Hamburg. Schon vier Talente gaben unter Trainer Tim Walter in der Hansestadt ihr Debüt. Wer den Sprung als Nächstes schaffen kann.

Am Mittwochmorgen vor einer Woche wurde Tom Sanne von einer Handynachricht geweckt. Julian Hübner, Co-Trainer der HSV-Profis und verantwortlich für die Schnittstelle zum Nachwuchs, meldete sich beim U-19-Stürmer. Er möge bitte heute frei machen, weil er morgen mit den HSV-Profis gegen den dänischen Erstligisten FC Nordsjaelland spielen werde.

„Eigentlich wollte ich noch weiterschlafen, aber das konnte ich dann nicht mehr, weil ich nur noch an das Spiel gedacht habe“, sagt Sanne wenige Tage später im Gespräch mit dem Abendblatt und lacht. Was der 18-Jährige an jenem Morgen noch nicht ahnen sollte: Gleich in seinem ersten Spiel für die Profis machte der nur 1,70 Meter große Mittelstürmer ein Kopfballtor. An der Seite von Toptorjäger Robert Glatzel durfte Sanne eine halbe Stunde lang wirbeln. Auch den Freistoß zum 2:2 holte er heraus.

HSV News: Sanne wechselte vom FC St. Pauli

Für den Niendorfer ging mit diesem Spiel der erste Teil seines großen Traums in Erfüllung. Sanne, der vor einem Jahr vom FC St. Pauli in den HSV-Nachwuchs gewechselt war, will Profi werden. Und das Debüt bei Tim Walter war der nächste Schritt. „Es war ein Zwischenschritt auf dem Weg zu meinem großen Ziel“, sagt Sanne, der Walter am vergangenen Dienstag bei einem internen Spiel der HSV-Talente aufgefallen war. „Ich habe nicht mitbekommen, dass er zugeguckt hat“, sagt Sanne. „Es hat mich sehr gefreut, die Chance zu bekommen, bei den Profis dabei zu sein.“

Sanne gilt beim HSV als eines der vielversprechendsten Talente. Der Club hat aktuell zwar kein absolutes Ausnahmetalent im Nachwuchs, dafür aber viele Jugendspieler, die den Sprung zu den Profis schaffen können. Und auf diesen auch hoffen dürfen, schließlich ist mit Walter ein Trainer bei den Profis, der junge Spieler gerne fördert. In seinem ersten Jahr beim HSV hat er gleich vier Talenten zum Profidebüt verholfen: Anssi Suhonen, Faride Alidou, Elijah Krahn und Omar Megeed. Der Ägypter (16) wurde beim 2:0-Sieg in Bielefeld im August durch seine Einwechslung kurz vor Schluss zum jüngsten Spieler in der Geschichte der HSV-Profis. Weil Megeed sich dank dieses Einsatzes auch über eine Gehaltserhöhung freuen durfte, erhoffen sich natürlich auch die nächsten Talente eine Chance.

David Costa könnte nächster Omar Megeed werden

Am dichtesten dran ist aktuell Valon Zumberi (19) aus der U 21. Der Innenverteidiger, der im Juli seinen ersten Profivertrag unterschrieb, trainierte am Dienstag wieder bei Walter mit. Beim 1:3 der zweiten Mannschaft am Sonntag bei Phoenix Lübeck erlebte der U-21-Nationalspieler Kosovos aber auch, dass es nicht immer nur nach oben geht. Gleiches gilt für Dennis Duah (19), der an der Seite von Zumberi im Abwehrzentrum spielte.

Der nächste Omar Megeed könnte beim HSV aber ein anderes Talent werden, das sich am Wochenende international in den Fokus spielte: David Costa. Der 16 Jahre junge Flügelstürmer kam unter Nationaltrainer Christian Wück gegen Uruguay, Belgien und Israel gleich dreimal in der U-17-Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes zum Einsatz. Insbesondere beim 1:1 gegen die hochgehandelten Belgier bekam Costa gute Kritiken. „David ist ein sehr talentierter Spieler. Schnell, trickreich, gut im Eins-gegen-eins. Er kann den Sprung nach oben schaffen“, sagt Rodolfo Cardoso, der mit Costa als Co-Trainer der U 17 beim HSV täglich arbeitet.

