Los Angeles. HSV-Stratege Jonas Meffert spricht über seine Leidenschaft für US-Sport und mögliche Lerneffekte für seine Mannschaft.

Im zweiten Versuch macht Jonas Meffert das Fieldgoal. Im 70.000 Zuschauer fassenden und 5 Milliarden Dollar teuren SoFi Stadium von Los Angeles trifft der Mittelfeldstratege des HSV, der als Fußballer normalerweise nicht so viele Tore schießt, aus 40 Metern durch die Stangen. Gemeinsam mit dem Team macht er im Rahmen der USA-Reise eine Tour durch das teuerste Stadion der Welt.

Am Sonntag wird Meffert dort einer der Zuschauer sein, wenn die LA Chargers ihr NFL-Spiel gegen die Kansas Chiefs bestreiten. Am Sonnabend geht es in den Rose Bowl zum College-Football. Meffert ist nicht nur Football-Experte, er kennt sich auch in der NBA bestens aus. Zwischen dem Basketballspiel der Lakers und dem Footballmatch der Chargers nahm sich der 28-Jährige Zeit, um mit dem Abendblatt über seinen besonderen Bezug zu den USA und zum US-Sport zu sprechen.

Herr Meffert, haben Sie nach dem 4:2-Sieg gegen Sandhausen vor einer Woche die Abendblatt-Einzelkritik gelesen?

Jonas Meffert: Nein. Was habe ich verpasst?

Wir haben Sie als Quarterback des HSV bezeichnet. Eine treffende Beschreibung?

Meffert: Hmm. Der Quarterback ist in der Regel der wichtigste Spieler eines Footballteams und auch der auffälligste, der die besonderen Sachen macht. So wie Aaron Rodgers von den Green Bay Packers. Das passt eher nicht zu mir. Aber ein Quarterback kann auch eine Art Spielmanager sein, der mit einfachen Pässen seine Mannschaft besser macht. Das trifft bei mir schon eher zu.

Aaron Rodgers ist auch der Grund, warum Sie zum Football-Fan wurden, stimmt’s?

Meffert: Stimmt. Das muss 2011 gewesen sein. Der erste Superbowl, den ich geguckt habe. Green Bay Packers gegen die Pittsburgh Steelers. Mit Freunden bei meinen Eltern zu Hause in Köln im Keller. Wir hatten überhaupt keine Ahnung vom Football. Aber mir ist aufgefallen, wie cool und lässig Rodgers gespielt hat. Seitdem schaue ich regelmäßig die Spiele der Packers, meistens aber erst montagmorgens im Re-live. Ich habe mit der Zeit gemerkt, wie spannend und unberechenbar die Spiele sein können. Das hat mich gepackt.

Was können Sie sich als HSV vom American Football abschauen?

Meffert: Ich finde es cool, wie sich die Spieler gegenseitig pushen nach guten Aktionen, auch wenn es manchmal etwas übertrieben wirkt. Das könnten wir vielleicht noch mehr machen, wenn zum Beispiel Ferro (Daniel Heuer Fernandes, d. Red.) mal wieder einen starken Ball hält.

Am Wochenende gehen Sie gleich zweimal zum Football. Erst zum College-Spiel zwischen den UCLA Bruins und den USC Trojans im Rose Bowl und dann am Sonntag zum NFL-Game der LA Chargers gegen die Kansas City Chiefs. Worauf freuen Sie sich am meisten?

Meffert: Das ist in der Mannschaft auch ein großes Gesprächsthema. Die Stimmung beim College Football muss richtig gut sein. Ich freue mich aber auch, am Sonntag mit Justin Herbert von den Chargers und Patrick Mahomes von den Chiefs zwei der aktuell besten Quarterbacks zu sehen. Das wird ein richtig gutes Spiel.

Spielen Sie auch selbst mal Football?

Meffert: Mit Freunden werfe ich gerne mal ein paar Bälle. Und vor Kurzem haben wir in Hamburg mit den Sea Devils trainiert. Das hat richtig Spaß gemacht. Mit Tom Mickel und Miro Muheim haben wir auch noch richtig große Footballfans in der Mannschaft. Ansonsten spiele ich aber lieber Basketball.

Auch schon als Kind?

