Hamburg. Der HSV-Mittelfeldspieler fiel wegen eines Wadenbeinbruchs lange aus. Doch große Herausforderung schrecken den 21-Jährigen nicht ab.

Als Anssi Suhonen am Donnerstagvormittag auf dem Trainingsplatz des Hamburger SV steht, scheint es, als wäre nie etwas gewesen. Der 21 Jahre alte Finne ist in der Mannschaft mit den orangenen Leibchen einer der Aktivposten; er grätscht, fordert Bälle und verteilt ebendiese. „Orange gewinnt“, sagt Trainer Tim Walter nach einer Viertelstunde und beendet die Spielform. Mit seiner Dynamik hat sich Suhonen schon einmal in die Herzen der Hamburger Fans gespielt, ehe ihn ein Wadenbeinbruch im Mai stoppte. „Ich fühle mich wieder ganz gut“, sagt der zen­trale Mittelfeldspieler nach der Einheit.

Entmutigen lässt sich der 1,70 Meter große U-21-Nationalspieler sowieso nicht mehr. Im Juli 2020 zog er sich kurz vor dem Saisonstart einen Kreuzbandriss im rechten Knie zu. 308 Tage der Genesung kosteten Suhonen ein ganzes Jahr seiner jungen Profikarriere. Damals wie auch heute wollte Suhonen (der Name Anssi bedeutet so viel wie „von Gott geschützt“) so schnell wie möglich wieder auf dem Platz stehen: „Es muss immer weitergehen, etwas anderes kann ich nicht machen. So etwas passiert halt.“

HSV News: Suhonen gab Profidebüt im August

Sportlich ist Suhonen beim HSV längst angekommen, wären da nicht die Verletzungen. Sein Profidebüt gab er im August 2021 bei der 2:3-Derbyniederlage gegen den FC St. Pauli. Eine Woche später durfte er beim 2:2 gegen Darmstadt 98 zum ersten Mal von Beginn an auflaufen. „Wenn ich Spielzeit bekomme, habe ich das Gefühl, dass es immer besser wird. In der Zweiten Liga ist alles schneller als in der U 21 oder in der U 19, auch die Spieler sind körperlich kräftiger.“ Einen großen Förderer sieht Suhonen, der bislang zu 20 Einsätzen für den HSV kam, in Trainer Tim Walter: „Er hat mir das Vertrauen gegeben, meine ersten Profispiele zu machen. Das hat mir sehr geholfen. Auch von seinem Training profitiere ich sehr.“

Im Endspurt der vergangenen Spielzeit zählte Suhonen sogar zum Stammpersonal, bis er sich in der Trainingswoche vor dem Saisonfinale in Rostock das Wadenbein brach. Dass er bei der anschließenden Relegation nur Zuschauer sein konnte, fiel ihm besonders schwer: „Das Hinspiel habe ich im Fernsehen gesehen, beim Rückspiel war ich im Stadion. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich gerne gespielt hätte. Ich hoffe, dass ich dieses Jahr dann in den wichtigen Spielen auf dem Platz stehen kann.“ Seit zwei Wochen wirkt Suhonen wieder im Mannschaftstraining mit. Die individuellen Einheiten mit Reha-Trainer Sebastian Capel gaben ihm Sicherheit: „Wenn ich mit der Mannschaft trainiere, denke ich nicht mehr an die Verletzung.“

„Er ist immer bereit"

Beim 3:2-Sieg bei Holstein Kiel zählte er erstmals in dieser Saison zum Kader. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich gleich wieder dabei bin“, gibt Suhonen zu. Für Trainer Walter ist der Finne immer eine Verstärkung, selbst wenn er nur auf der Bank sitzt: „Man sieht im Training, mit welcher Power, Wucht und Leidenschaft er dabei ist. Er ist ein Energiebringer für unsere Mannschaft.“ Sportlich sei Suhonen noch nicht auf dem höchsten Level, was er nach seiner Verletzung aber auch noch nicht sein könne. Walter betonte allerdings: „Er ist immer bereit. Das macht unheimlich viel Spaß und bringt uns als Mannschaft unheimlich viel.“

Mit Ludovit Reis, Sonny Kittel und ­László Bénes sieht sich er im zentralen Mittelfeld einer starken Konkurrenz ausgesetzt. Darüber will sich Suhonen aber keine Gedanken machen: „Es ist nicht einfach. Ich muss jeden Tag im Training Gas geben, dann schauen wir. Natürlich habe ich Respekt vor den Jungs. Vor allem Sonny hat für den HSV schon so viele Spiele gemacht.“

„Meine Heimat Finnland steht über allem"

Große Herausforderungen schrecken das Energiebündel aber nicht ab. Als er im Frühjahr 2017 vom finnischen Drittligisten Käpylän Pallo in den HSV-Nachwuchs wechselte, war er erst 16 Jahre alt. „Als ich hier angekommen bin, konnte ich kein Deutsch und kein Englisch. Die Kultur war anders, die Menschen waren alle neu. Die ersten Monate waren schon richtig schwer für mich“, erzählt er über seine Anfangszeit in Hamburg. Beim Einleben geholfen habe ihm vor allem sein ehemaliger Mitspieler Tobias Fagerström (22/bis 2021 im HSV-Nachwuchs), mit dem er noch wöchentlich schreibt. Mittlerweile ist die Stadt zu seinem „zweiten Zuhause“ geworden: „Meine Heimat Finnland steht über allem, aber dann kommt direkt Hamburg.“

Etwa dreimal pro Jahr besucht er noch seine Familie in Finnland. Manchmal aber auch häufiger, wenn Länderspiele anstehen. Für die finnische U-21-Auswahl kam Suhonen bislang zu sieben Einsätzen. Sein langfristiges Ziel ist die A-Nationalmannschaft: „Wenn ich hier viel spiele, kann das irgendwann möglich sein.“ Mit Nationaltrainer Markku Kanerva (58) hat er zumindest schon einmal gesprochen.

HSV News: Suhonen verlängerte seinen Vertrag

Kurzfristig möchte Suhonen, der seinen Vertrag im April bis Juni 2026 verlängerte, aber erst mal wieder für den HSV auf dem Platz stehen. Wenn er so wirbelt wie im Training, dürfte das nur eine Frage der Zeit sein. Und wenn nicht, wird er der Mannschaft zumindest eine Menge Energie von der Bank bringen.