Hamburg. Einige Zweitligisten sagten wegen der Corona-Lage und positiver Fälle ihr Trainingslager ab. Der HSV hält daran fest. Das hat Gründe.
Pünktlich um 14.36 Uhr landete der Charterflieger des HSV in Málaga, wo bereits der Mannschaftsbus wartete. Ein Spieler fehlte allerdings überraschend: Bakery Jatta (23) blieb zu Hause, der Gambier hat sich mit Corona infiziert. Das bestätigte der HSV.
Zunächst galt der Flügelstürmer als Verdachtsfall, nachdem in Vorbereitung auf das Trainingslager ein PCR-Schnelltest einen positiven Befund gebracht hatte. Ein zweiter PCR-Schnelltest fiel negativ aus – genauso wie sämtliche Antigen-Schnelltests. Am Sonntagabend sorgte das Ergebnis eines weiteren PCR-Tests für Klarheit. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Jatta ohnehin in freiwilliger häuslicher Quarantäne, diese wird nun zur Pflicht.
Kurios erscheint die Kommunikation des HSV in dieser Materie. Der Club teilte zunächst mit, dass Jatta einen verlängerten Urlaub genehmigt bekam und deshalb beim Trainingsauftakt fehlte. Dabei war der Profi zu diesem Zeitpunkt bereits positiv auf Covid-19 getestet worden, weshalb er auch keinen Kontakt zur Mannschaft hatte.
HSV ohne Bakery Jatta ins Trainingslager
Nun denn. 2700 Kilometer weiter südlich fuhr der Mannschaftsbus den HSV-Tross ins 107 Kilometer entfernte Sotogrande. Dort bereiten sich die Hamburger sieben Tage lang auf die restlichen 16 Saisonspiele der Zweiten Liga vor. Ein Trainingslager mitten in der vierten Corona-Welle, die durch die Omikron-Variante bestimmt wird. Ist das wirklich eine gute Idee?
Der HSV diskutierte diese Frage intensiv, entschied sich am Ende aber für eine Reise ins Ungewisse. Nach einer Abwägung aller Risiken waren die Verantwortlichen davon überzeugt, dass die Spieler in einem Quartier besser vor dem Virus geschützt sind als im häuslichen Umfeld, wo beispielsweise ungeimpfte Kinder in die Kita gehen und viele Kontakte haben.
„Wir haben im Hotel einen eigenen Flügel für uns. Das größte Argument für diese Reise war, dass die Gefahr, sich anzustecken, wahrscheinlich für die Jungs durch ihre Familien hier in Hamburg größer als in unserer Trainingslager-Blase wäre“, sagte Sportdirektor Michael Mutzel vor Kurzem dem Abendblatt.
HSV-Rivalen sagen Trainingslager wegen Corona ab
Dass man bei dieser Thematik auch eine andere Meinung haben kann, zeigten einige Zweitligisten. Schalke 04, der SV Sandhausen und nun auch Werder Bremen und Fortuna Düsseldorf haben ihr Trainingslager abgesagt. Wegen der aktuellen Corona-Lage, aber vor allem wegen mehrerer Infektionsfälle, von denen die Hamburger bis auf den ohnehin am Kreuzband verletzten Tim Leibold verschont geblieben sind.
„Man kann davon ausgehen, dass es (Corona; d. Red.) alle Mannschaften und die Gesellschaft betreffen wird, von daher sind wir froh, dass es so glimpflich ausgegangen ist“, sagte HSV-Trainer Tim Walter angesichts von nur einem Corona-Fall nach dem Weihnachtsurlaub.
HSV schottet sich im Trainingslager ab
Die Entscheidung des Clubs, ein Trainingslager im spanischen Hochrisikogebiet zu veranstalten, trägt der Coach mit – aus ganz pragmatischen Gründen. „Dort sind wir abgeschottet von allen anderen, wodurch es einfacher ist, die Jungs zusammenzuhaben und nicht jeden Abend zu denken: ,Oh, wenn sie heute was essen gehen oder unter vielen Menschen sind, könnte was passieren.'“
Im Hotel ist für die HSV-Delegation ein spezieller Gebäude-Flügel reserviert – mit eigenem Speisesaal. Die Plätze des „Santa Maria Polo Club“ stehen nur den Hamburgern zur Verfügung, trainiert wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Da die komplette Mannschaft geimpft ist, bleibt einzelnen Profis bei der Rückkehr nach Deutschland eine Quarantäne erspart.
Sollte die Region Andalusien, in der die Inzidenz binnen einer Woche von 371 auf 744 hochgeschnellt ist, während des Aufenthalts als Virusvariantengebiet eingestuft werden, wodurch sich auch Geboosterte ohne Ausnahme bei ihrer Rückkehr in eine 14-tägige Quarantäne begeben müssten, würde der HSV mit seinem Charterflieger vorzeitig abreisen.
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HSV-Ziel Spanien, der neue Corona-Hotspot
Spanien hatte im Herbst mit die niedrigsten Corona-Zahlen Europas. Doch die Sieben-Tage-Inzidenz erreichte zuletzt trotz hoher Impfquote Rekordwerte und lag bei 1086, nachdem Mitte Oktober noch ein Jahrestiefstwert von etwa 18 verzeichnet worden war. Die Zahl der Todesfälle ist in Spanien allerdings vergleichsweise gering, die Lage in den Krankenhäusern weitgehend unter Kontrolle.
Das Virus grassiert auch bei den Vereinen: „Covid-Alarm“, titelte die Zeitung „AS“ zuletzt. Nach einer Aufzählung des Madrider Blattes wurden nach der Rückkehr aus dem Weihnachtsurlaub bereits mehr als einhundert Profis der ersten Liga und ebenfalls mehr als einhundert Spieler der zweiten Liga positiv auf Covid-19 getestet.
Wie der HSV ins Trainingslager? Das macht die zweite Liga
Und dennoch bleibt Spanien in diesem Winter ein beliebter Trainingslagerort für deutsche Vereine. Der FC St. Pauli ist am Sonntag trotz der Corona-Infektion von Rechtsverteidiger Luca Zander an die Küstenstadt Benidorm gereist. Aufstiegsrivale 1. FC Heidenheim residiert vom 2. bis 9. Januar in Algorfa und Nordclub Holstein Kiel reist vom 10. bis 18. Januar nach Oliva (Provinz Valencia). Der Karlsruher SC ist trotz eines Corona-Falls (Name unbekannt) für acht Tage ins andalusische Estepona geflogen.
Aufsteiger Hansa Rostock bereitet sich zur selben Zeit im türkischen Belek auf die zweite Halbserie vor. Darmstadt 98 will das Teamgefüge vom 5. bis 8. Januar im nicht weit entfernten hessischen Gernsheim stärken.
Dagegen bleiben alle bayerischen Clubs (Nürnberg, Regensburg und Ingolstadt) zu Hause. Auch Hannover 96, der SC Paderborn, Erzgebirge Aue und Dynamo Dresden verzichten auf ein auswärtiges Trainingslager. Schon bald wird sich zeigen, welche Entscheidung die bessere war.