Hamburg/Bielefeld. Nächster Gegner Arminia steht unter Druck. 6,5 Millionen Euro Nachschlag für Onana und Kostic, Aufsichtsrat tagt Freitag.
Es war 2 Uhr am noch sehr frühen Sonntagmorgen, als auf dem Trainingsgelände von Arminia Bielefeld in der Friedrich-Hagemann-Straße plötzlich das Flutlicht anging. Nicht eine falsch programmierte Zeitschaltuhr, sondern Trainer Uli Forte höchstpersönlich hatte dafür gesorgt. Rund eine Stunde zuvor war der Bundesligaabsteiger in Paderborn gelandet, im Gepäck hatten die Ostwestfalen eine 1:2-Niederlage bei Hansa Rostock, die dritte Ligapleite in Folge. Anlass genug für Forte, um seine Mannschaft nachts auf den Trainingsplatz zu schicken.
„Wenn man um halb 3 Uhr nachts am Gelände ankommt, ist die Frage, ob man die Spieler am nächsten Morgen früh zum Training kommen lassen will“, erklärt Arminias Sport-Geschäftsführer Samir Arabi. „Am Ende haben wir die Chance direkt für Behandlungen und eine regenerative Einheit genutzt. Das hatte keinerlei Strafcharakter, danach gab es zwei Tage frei.“
Zweite Liga: Bielefeld will sich "neu erfinden"
Auch wenn die nächtliche Einheit nicht als Bestrafung gedacht war, weiß man in Bielefeld ganz genau, dass man sich zum Saisonstart der Zweiten Liga etwas anderes gewünscht hatte als null Punkte nach drei Spielen. Wenn am Sonnabend (13 Uhr/Sky) der HSV in Bielefeld anreist, ist ein Sieg fast Pflicht, um nicht den Anschluss an die Tabellenspitze zu verlieren.
„Wir wollen eine neue Mannschaft aufbauen und uns neu finden. In Rostock haben wir allein in der Viererkette und auf der Torwartposition mit fünf neuen Spielern gespielt“, sagt Arabi. „Uns war klar, dass wir uns in der Zweiten Liga erst mal stabilisieren wollen. Es wäre gelogen, wenn ich sage, dass wir momentan diese Stabilität haben.“ Mit Torwart Stefan Ortega (29/zu Manchester City), Innenverteidiger Amos Pieper (24/zu Werder Bremen), Rechtsaußen Patrick Wimmer (21/zum VfL Wolfsburg) oder auch Außenverteidiger Cédric Brunner (28/zu Schalke 04) waren unter den 13 Abgängen dieses Sommers viele Leistungsträger.
"Müssen die Zweite Liga auch annehmen"
„Der personelle Umbruch ist einer der Gründe, warum wir noch Probleme haben. Eine andere Sache ist, dass wir die Zweite Liga auch annehmen müssen. In den zurückliegenden Spielen haben wir in der Zweikampfführung oder Laufleistung einiges vermissen lassen“, sagt Arabi, der keinen direkten Wiederaufstieg verlangt.Abgesehen von 16 Neuzugängen steht mit dem Schweizer Forte (48) auch ein neuer Trainer an der Seitenlinie. Einen Fehlstart wie mit der Arminia habe er „noch nie erlebt in meiner Laufbahn“, sagte Forte.
In der Schweiz trainierte er vor allem Spitzenclubs wie den FC St. Gallen, Young Boys Bern oder den FC Zürich. „Die Zweite Liga hier hat eine größere Medien-Aufmerksamkeit als in der Schweiz, dort herrscht vielleicht auch weniger Druck. Bisher macht Uli Forte einen wirklich stabilen Eindruck, kann unsere Situation einschätzen und stellt sich dieser Situation gemeinsam mit Trainerteam und Mannschaft. Trotzdem, und so hat er es zuletzt ja auch dargestellt, ist es jetzt für ihn eine neue Erfahrung“, sagt Arabi.
„Ich habe keinen Einblick in die Bücher"
Den Vorstandsstreit beim HSV habe er derweil auch in Bielefeld mitbekommen. „Der HSV ist ein Verein, bei dem die eine oder andere Meldung auch über die Stadtgrenzen hinausgeht. Das ist aber nichts, womit ich mich beschäftige“, sagt der 43-Jährige. Mit HSV-Vorstand Jonas Boldt pflegt Arabi seit vielen Jahren ein gutes Verhältnis. Als Boldt noch als Chefscout für Bayer Leverkusen tätig war, arbeiteten beide oft zusammen. Arabi lieh als Chefscout des damaligen Zweitligisten Alemannia Aachen gern Bayer-Talente aus. „Ich schätze Jonas Boldt sehr“, sagt Arabi.
Dass der HSV allein in diesem Jahr bereits 7,2 Millionen Euro an Ablösen für neue Spieler bezahlte, mit rund 24 Millionen Euro zudem den größten Etat der Liga hat, frustriere ihn nicht. „Ich habe keinen Einblick in die Bücher. Ich bin der Letzte, der auf einen anderen Club neidisch ist“, sagt Arabi. Fast zeitgleich gab Eintracht Frankfurt bekannt, dass Ex-HSV-Profi Filip Kostić (29) in „finalen Gesprächen mit einem neuen Club“ sei. Laut Medienberichten wechselt der Serbe für 17 bis 18 Millionen Euro Ablöse zu Juventus Turin.
Zweite Liga: HSV kommt auf 6,5 Millionen Euro
Dem HSV, der eine Weiterverkaufsklausel von fünf Prozent am Transfergewinn hält, winken damit rund 500.000 Euro. Mit der Sechs-Millionen-Weiterverkaufsbeteiligung beim seit Dienstag offiziellen Wechsel von Amadou Onana (20) vom OSC Lille zum FC Everton, kommt der HSV insgesamt auf 6,5 Millionen Euro.
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HSV-Vorstand Thomas Wüstefeld, der an diesem Freitagabend sowohl in einer internen Aufsichtsratssitzung als auch öffentlich den finalen Finanzierungsplan für die Stadionsanierung vorstellen will, hatte zuvor angekündigt: „Sollte der Transfer von Amadou Onana final umgesetzt sein, werde ich mich auf jeden Fall dafür einsetzen, dass wir dem Wunsch der sportlich Verantwortlichen nachkommen und Geld für weitere Neuzugänge zur Verfügung stellen.“ Heißester Kandidat ist weiterhin Flügelspieler Jean-Luc Dompé (26) vom belgischen Erstligisten Zulte Waregem.