Hamburg. Die Freistellung des Sportdirektors ist unwirksam. Vor dem Arbeitsgericht kamen in der Verhandlung pikante Details ans Licht.

Jonas Boldt (40) hatte am Dienstagmorgen seinen Humor noch nicht verloren, als er gegen neun Uhr im Arbeitsgericht Barmbek erschien. "Gut, dass ich eine Krawatte anhabe", sagte der Sportvorstand des HSV in Anbetracht des Medieninteresses. Die Laune des 40-Jährigen erhielt wenige Stunden später einen herben Dämpfer. Das Arbeitsgericht erklärte, dass die Freistellung von Sportdirektor Michael Mutzel unwirksam ist.

Das bedeutet rein juristisch, dass der HSV Mutzel weiterbeschäftigen muss. In welcher Form wird in den kommenden Tagen geklärt werden. Gegen die Entscheidung kann der HSV nun noch Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg einlegen. Über die von Mutzel angestrebte Entfristung seines bis Juni 2023 gültigen Vertrages wird nach Abendblatt-Informationen erst bei der nächsten Güteverhandlung entschieden. Diese soll in drei Wochen über die Bühne gehen.

HSV News: Mutzel der strahlende Sieger vor Gericht

"Weder die Beurlaubung noch die Freistellung sind nach der Auffassung der entscheidenden Kammer wirksam. So konnte die HSV Fußball AG den Sportdirektor nicht gegen dessen ausdrücklichen Willen beurlauben. Zudem hatte das Arbeitsgericht Zweifel an der Wirksamkeit der im Arbeitsvertrag vereinbarten einseitigen Freistellungsmöglichkeit", hieß es in der Stellungnahme des Gerichts.

Zudem sah das Arbeitsgericht "auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein nachhaltig gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien, weil allein interne Abstimmungsschwierigkeiten und die Verweigerung der Teilung des Outlook-Kalenders hierfür nicht genügten".

Und weiter hieß es in der Stellungnahme des Gerichts: "Die besondere Eilbedürftigkeit für eine fortgesetzte Beschäftigung nahm die Kammer deshalb an, weil andernfalls ein weitergehender erheblicher Reputationsschaden beim Verfügungskläger zu befürchten ist."

HSV News: Mutzel stellte hohe Forderungen

Der vor zwei Wochen freigestellte Sportdirektor Michael Mutzel (42) klagt gegen den HSV, wollte eine einstweilige Verfügung gegen die Freistellung erwirken und im Idealfall eine Entfristung seines Vertrages durchbekommen. Boldt und Mutzel begrüßten sich auf dem Gang kurz, ehe sich beide Parteien mit ihren Anwälten besprachen.

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In den vergangenen Tagen versuchten der HSV und Mutzel, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Einen Durchbruch in den Gesprächen gab es aber nicht. Angeblich sollen die Forderungen der Mutzel-Seite zu hoch gewesen sein.

HSV: Mutzel soll E-Mail an Wüstefeld weitergeleitet haben

Wie in der Gerichtsverhandlung herauskam, forderte Mutzel eine Zahlung von mindestens zwei Brutto-Jahresgehältern – bis zu einer Million Euro sowie die Entfristung seines bis 2023 gültigen Vertrags. Das wollte der HSV nicht machen, also traf man sich nun vor Gericht.

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Und dort kamen durchaus spannende Details zutage. So wird als Kündigungsgrund die zu große Nähe zu HSV-Vorstand Thomas Wüstefeld angeführt. Der HSV wirft Mutzel, dessen Monatsgehalt in Höhe von 27.896 Euro pro Monat offengelegt wurde, vor, er habe ohne Abstimmung mit Boldt eine E-Mail an Wüstefeld "hinsichtlich eines Transfers" gesendet. Der Zweitligaclub führte ebenfalls an, dass Mutzel die sportliche Situation in der Vorsaison nutzen wollte, um sich durch die Nähe zu Wüstefeld als Nachfolger von Boldt in Position zu bringen.

Der HSV-Sportvorstand sprach von einem "Vertrauensverlust". Mutzels Anwalt nannte diesen Vorwurf "hanebüchen".

HSV-Trainerteam wollte Mutzels Freistellung in der Vorsaison

Ein weiterer Vorwurf des Vereins. Nach dem 0:1 in Kiel in der Vorsaison habe Mutzel ein "Eigenleben" entwickelt. Es sei zu einem erheblichen Vertrauensverlust innerhalb der sportlichen Führung gekommen. Laut Boldt habe das Trainer-Team um Trainer Tim Walter (46) in der Schlussphase der Saison gefragt, warum Mutzel nicht freigestellt wird. Obwohl der 42-Jährige bei den Spielen auf der Trainerbank nicht mehr willkommen gewesen sei, nahm Mutzel dort doch weiter Platz.

HSV News: Sportvorstand mit Seitenhieb gegen Mutzel

Doch die Schlammschlacht vor Gericht ging weiter. Als HSV-Sportvorstand Boldt erklärte, dass die Vertragsverlängerungen von Robert Glatzel (29), der Verbleib von Spielmacher Sonny Kittel sowie die Verpflichtung von Laszlo Bénes (24) erst vollzogen wurden, als er das "Zepter in die Hand genommen hat", brach Mutzel in Lachen und Kopfschütteln aus. Bereits um 10.20 Uhr endete die Verhandlung, die knapp drei Stunden später ein Urteil hervorbrachte, das Michael Mutzel zum großen Sieger im Gerichtssaal machte.

Doch ein weiteres Problem offenbarte diese Gerichtsverhandlung, in der interne Vorgänge und pikante Details zum Vorschein kamen, besonders. Das zerrüttete und wohl nicht mehr zu reparierende Innenverhältnis zwischen den beiden HSV-Vorständen Boldt und Thomas Wüstefeld, der ähnlich wie Aufsichtsratschef Marcell Jansen (36), wenig begeistert über die Freistellung von Mutzel gewesen sein soll.