Hamburg. Der Gesellschafter der HSV Fußball AG war 1983 als Fan in Athen dabei. Was er über Kühne denkt und warum er für Kontinuität plädiert.

Thomas Böhme bekommt sofort wieder Gänsehaut, als er den Originalkommentar von Kurt Emmerich hört. „Halblinke Position, Magath, er sollte schießen, 25 Meter, am ersten vorbei, Schuss auf das Tor, Toooor, Tooooooor, ein herrlicher Treffer, ein wunderbarer Treffer“, rief der NDR-Reporter in sein Mikrofon im Athener Olympiastadion Spiros Louis.

Böhme sitzt 40 Jahre später im Podcast-Studio des Abendblatts und hat Emmerichs Reportage auf den Ohren. An jenem Abend des 25. Mai 1983 war er einer von 73.500 Zuschauern, der auf der Tribüne des weiten Rundes von Athen saß. „Die Bilder sind sofort wieder zurück in der Erinnerung“, sagt Böhme und lacht.

podcast-image

Der heute 64-Jährige ist nicht nur glühender HSV-Fan, sondern seit drei Jahren auch HSV-Aktionär. Durch zwei Anteilskäufe (2020/2022) hat sich der Geschäftsführer der Ampri Handelsgesellschaft aus Winsen an der Luhe rund 1,5 Prozent an der HSV Fußball AG gesichert und dafür rund vier Millionen Euro investiert. Böhme hält sich gerne im Hintergrund auf. Im Podcast „HSV – wir müssen reden“ spricht Böhme nun erstmals öffentlich über seine besondere Verbindung zum HSV, die 1983 ihren Höhepunkt erlebte.

HSV-Finale fand parallel zu Geschäftstermin statt

Der gebürtige Harburger hatte gerade seinen ersten Job begonnen. Und wie es der Zufall so wollte, hatte er ausgerechnet zum Endspiel des Europapokals der Landesmeister einen Termin in Griechenland. Ein Geschäftspartner besorgte ihm dann Karten für das Finale gegen Juventus Turin. Böhme erinnert sich noch gut an die Stimmung im Stadion. „Es waren bestimmt dreimal so viele Italiener da wie HSV-Fans. Es ging eigentlich nur darum, wie hoch Juve gewinnt.“

Thomas Böhme (64) ging 1965 das erste Mal ins Volksparkstadion. Im Dezember 2020 kaufte der Unternehmer die ersten Anteile an der HSV Fußball AG.
Thomas Böhme (64) ging 1965 das erste Mal ins Volksparkstadion. Im Dezember 2020 kaufte der Unternehmer die ersten Anteile an der HSV Fußball AG. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Doch schon in der neunten Minute schoss Magath mit links in den rechten oberen Winkel. „Ein Traumtor aus dem Nichts. Der Ball wurde immer länger. Durch die Laufbahn saßen wir so weit weg, dass man es eigentlich nur einschlagen gehört hat. Dass der Ball drin war, habe ich erst realisiert, als die HSV-Fans getobt haben“, sagt Böhme.

Die restlichen 81 Minuten musste der Harburger leiden. Aber es reichte. Der HSV war die beste Mannschaft Europas. „Wir sind in die Altstadt gefahren und haben auf der Plaka gefeiert. Die ganzen Griechen sind zu HSV-Fans geworden“, sagte Böhme über einen seiner zwei größten HSV-Momente. Schon 1977 war er in Amsterdam dabei, als die Hamburger im Europapokal der Pokalsieger gegen Anderlecht den ersten internationalen Titel gewannen. Böhme kramt ein altes Foto hervor von seinem ersten Auto. Ein Simca 1000. „Wir sind mit fünf Leuten nach Amsterdam gefahren. Das war unvergesslich“, sagt er 46 Jahre später.