Meffert: Ja, mein Vater war auch ein sehr guter Basketballer. Er hat in der Dritten Liga gespielt. Wäre er etwas größer gewesen, hätte es zu mehr reichen können. Als Trainer hat er Stephan Baeck trainiert, der 1993 mit Deutschland Europameister wurde. Wir hatten auch immer einen Korb zu Hause. Ich habe mit sieben Jahren beim TV Hoffnungsthal Basketball gespielt. Aber meine Mitspieler waren viel größer, und Fußball hat mir mehr Spaß gemacht. Heute spiele ich ab und an noch mal mit Freunden in Altona oder in der Heimat.

Wer ist beim HSV der beste Basketballer?

Meffert: Fico (Filip Bilbija, d. Red.) ist sehr gut, Matze (Matheo Raab, d. Red.) auch. Bobby (Robert Glatzel, d. Red.) kann natürlich auch was auf der Platte. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich der beste Basketballer im Team bin. Wäre ich Basketballer geworden, hätte ich auch deutlich mehr Aktionen im Spiel (lacht).

Jonas Meffert (l.) und Tim Leibold duellierten sich in Anaheim im Basketball.
Jonas Meffert (l.) und Tim Leibold duellierten sich in Anaheim im Basketball. © LeonieHorky / Witters

Als Sie am Sonntag bei den LA Lakers waren, haben sich fast alle HSV-Spieler ein Trikot von LeBron James gekauft. Sie aber von Anthony Davis, der am Ende auch die meisten Punkte gemacht hat. Warum Davis?

Meffert: Er ist für mich der wichtigere Spieler. Wenn er fit ist, kann ihn kein Spieler der Welt verteidigen. So wie bei der Meisterschaft 2020.

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  • Sind Sie auch Lakers-Fan wie Robert Glatzel?

    Meffert: Mein Lieblingsteam sind die Golden State Warriors. Die haben mit Stephen Curry zwar auch einen Superstar, aber das Spiel ist bei ihnen nicht nur auf einen Spieler ausgelegt, so wie bei den Lakers mit LeBron James oder bei den Brooklyn Nets mit Kevin Durant.

    LeBron James war leider verletzt, aber Durant haben Sie am Sonntag live gesehen. 18.000 Zuschauer waren dabei. Wie war’s?

    Meffert: Es war mein erstes NBA-Spiel und eine coole Erfahrung, auch wenn man gemerkt hat, dass es nicht das bedeutendste Spiel war. Es war eines von 82 Spielen in der Regular Season. Ich würde gerne noch mehr Spiele sehen, am liebsten in den Play-offs. Mein Onkel hat mir gerade ein Video geschickt von den Miami Heat. Da war richtig gute Stimmung. Ich muss aber auch sagen, dass Fußball einfach der beste Sport ist.

    Sie waren neulich auch beim EM-Finale zwischen Spanien und Frankreich in Berlin.

    Meffert: Ja, das war ein Geschenk meiner Freundin. Sie interessiert sich zwar nicht für Basketball, aber sie wusste wohl, dass sie mir damit eine Freude macht (lacht).

    Hatten Sie als Schüler mal die Chance, in die USA zu gehen und im College zu spielen?

    Meffert: Ich kenne ein paar Leute, die das gemacht haben. Bei mir ging es wegen des Fußballs nicht. Mit 16 war ich schon im Nachwuchs von Bayer Leverkusen. Das wäre undenkbar gewesen. Im Nachhinein hätte ich gerne die Chance gehabt. Die USA haben mich schon immer gereizt. Vielleicht können die Nachwuchszentren der deutschen Clubs mal über mehr Kooperationen nachdenken.

    Woher kommt Ihr USA-Bezug?

    Meffert: Mein Vater hat mal ein halbes Jahr in New York gelebt. Sein Großcousin wohnt auf Hawaii, da hat auch meine Schwester mal gelebt für ein paar Monate. Wenn wir nicht mit dem HSV hergekommen wären, hätte ich hier jetzt auch Urlaub gemacht.

    Könnten Sie sich vorstellen, auch mal in den USA zu spielen?

    Meffert: Darüber haben wir Spieler auch schon viel gesprochen in dieser Woche. Ich habe neulich das MLS-Finale gesehen, Philadelphia gegen Los Angeles FC. Die Wahrscheinlichkeit ist zwar gering, dass die Situation passt. Aber wenn man die Chance bekommt, könnte ich es mir irgendwann mal gut vorstellen – aktuell aber nicht.