Hamburg. Der talentierte HSV-Rechtsverteidiger war immer mal wieder im Fokus diverser Topclubs. Wie das Eigengewächs seine Zukunft sieht.

Während seine Vereinskollegen beim HSV am Dienstag in die Vorbereitung auf die richtungweisende Partie gegen den SC Paderborn einsteigen, stand für Josha Vagnoman (21) eine wichtige Partie an. Mit der deutschen U-21-Nationalmannschaft traf der gebürtige Hamburger gemeinsam mit Teamkollege Faride Alidou (20) in der EM-Qualifikation auf Israel.

Durch den 1:0-Sieg hat die Mannschaft von Cheftrainer Antonio Di Salvo (42) einen großen Schritt Richtung Endturnier geschafft, das 2023 in Georgien und Rumänien ausgetragen wird. Vagnoman stand in der Startelf und hat die volle Spielzeit gespielt. Teamkollege Alidou wurde in der 76. Minute eingewechselt.

HSV: Profi Vagnoman verpasste Olympische Spiele

Die Lust auf ein großes Turnier ist bei HSV-Profi Vagnoman besonders ausgeprägt. Die Olympischen Spiele in Tokio im vergangenen Jahr verpasste der Rechtsverteidiger mit einer schweren Muskelsehnenverletzung im Oberschenkel. Die Enttäuschung, daraus macht Vagnoman kein Geheimnis, war groß.

Und doch versuchte der gebürtige Hamburger positiv in die Zukunft zu schauen, wohl wissend, dass noch jede Menge sportliche Erlebnisse vor ihm liegen. "Ich gehöre nicht zu denen, die immer alles sofort haben müssen und oder sich nicht die nötige Zeit für etwas nehmen. Das kann ich schon. Im All­tag, aber auch auf den Fuß­­ball bezogen. Zuletzt musste ich nach meiner Ver­letzung ja auch Geduld be­weisen", sagt Vagnoman in einem Interview auf der Club-Homepage.

HSV News: Beachtliche Verletzungshistorie bei Vagnoman

Erfahrungen mit mehr und weniger schweren Verletzungen hat der talentierte Außenverteidiger zu Genüge. Mittelfußbruch, Knieentzündung, mehrere Bänderrisse, immer wieder muskuläre Probleme und zuletzt die Sehnenverletzung im Oberschenkel. Eine beachtliche Verletzungshistorie eines 21 Jahre alten Profisportlers. "Natür­lich ist es im ersten Moment – anders kann man es nicht aus­drücken – einfach scheiße. Aber wenn es passiert ist, dann kann man es ohnehin nicht mehr ändern, muss die Situation an­nehmen und das Beste daraus machen", sagt Vagnoman ganz pragmatisch.

Unterschiedliche Situationen annehmen musste Vagnoman während seiner Zeit schon häufiger. Aus dem eigenen Nachwuchs hat er den Sprung zu den Profis geschafft. Am 10. März feierte der damals 17 Jahre und 89 Tage alte Defensivspieler in der Allianz Arena beim 0:6 gegen Bayern München sein Profidebüt. Bis heute ist er der jüngste HSV-Bundesligaprofi in der Vereinsgeschichte. "Es ging damals wirklich schnell. Wenn diese Chance kommt, dann musst du zupacken, dich zeigen und dein Bestes geben. So wie es unsere vielen jungen Spieler jetzt auch machen", erklärt Vagnoman.

"Lustig zu sehen, wie erwachsen wir alle geworden sind"

Den Weg durch die HSV-Nachwuchsabteilung zu den Profis hat er mit vielen aktuellen Mitspielern beschritten. Das gemeinsame Ziel, irgendwann einmal Profispiele im Volksparkstadion zu bestreiten, hat die Youngster beim HSV zusammengeschweißt.