1969 wurde Thomas Böhme (unten rechts) mit dem FC Normannia Hamburger Meister. Die damaligen HSV-Spieler Arkoc Özcan und Uwe Seeler (oben Mitte v.l.) übernahmen die Ehrung.
1969 wurde Thomas Böhme (unten rechts) mit dem FC Normannia Hamburger Meister. Die damaligen HSV-Spieler Arkoc Özcan und Uwe Seeler (oben Mitte v.l.) übernahmen die Ehrung. © privat

Dass Böhme HSV-Fan wurde, hat aber vor allem mit zwei Menschen zu tun: seinem Großvater und Uwe Seeler. Mit seinem Opa ging er 1965 als Sechsjähriger das erste Mal ins Volksparkstadion. 1969 wurde Böhme dann Hamburger Meister mit den damaligen 1. Buben des FC Normannia Harburg. Die Ehrung übernahm Uwe Seeler höchstpersönlich. „Da war es um mich geschehen“, sagt Böhme über seine Anfänge als HSV-Fan.

Böhme spricht sich für Zukunft mit Walter und Boldt aus

Es sind Momente wie diese, die dafür gesorgt haben, dass Böhme heute zu einem der wichtigsten Unterstützer des Clubs geworden ist. Vor fünf Jahren begann er dem HSV im Nachwuchs finanziell zu helfen. Gespräche mit Jonas Boldt und dem damaligen Finanzdirektor Eric Huwer, mittlerweile Vorstand, waren es dann, die ihn von einem Anteilskauf überzeugten. Gewinnabsichten hatte Böhme nicht. „Mir war entscheidend, dem HSV direkt zu helfen. Das war kein normaler Anteilskauf, sondern ein ganz besonderes Erlebnis. Ein echtes Brett für einen HSV-Fan.“

Mittlerweile ist Böhme im Volkspark mehr als ein Aktionär. Er führt Gespräche mit den Gesellschaftern, den Gremien, mit dem Supporters Club. Und sogar mit der Mannschaft und dem Trainerteam. Seit der USA-Reise im November, die Böhme begleitete und mitfinanzierte, pflegt er einen guten Draht zu Tim Walter. „Wenn man Tim nicht kennt, weiß man nicht, was für ein herzensguter Mensch er ist. Er ist ehrlich und hat ein klares Konzept.“

Böhme ist daher überzeugt, dass Walter auch bleiben sollte, wenn der Aufstieg verpasst wird. „Tim ist ein guter Trainer und hier genau richtig. Dem Verein fehlte die Kontinuität. Ich finde, dass der HSV in dieser Konstellation weiterarbeiten kann“, sagt Böhme und meint damit auch die Konstellation im Vorstand und im Aufsichtsrat.

Zudem habe der Club mit seinen Minderheitsgesellschaftern wieder ein gutes Verhältnis zu Investor Klaus-Michael Kühne aufgebaut. „Ich sehe Herrn Kühne nicht als Investor. Er hat es nicht nötig, mit dem HSV Geld zu verdienen. Er hat Respekt verdient. Herr Kühne hat sich gefreut, dass wir uns eingebracht haben, damit er nicht immer alleine dasteht. Er ist dem HSV sehr verbunden.“

Böhme lobt Kühne und hat Verständnis für Forderungen

Dass Kühne sein 120-Millionen-Angebot an Bedingungen knüpfte, hält Böhme für normal. „Er ist ein Unternehmer durch und durch. Die Motivation ist eine andere. Es wäre fatal, auf so ein Angebot nicht einzugehen. Und man gibt nicht einfach 120 Millionen Euro, ohne Forderungen zu haben.“

Böhme selbst kann sich vorstellen, seine Anteile irgendwann noch einmal zu erhöhen. „Wenn die finanziellen Mittel da sind, würde ich das in Erwägung ziehen“, sagt der Gesellschafter, dessen Firma in den vergangenen Jahren stetig gewachsen ist. In seinem Lager in Winsen befinden sich 11.000 Palettenstellplätze.

Seine große Leidenschaft aber ist der HSV. Am Sonntag wird er auch nach Sandhausen fahren, um seinen Club zu unterstützen. Und womöglich sogar den Aufstieg zu feiern. „Ich glaube dran. Der Druck bei Heidenheim ist groß“, sagt Böhme. Sollte es tatsächlich klappen, wäre es nach Amsterdam und Athen wahrscheinlich seine drittschönste Auswärtsfahrt.