stuttgarter Großchance verhinderte (29.), kam seine Mannschaft zum ersten Mal zu einer Phase des Atmens. Sonny Kittel (28.), Robert Glatzel (35.) und Jean-Luc Dompé näherten sich dem Stuttgarter Tor an. VfB-Torhüter Florian Müller, an dem der HSV vor drei Jahren interessiert war und der den verletzten Fabian Bredlow (Knie) vertrat, machte sich allerdings nur selbst Probleme. Richtig gefährlich wurde es weiterhin nur vor dem HSV-Tor. Mavropanos hätte den Doppelpack schnüren können, köpfte diesmal nach Sosa-Freistoß aber knapp rechts vorbei (45.+1).

Ex-HSV-Profi Vagnoman trifft für VfB

In der zweiten Halbzeit war das Spiel dann aber doch schnell entschieden. Vagnoman hatte nach einer Hereingabe von Millot so viel Platz wie wahrscheinlich noch nie zuvor in seiner Karriere. Aus wenigen Metern hatte er kein Problem, zum 2:0 zu vollenden (51.). So richtig freuen konnte sich Vagnoman aber nicht. Zu groß war offenbar das Mitgefühl mit seinen Kumpels Jonas David und Co. Entschuldigend hob Vagnoman die Hände.

Als wenig später Guirassy per Kopf nach Sosa-Flanke dann doch noch traf, war der Widerstand des HSV endgültig gebrochen (54.). Zu allem Überfluss sah der nur neun Minuten zuvor eingewechselte Anssi Suhonen nach einem übermotivierten Tritt auf den Oberschenkel von Vagnoman auch noch die Rote Karte (69.).

Walter vergrub an der Seitenlinie seine Hände im Gesicht. Er wusste natürlich, dass seine Mannschaft geschlagen war. Stuttgart war eine an diesem Abend eine Nummer zu groß – und das Trauma von Sandhausen noch zu frisch.

Die Aufstellungen:

  • Stuttgart: Florian Müller – Mavropanos, Anton (90.+2 Zagadou), Ito – Vagnoman, Karazor (84. Nartey), Endo, Sosa – Millot (84. Egloff), Führich (68. Tomas) – Guirassy (68. Pfeiffer). – Trainer: Hoeneß
  • HSV: Heuer Fernandes – Heyer, David, Schonlau, Muheim – Meffert – Reis (60. Suhonen), Kittel – Jatta, Glatzel, Dompe (65. Königsdörffer). – Trainer: Walter
  • Tor: 1:0 Mavropanos (1.), 2:0 Vagnoman (51.), 3:0 Guirassy (54.)
  • Rote Karte: Suhonen (69.)
  • Schiedsrichter: Tobias Welz (Wiesbaden)
  • Zuschauer: 47.500 (ausverkauft)
  • Gelbe Karten: Karazor – Reis, Königsdörffer
  • Bes. Vorkommnis: Heuer Fernandes (Hamburg) hält Foulelfmeter von Guirassy (27.)
  • Torschüsse: 16:7
  • Ecken: 7:3
  • Ballbesitz: 53:47 Prozent
  • Zweikämpfe: 89:64