"Bei Faride Alidou konnte man schon in der Jugend sehen, dass er besondere Sachen kann, und das hat man sich auch über die Jahr­gänge hinweg erzählt. Oder bei Anssi Suhonen, mit dem ich in der U17 zusammen­gespielt habe und bei dem man damals schon gemerkt hat, dass er mehr kann als andere, dass er anders spielt und das gewisse Etwas hat. Aber trotzdem ist es schon lustig zu sehen, wie erwachsen wir alle in den letzten paar Jahren geworden sind", blickt Vagnoman zurück.

Mittlerweile gehört er trotz seiner Jugend zu den erfahreneren Spielern. Deshalb hat Vagnoman immer wieder ein offenes Ohr für die Spieler, die noch jünger sind und gerade das durchleben, was er vor ein paar Jahren selbst erlebt hat. Dabei geht es manchmal um ganz elementare Dinge wie den Umgang der Kabine. "Wie sollte man sich da verhalten, wie habe ich es damals gemacht, als ich neu dabei war? Dann gehe ich auf die Jungs zu. Oder wenn ich sehe, dass jemand extrem nervös ist, wenn er neu dabei ist. Ich denke schon, dass sie mir dann zuhören, wenn ich ihnen sage, wie ich damit umge­­gangen bin und dass meine Erfahrung ist, sich am besten keinen Kopf zu machen, sein Spiel zu spielen und es einfach zu genießen, dass man bei den Profis dabei ist."

Eine gewisse Nervosität, das sagt er auch den jüngeren Spielern, wird immer bleiben. Dieses Kribbeln, diese Anspannung, das Gefühl, in ein gut gefülltes Stadion einzulaufen. "Natürlich macht eine große Kulisse etwas mit einem, das lässt ja niemanden kalt, wenn du im Bus zum Stadion fährst, die vielen Menschen siehst, dann später ins Stadion ein­läufst und diese Stimmung spürst. Aber das sollte keinen Druck ent­fachen oder gar Angst. Das sollte pure Freude sein. Und genau das versuche ich den Jungs zu vermitteln: Genießt es, und gebt euer Bestes, dann habt ihr die Fans immer im Rücken", sagt Vagnoman.

Wie lange bleibt Vagnoman beim HSV?

Wie lange er noch die HSV-Fans im Rücken haben wird, ist noch unklar. Der Vertrag des Eigengewächses läuft noch bis Sommer 2024. In den vergangenen Transferperioden gab es immer mal wieder Wechselgerüchte. So sollen unter anderem Borussia Dortmund, der neureiche Premier-League-Club Newcastle United oder Olympique Marseille ein Auge auf den Youngster geworfen haben. Und das verwundert nicht. Große, schnelle und robuste Außenverteidiger, die auch eine gewisse Offensivstärke mitbringen, sind auf dem Markt extrem gefragt.

Hamburg, seine Perle – nur wie lange noch? "Hier ist meine Heimat, meine Familie, meine Kumpels. Hamburg und der HSV sind mein Alles. Und ich bin dem Club extrem dankbar dafür, wie man mit mir gearbeitet hat, welche Möglichkeiten man mir gegeben hat und was ich erreichen durfte", schwärmt Vagnoman und fügt an: "Mit allem anderen – auch was da immer mal an Gerüchten aufkam oder auf­kommt – beschäftige ich mich gar nicht. Unsere Saison mit dem HSV ist das, was mich interessiert."

Während die Wahrscheinlichkeit auf die Bundesliga in den vergangenen Wochen merklich zurückgegangen ist, will Vagnoman den Traum vom Aufstieg noch nicht begraben. "Die Liga ist so eng. In den vergangenen Jahren waren wir die Gejagten, hatten den größten Druck und konnten hinten heraus eigent­lich nur verlieren. Jetzt ist es mal anders­rum. Daher bin ich über­zeugt: Wenn wir alles rein­hauen und es schaffen, möglichst oft unser Spiel zu spielen und unsere beste Leistung abzu­rufen, dann werden wir am Ende auch in der Tabelle gut dastehen", sagt Vagnoman. Den Anfang müssen der Rechtsverteidiger und der HSV am Sonnabend gegen Paderborn machen.