Selbst der FC Bayern München hat Interesse

Die Nachfrage nach dem jungen Hamburger ist bereits sprunghaft gestiegen. Sogar der FC Bayern München soll nach Abendblatt-Informationen Interesse bekundet haben. Der Vertrag des HSV-Talents läuft Ende der Saison aus. Sein Berater Lennart Müller von der Agentur Intersoccer verhandelt mit dem HSV aktuell über einen neuen Vertrag – Ausgang offen.

Das Hauen und Stechen in der Beraterszene um die größten Talente ist indes auch beim HSV zu beobachten. Müller (29), einst selbst Spieler beim HSV II, hatte zuvor bereits Omar Megeed betreut, ehe dieser von Stella abgeworben wurde und beim HSV verlängerte. Die große Agentur aus England um den Hamburger Spielerberater Thies Bliemeister betreut neben Megeed noch zwei weitere Spieler aus der A-Jugend: Fabio Baldé (17) und Joel Agyekum (17). Beiden wird perspektivisch der Sprung zu den Profis zugetraut. Innenverteidiger Agyekum war vom U-18-Trainer des DFB, Christian Wörns, am Wochenende zum Lehrgang nach Duisburg eingeladen und machte zwei Länderspiele.

Tom Sanne nur auf Abruf nominiert

Auch Hannes Hermann war erstmals bei der deutschen U 18 dabei. Der 17-Jährige ist aktuell das wahrscheinlich größte Torwarttalent der Hamburger. Im Sommer durfte Hermann erstmals ins Trainingslager der HSV-Profis mitreisen. Sein Problem: Den direkten Sprung in die erste Mannschaft zu schaffen und sich dort als Stammtorhüter zu etablieren ist für Torhüter besonders schwer. Zuletzt gelang das beim HSV Richard Golz 1988. Mit Finn Böhmker (18) und Philipp Niedermeier (15) haben die Hamburger zudem zwei weitere Torwarttalente, die bereits beim DFB eingeladen wurden.

HSV-Talent Tom Sanne war nach seinen ersten sechs Länderspielen für die deutsche U 18 am vergangenen Wochenende nur auf Abruf nominiert. Vielleicht war das sogar sein Glück, andernfalls hätte er nicht die Zeit gehabt, bei den HSV-Profis im Test gegen Nordsjaelland mitzuspielen. Nach seinem couragierten Auftritt hat sich Sanne weitere Chancen verdient. „Es hat mir gefallen, was der Kleine gezeigt hat. Wir werden ihn weiter beobachten“, sagte Trainer Tim Walter hinterher. Für Sanne ging es nur drei Tage später in der U 21 von Trainer Pit Reimers weiter.

HSV News: Sanne kann es noch weit schaffen

Zunächst aber soll Sanne sich wieder in der U 19 für weitere Chancen bei den Profis empfehlen. Für seinen großen Traum tut der Stürmer alles. Sanne ist vermutlich nicht mit dem Talent gesegnet wie andere Spieler in seinem Alter, doch mit seiner Einstellung kann er es noch weit schaffen. Kaum ein Spieler macht nebenbei noch so viele Extraeinheiten wie Sanne. Mit seinem Berater und Privattrainer Mohamed Nasrallah trainiert er fast täglich am Sportplatz des Niendorfer TSV am Bondenwald – und das schon seit Jahren. „Dort habe ich angefangen, und es hat mir immer gutgetan. Ich habe nie aufgehört, dort zu trainieren“, sagt Sanne.

Zu viel Training? Gibt es für Sanne nicht. „Ich mache das, weil ich Spaß dran habe und mein großes Ziel immer im Kopf habe.“ Das große Ziel vom Profifußball. Für Sanne kommt es näher und näher.