Barcelona. Der HSV und der FC St. Pauli haben Fanclubs in aller Welt. Vor der Partie am Freitag stellt das Abendblatt zwei von ihnen vor.
„Som el Sankt Pauli, Catalunya Fanclub” schallt es zum Klang von verzerrten Gitarren aus einem Hauseingang im Südosten Barcelonas – „wir sind der St. Pauli Fanclub Katalonien“. Davor, im Schatten der Bäume, stehen Menschen in Jolly-Roger-Shirts und braun-weißen Trikots bei einem Bier zusammen und unterhalten sich auf Katalanisch.
FC St. Pauli: Fanclub Catalunya fiebert aus Barcelona mit
Hier, im Bezirk Poblenou, befindet sich zwischen alten Fabriken, Wohngebäuden und hippen Cafés, rund 15 Gehminuten vom Mittelmeerstrand entfernt, das Casal Octubre. Wo sich sonst linke Parteien und Organisationen treffen, die sich für die Unabhängigkeit der autonomen Gemeinschaft Katalonien vom Königreich Spanien einsetzen, kommt an Spieltagen der „FC St. Pauli Fanclub Catalunya“ zusammen.
Dabei handelt es sich nicht um ausgewanderte Deutsche – die rund 80 Mitglieder sind fast ausschließlich Katalanen, die sich auch als solche identifizieren: Es wird Katalanisch gesprochen, das Vereinslogo besteht aus dem St.-Pauli-Totenkopf auf der katalanischen Flagge, und die Zugehörigkeit wird auch in ihrer eigenen Fanclub-Hymne thematisiert.
Fanclub wurde im Jahr 2010 gegründet
„Unser erklärtes Ziel ist es, den FC St. Pauli und seine Werte in Katalonien zu fördern und umgekehrt die Menschen in Hamburg und in der ganzen Welt für die katalanische Kultur und die politische Situation in Katalonien zu sensibilisieren“, sagt David Eldridge.
Gegründet wurde der FC-St.-Pauli-Fanclub Catalunya 2010 von einer Gruppe katalanischer Fußballfans, „die den Sport mögen, sich aber vom modernen Fußball entfremdet fühlten“, wie Eldridge es formuliert und „die Preise und das mangelnde Engagement der Vereine für die Fans“ anführt.
Oke Göttlich war schon zu Besuch
Außerdem habe man sich von den antifaschistischen, antirassistischen und antisexistischen Werten des Clubs angezogen gefühlt. Er selbst wurde durch seine aus Hamburg stammende Frau auf den Stadtteilverein aufmerksam und ist seit 2016 im Fanclub Catalunya, der einer von 61 Auslands-Fanclubs des FC St. Pauli ist.
Neben dem gemeinsamen Schauen der Spiele auf der Leinwand organisieren sie auch regelmäßige Touren ans Millerntor oder besuchen Trainingslager, veranstalten selbst Kleinfeldturniere in Barcelona oder Lesungen. Und neben St.-Pauli-Fans aus aller Welt hatten sie auch schon Spieler der Hamburger Geflüchteten-Mannschaft des FC Lampedusa zu Gast sowie Vereinspräsident Oke Göttlich.
Derbygucken in Spanien: Viele Hamburger dabei
Aber wie kamen die anderen Katalanen dazu, Fan eines deutschen Zweitligisten zu werden? „Wahrscheinlich hängt es auch mit den Punk- und Ska-Gruppen zusammen, die Anfang der 90er-Jahre durch Deutschland tourten und danach berichteten, der FC St. Pauli sei ein Punk-Club“, sagt Marc Prat, der seit über zehn Jahren Fanclub-Mitglied ist. Je mehr man über St. Pauli gelernt habe, desto mehr habe man sich mit ihm identifizieren können.
Und auch etwas Hamburger Tradition kommt so nach Barcelona – insbesondere an Derbytagen, wenn im Casal Octubre Mexikaner serviert wird, die aus der Hansestadt stammende kurze Variante der Bloody Mary. Denn traditionell ist dieses Spiel auch hier eines der meistbesuchten, in der Regel sind auch viele Hamburger dabei. Anschließend soll auf jeden Fall zusammen gefeiert werden.
Auswanderer gründete HSV-Fanclub in Norwegen
Während in diesem Teil Südeuropas dem FC St. Pauli die Daumen gedrückt werden, gibt es etwa 2500 Kilometer nördlich einen Fanclub, der zum HSV hält. Im Zentrum der norwegischen Hauptstadt, nicht weit vom Dom entfernt, kommen dann die „HSV Supporters Oslo“ im Sportspub Bohemen zusammen.
„Wir haben unseren Fanclub 2011 gegründet, nachdem wir uns durch gemeinsames Gucken der Spiele in unserer Stammkneipe in Oslo über die Jahre fanden“, erzählt Gründungsmitglied Ingo Matzat. Der 53-Jährige ist im schleswig-holsteinischen Eckernförde aufgewachsen und vor gut 30 Jahren nach Norwegen ausgewandert. Heute sind die Supporters Oslo einer von 75 Auslands-Fanclubs des HSV.
„Wir wollen kein Internet-Fanclub zu sein“
„Für die Deutschen gilt, dass sie ihre Begeisterung schon aus ihrem Heimatland mitbrachten, während die Norweger zumeist Freunde sind, die wir mit diesem Virus ansteckten“, sagt Matzat, „oder sie haben den HSV mal zufällig auf Reisen entdeckt und nicht mehr vergessen.“
Das Reisen ist auch Bestandteil ihres Vereinslebens: Regelmäßig organisieren sie Touren ins Volksparkstadion oder begleiten den HSV zu Auswärtsfahrten. Groß ist ihr Fanclub nicht, knapp 20 Mitglieder sind es offiziell, aber das Miteinander steht auch hier im Vordergrund. „Wir haben schon immer das Ziel gehabt, kein Internet-Fanclub zu sein, sondern das persönliche Erscheinen in den Vordergrund zu stellen“, sagt Matzat. Deswegen werden auch keine Mitglieder aufgenommen, die sie noch nie getroffen haben.
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Auch sonst lässt man es in Oslo eher ruhig angehen – zum Derby gibt es keine besonderen Pläne. Wenn am Freitag also im Casal Octubre mit Mexikaner angestoßen wird, will man im Bohemen einfach nur gemütlich Fußball gucken.