Darmstadt. Nach dem 1:1 im Spitzenspiel bei Darmstadt 98 drehte sich vieles um Bakery Jatta, der seinen Trainer verärgerte.
Es war schön spät, als der HSV nach einer langen Reise in den Volkspark zurückkehrte. Genauer gesagt war es sogar schön sehr früh am Sonntagmorgen. Nach einer mehr als achtstündigen Busfahrt kam die Mannschaft um 8 Uhr in Hamburg an und startete direkt mit einem regenerativen Waldlauf in den Tag.
Grund für die Verspätung war ein Geisterfahrer auf der A7, der zwischen Melsungen und Guxhagen zunächst für einen Unfall mit drei Verletzten und gleichzeitig für eine zweistündige Vollsperrung gesorgt hatte. Immerhin hatte der HSV einen Punkt aus dem Spitzenspiel der Zweiten Liga bei Tabellenführer Darmstadt 98 mitgebracht. Durch das 1:1 (0:1) bleibt der HSV im neuen Jahr weiterhin ungeschlagen, auch wenn die Spieler darüber nicht allzu glücklich waren. „Wir wollten den Abstand verkürzen, deswegen ärgert uns das Ergebnis. Aber wir nehmen den Punkt mit“, sagte Kapitän Sebastian Schonlau, noch bevor er ahnte, wie lange der Rücktransport dieses Zählers dauern sollte.
Disziplinlosigkeit von Bakery Jatta war das große Thema beim HSV
Die Verspätung des Mannschaftsbusses war am Sonntag aber weniger das Gesprächsthema als vielmehr die Verspätung von Bakery Jatta. Der Flügelstürmer, der in den zwei Wochen zuvor mit seinen Toren in Heidenheim und gegen Bielefeld für große Momente gesorgt hatte, kam am Spieltag zu spät zur Mannschaftsbesprechung und wurde daraufhin von Trainer Tim Walter direkt aus der Startelf gestrichen.
„Es geht um grundlegende Dinge, um unser Zusammenleben“, sagte Walter, der diese Konsequenz bereits in der Hinrunde gegen Fortuna Düsseldorf mit dem verspäteten Miro Muheim an den Tag legte. „Ob wir dann gegen Darmstadt spielen, ist mir völlig egal. Es geht ums Kollektiv, nicht um einzelne Spieler. Wir haben klare Regeln. Da hat Baka seine Mannschaft im Stich gelassen“, sagte Walter auf der Pressekonferenz in den noch nicht fertig gestellten Räumlichkeiten des umgebauten Merck-Stadions am Böllenfalltor.
HSV-Trainer Walter und Lieberknecht lieferten sich Wortgefechte
Neben Walter saß Darmstadts Trainer Torsten Lieberknecht und grinste. Vor allem aufgrund des späten Ausgleichstores durch den eingewechselten Filip Stojilkovic (81.). Aber auch aufgrund der Aussage von Walter. „Bei uns sind auch zwei Spieler zu spät zur Abfahrt gekommen. Es waren zwei ganz wichtige Spieler, deswegen konnte ich nicht das machen, was der Tim gemacht hat“, sagte Lieberknecht, der im Spitzenspiel auf gleich sechs verletzte Stammspieler verzichten musste.
Walters Konter ließ nicht lange auf sich warten. „Ich hätte es auf jeden Fall gemacht“, sagte der HSV-Trainer, der sich wie schon beim hitzigen Hinspiel an einem emotional aufgeladenen Abend das eine oder andere Wortgefecht mit Lieberknecht lieferte.
