Hamburg. Die beste Verteidigung der Vorsaison sorgt auch für den Sieg gegen Heidenheim. Luft nach oben haben die Hamburger in anderen Bereichen.

Tim Walter sagte es. Sebastian Schonlau sagte es. Frank Schmidt sagte es gleich zweimal. Und auch Robert Glatzel und Daniel Heuer Fernandes benutzten das Wort, das noch nicht einmal im Duden steht: wegverteidigt. Es war am Sonnabend das Synonym für den Sieg des HSV gegen den 1. FC Heidenheim. Mit 1:0 (1:0) hatten die Hamburger ihr Heimspiel gewonnen und dabei vor allem eines gemacht: erfolgreich wegverteidigt.

HSV-Sonderlob für Abwehrschef Schonlau

„Die ganze Abwehr hat alles wegverteidigt“, sagte HSV-Stürmer Glatzel, der mit seinem Kopfballtor in der 42. Minute das zweite Synonym für den zweiten Saisonsieg war. Neben Glatzels Köpfchen, das schon am ersten Spieltag in Braunschweig spielentscheidend war, durften sich am Sonnabend aber vor allem seine Hintermänner viel Lob abholen. Insbesondere Kapitän Schonlau stach aus einer kollektiv starken Abwehrleistung heraus. „Bascho war heute Weltklasse, den muss man hervorheben“, sagte Glatzel.

Trainer Walter lobte dagegen die gesamte Mannschaft für ihren Einsatz gegen den Ball. „Mit welcher Wucht wir verteidigt haben, war aller Ehren wert“, sagte der 46-Jährige, der seinen Spielern zur Belohnung einen freien Sonntag spendierte.

Mit nur einem Gegentor in drei Spielen macht der HSV wieder da weiter, wo er in der vergangenen Saison aufgehört hatte, als Walters Team in 34 Spielen nur 35 Gegentore kassierte. „Wir waren die beste Mannschaft gegen den Ball mit den wenigsten Gegentoren“, sagte Walter. „Und wir waren die Mannschaft, die die Standards am besten wegverteidigt hat.“ Da war es wieder, das „wegverteidigen“.

HSV ließ gegen Heidenheim viele Standards zu

Wegverteidigte hatte der HSV gegen Heidenheim insgesamt 15 Ecken. Die erste war gleich die beste von Jan-Niklas Beste, die FCH-Kapitän Patrick Mainka per Kopf beinahe zum 1:0 für die Gäste verlängert hätte, wenn HSV-Torhüter Heuer Fernandes nicht noch seine Arme hochgerissen hätte (10.).

Obwohl noch 14 weitere Heidenheimer Ecken folgen sollten, blieb es die einzige gefährliche Torchance für die Schwaben. „Mein erster Gedanke war, was wäre, wenn wir Schnatti noch hätten“, sagte Trainer Schmidt in einem Anflug von Sehnsucht nach dem langjährigen Heidenheimer Standard-König Marc Schnatterer. „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der HSV die Dinger wegverteidigt hat, gerade in der Luft. Das ist Wille und gutes Verhalten.“

Walter mit Seitenhieb Richtung HSV-Vorstand

Es war der Wille, den der HSV nicht nur in den Spielen gegen Heidenheim brauchen wird, wenn er sein großes Aufstiegsziel erfüllen will. „Es geht nur, wenn es ein Miteinander gibt. Alleine kann keiner etwas erreichen“, sagte Walter und könnte damit auch einen Seitenhieb Richtung Clubführung verteilt haben. Die Streitigkeiten zwischen den Vorständen Jonas Boldt und Thomas Wüstefeld, der das Spiel im Portugal-Urlaub verfolgte, sind aber offenbar noch nicht in der Mannschaft angekommen. „Das ist uns relativ egal“, sagte Mittelfeldspieler Maximilian Rohr relativ glaubwürdig.

Der 27-Jährige stand etwas überraschend anstelle von Neuzugang Laszlo Bénes in der Startelf und sorgte mit dafür, dass der HSV insgesamt stabiler verteidigte als in den ersten beiden Spielen in Braunschweig und gegen Rostock. „Wir wussten, dass die Heidenheimer gegen uns im Eins-gegen-eins über den gesamten Platz verteidigen werden. Dies haben wir durch unser Rochieren gut gelöst, haben durch die Rotationen Räume schaffen können und diese zu guten Chancen und auch zum entscheidenden Tor genutzt“, analysierte Rohr in seinem Vortrag, der jeden Taktik-Liebhaber erfreut hätte.

HSV-Konter zu ungenau ausgespielt

Trainer Walter hatte mit seiner Idee, Sonny Kittel und Ransford Königsdörffer ständig auf den offensiven Positionen rotieren zu lassen, vieles richtig gemacht. In der ersten Halbzeit erspielte sich der HSV gute Chancen, die Glatzel aber allesamt noch liegen ließ (6./18./25./35.), ehe er eine maßgeschneiderte Flanke von Linksverteidiger Miro Muheim aus fünf Metern über die Linie köpfte (42.). Es war Glatzels erstes Tor im dritten Versuch gegen seinen Ex-Verein Heidenheim, mit dem sich der 28-Jährige wieder an die Spitze der Torjägerliste setzte.

Der Rest des Spiels ist schnell erzählt: Der HSV verteidigte alles weg, was vor das Tor kam. Wenn Kittel, Königsdörffer oder die eingewechselten Bénes und Filip Bilbija die zahlreichen Konter besser ausgespielt hätten, wäre es auch nicht bis zum Ende so spannend geblieben.

Aber wenn der HSV immer so geschlossen gegen den Ball arbeitet, reicht eben auch mal ein Tor. „Wir haben uns mit aller Macht gewehrt, haben alles wegverteidigt“, sagte Heuer Fernandes. So sehr sich der Torhüter über die Abwehrarbeit freute, so sehr ärgerte er sich über das Zustandekommen der Standards. „Wir lassen grundsätzlich zu viele Standards zu. Heute 15 Ecken – auch in den Spielen davor. Das geht nicht.“

Doch am Ende war immer der Kopf von Schonlau oder seinem Nebenmann Mario Vuskovic dazwischen. Die beiden könnten im Verbund in dieser Saison zum Trumpf des HSV werden. Oder wie es Vuskovic sagte: „Wenn wir immer so kompakt stehen und verteidigen, dann sind wir nur sehr schwer zu schlagen.“

Schema:

  • HSV: Heuer Fernandes – Heyer (84. David), Schonlau, Vuskovic, Muheim – Meffert – Reis, Rohr (53. Bénes) – Königsdörffer (74. Opoku), Glatzel, Kittel (84. Bilbija)
  • 1. FC Heidenheim: Müller – Busch, Mainka, Maloney (65. Rittmüller), Föhrenbach – Beck (80. Kühlwetter), Schöppner – Beste (80. Thomalla), Pick (46. Sessa), Burnic (46. Schimmer) – Kleindienst
  • Schiedsrichter: Robert Hartmann (Wangen)
  • Videoschiedsrichter (VAR): Johann Pfeifer (Hameln)
  • Tor: 1:0 Glatzel (42.).
  • Zuschauer: 43.094.
  • Gelbe Karten: Rohr - Kleindienst, Mainka
  • Torschüsse: 12:15
  • Ecken: 2:15
  • Ballbesitz: 50:50 %
  • Zweikämpfe: 139:114