Hamburg. Nach der Ankündigung einer schwarzen Null will HSV-Vorstand Wüstefeld die EM-Kosten für die Stadionsanierung senken.

Der Gipfel vor dem Gipfel fand am Donnerstagnachmittag im Volksparkstadion statt. An dem Ort, um den es am Freitagnachmittag beim Treffen zwischen dem HSV, der Stadt Hamburg und dem Europäischen Fußballverband (Uefa) geht. In einer internen Sitzung bereitete sich Vorstand Thomas Wüstefeld mit seinem Team auf die womöglich wichtigste Versammlung des Sommers vor. Wenn sich die drei Parteien treffen, geht es vor allem um eines: Geld. Viel Geld. Denn das wird der HSV brauchen, um das Volksparkstadion den Vorgaben der Uefa entsprechend zu sanieren, damit 2024 fünf Spiele der EM in Hamburg stattfinden können.

Allein für die Sanitäranlagen fallen Kosten von zehn Millionen Euro an. „Diese Anforderungen stehen im Leistungskatalog der Uefa, und damit müssen wir uns detailliert auseinandersetzen“, sagte Wüstefeld am Mittwochabend beim Gipfel der HSV-Mitglieder.

HSV: EM in Hamburg soll nicht garantiert sein

Auf der Mitgliederversammlung in der benachbarten q.beyond Arena im Volkspark machte Wüstefeld deutlich, dass die Austragung der EM-Spiele, die dem HSV fünf Millionen Euro einbringen würde, keinesfalls gesichert ist. „Ich kann es noch nicht final beantworten, aber wir werden alles dafür tun“, sagte Wüstefeld, der für seine offenen Worte von den Mitgliedern viel Applaus erhielt. Genauso wie für seine überraschende Ankündigung, dass der HSV das zum 30. Juni endende Geschäftsjahr mit einem ausgeglichenen Ergebnis abschließen wird.

„Wir werden erstmals seit zehn Jahren keinen Verlust machen“, sagte Wüstefeld am Rednerpult. Genau genommen wäre es sogar die erste schwarze Null seit elf Jahren. Noch vor wenigen Wochen hatte der Vorstand im Abendblatt-Interview ein ausgeglichenes Ergebnis „aufgrund der Corona-Nachwirkungen“ in diesem Jahr ausgeschlossen.

HSV-Stadion: Millionengipfel mit Uefa

Nun geht es für den HSV darum, beim Treffen mit der Uefa weitere Kosten zu sparen. Gemeinsam mit der Stadt will der Club den 90 Seiten langen Katalog detailliert durchgehen, um zu prüfen, auf welche nötigen Investitionen möglicherweise verzichtet werden kann. „Wir werden besprechen, ob wir auf das eine oder andere verzichten können, weil es ein hohes Investitionsvolumen mit sich bringt“, sagte Wüstefeld. Die Stadt hatte bereits mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie den HSV bei der Sanierung des Stadions mit keinem Cent mehr unterstützen wird.

Vor zwei Jahren hatte der Senat dem HSV das Stadiongrundstück abgekauft und dem Zweitligisten 23,5 Millionen Euro überwiesen, damit die notwendigen Sanierungsarbeiten durchgeführt werden können. Aber: „Es wurde versäumt, die eine oder andere Investition durchzuführen“, sagte Wüstefeld und kritisierte damit die Arbeit seines Vorgängers Frank Wettstein, der den HSV im Winter verlassen hatte. Zu einem Zeitpunkt, als der Club noch mit einem Bilanzminus von rund 15 Millionen Euro gerechnet hatte.

„Die Mission war bedrohlich“, sagte Wüstefeld ein halbes Jahr später. „Hinzu kam der Hinweis, dass wir Liquiditätsprobleme haben und eventuell Punkte, die die Fortsetzung der HSV Fußball AG gefährden könnten. Das Bild, was ich mir gemacht habe, war nicht schön“, sagte der 53-Jährige am Mittwochabend im Rückblick.

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HSV und die schwarze Null – wie geht das?

Wie Wüstefeld es geschafft hat, innerhalb eines halbes Jahres den Betrag so stark zu reduzieren, dass der HSV nun ein ausgeglichenes Ergebnis präsentieren kann, ist nicht eindeutig zu durchschauen. Schließlich wurden sowohl die 23,5 Millionen Euro der Stadt als auch die staatlichen Corona-Hilfen in Höhe von zehn Millionen Euro im Geschäftsjahr 2020/21 bilanziert, als der HSV ein Minus von 4,7 Millionen Euro verkündete.

Wüstefeld begründete das gute Ergebnis mit einer Reihe von Sparmaßnahmen, aber auch Einnahmen, die der HSV seit seinem Wechsel in den Vorstand Anfang Januar getätigt habe. Nach Abendblatt-Informationen konnte der HSV den Umsatz durch Zuschauereinnahmen wieder auf 86 Millionen Euro erhöhen.

Wüstefeld hatte das gesamte Unternehmen nach seinem Anteilskauf durchleuchtet, Kosten gesenkt, Verträge mit externen Dienstleistern gekündigt, neue Partnerschaften geschlossen. Zuletzt unter anderem mit dem Mineralölunternehmen Shell. Ein Deal, der dem HSV Geld brachte, aber auch viel Kritik der eigenen Mitglieder. Supporters-Chef Sven Freese bezeichnete die Partnerschaft als „unpassend“ und „reines Greenwashing“. Wüstefeld sah ein, dass die Kommunikation der Vereinbarung „nicht ganz glücklich“ gelaufen sei.

HSV-Stadion: Senkt Wüstefeld die Kosten?

Neben den neuen Partnerschaften, zu denen auch der Verkauf der Namensrechte am Volksparkstadion an Investor Klaus-Michael Kühne zählte, hätten vor allem zahlreiche Sparmaßnahmen zu dem überraschenden Ergebnis geführt. „Es sind Investitionen von mir eingefroren und gestrichen worden, die ich nicht für notwendig hielt“, sagte Wüstefeld und bemängelte zudem die hohe Gehaltsstruktur beim HSV. „Unsere Kosten sind Champions League und nicht Zweite Liga.

Umso wichtiger ist es, dass wir Kosten einsparen“, sagte der Unternehmer. Das konnte der Club auch erneut durch den verpassten Aufstieg in die Bundesliga. Hätte der HSV die Relegation gegen Hertha BSC gewonnen, wäre die Bilanz durch die dann fälligen Prämien negativ ausgefallen. Geholfen haben außerdem die nicht eingeplanten Zuschauereinnahmen im DFB-Pokal und in der Relegation.

Nun will Wüstefeld beim Gipfel mit der Uefa und der Stadt weitere Kosten für die Sanierung des Stadions reduzieren. Gleichzeitig will sich der Club sportlich so aufstellen, dass im fünften Anlauf die Rückkehr in die Bundesliga gelingen kann. Dafür werden weitere Investitionen in den Kader vonnöten sein.

„Wir wollen mit unseren Maßnahmen die Kosten senken und trotzdem unsere sportlichen Ziele erreichen“, sagte Wüstefeld über den schwierigen Spagat zwischen Sparen und Aufsteigen. Der Vorstand versicherte zum Abschluss: „Wir sind im Unternehmen auf einem sehr guten Weg.“ Einen wichtigen Schritt auf diesem Weg will der HSV beim Gipfel an diesem Freitag gehen.