Nach dem Schlusspfiff drückte Walter mit dem Finger auf seine geschlossenen Lippen, als Lieberknecht noch nicht fertig war. „Er wollte mit meinem Co-Trainer diskutieren. Ich habe ihm gesagt, dass er es jetzt gut sein lassen soll“, sagte Walter. Der HSV-Coach wirkte nach dem 1:1 ohnehin genervt. „Heute müssen wir uns erst einmal schütteln.“
Dabei hatte der Abend am mit 16.800 Zuschauer ausverkauften Böllenfalltor für die Hamburger optimal begonnen. Ausgerechnet der durch Jattas Verspätung in die Startelf gerückte Ransford Königsdörffer vollendete eine schnelle Kombination über Robert Glatzel und Moritz Heyer zur frühen Führung (4.). Königsdörffer erfuhr erst eineinhalb Stunden vor dem Spiel von seiner Aufstellung und nutzte die Chance. „Am Ende ist es das, was den Fußball ausmacht“, sagte Schonlau. „Baka hat die Quittung bekommen. Es wird ihm so schnell nicht wieder passieren.“
HSV konnte sein dominantes Spiel in Darmstadt nicht zeigen
Trotz der besten Voraussetzungen für die erste Darmstädter Niederlage nach 20 Spielen schaffte es der HSV in der Folge nicht, sein dominantes Spiel aufzuziehen. Im Gegenteil. Darmstadt riss das Geschehen an sich und stellte die Hamburger mit einer aggressiven Spielweise vor große Probleme. Daniel Heuer Fernandes parierte zunächst gegen den Ex-Hamburger Frank Ronstadt (22.) und hatte dann Glück, dass Phillip Tietz eine scharfe Freistoßflanke von Fabian Schnellhardt um Zentimeter verpasste (26.). Millimeter waren es dann, die über Tor und Nichttor entschieden, als Tietz auf Honsak passte, dieser frei vor dem leeren Tor den Ball nicht richtig traf. Im letzten Moment konnte Heuer Fernandes das 1:1 noch verhindern. Der Ball hatte die Linie nicht mit vollem Durchmesser überquert (41.).
Fehlerkette beim HSV sorgte für den späten Ausgleich
Bis auf Heuer Fernandes kamen die Hamburger – wie Jatta vor dem Spiel – fast immer einen Schritt zu spät. „Wenn man schon nicht sein bestes Spiel macht, dann muss man zumindest hinten dichthalten und die Führung über die Zeit bringen. Das haben wir nicht geschafft“, sagte Heuer Fernandes. Weil Abwehrchef Schonlau in der 81. Minute zu weit aufrückte, der eingewechselte Andras Nemeth einen Ball nicht kontrollieren konnte und Jonas David beim Konter das Laufduell gegen Stojilkovic verlor.
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„Wir spielen hinten immer eins gegen eins“, sagte Schonlau über die nicht optimale Restverteidigung. Am Ende aber konnte auch der Kapitän mit dem Punkt gut leben. „Es ist nicht viel passiert“, sagte Schonlau, der sich nach dem Spiel noch minutenlang mit Darmstadts Klaus Gjasula unterhielt, unter anderem über die guten Zeiten in der Bundesliga mit dem SC Paderborn.
Da will auch der HSV so schnell wie möglich wieder hin. Durch den verpassten Sieg ist aber klar, dass die Entscheidung auch in dieser Saison erst spät fallen wird. Aber in diesem Fall dürfte man sich beim HSV einig sein: Besser spät als nie.
Schema:
Darmstadt: Schuhen – Riedel, Zimmermann, Isherwood – Karic, Schnellhardt (67. Stojilkovic), Holland, Ronstadt (66. Bennetts) – Mehlem, Honsak (86. Warming) – Tietz.
HSV: Heuer Fernandes – Heyer (79. Katterbach), David, Schonlau, Muheim – Meffert – Reis, Benes (79. Nemeth) – Königsdörffer (63. Jatta), Glatzel, Dompe.
Schiedsrichter: Dingert (Lebecksmühle).
Tore: 0:1 Königsdörffer (4.), 1:1 Stojilkovic (81.).
Zuschauer: 16.800 (ausverkauft).
Gelbe Karten: Schuhen – Heyer (5), Reis (3), Muheim (4), Schonlau (4), Jatta (3).
Statistik: Torschüsse: 12:13, Ecken: 6:5, Ballbesitz: 54:46 Prozent, Zweikämpfe: 52:48 Prozent.