Hamburg. Neuer finanzieller Spielraum: Wie sich der HSV für den Transfermarkt rüstet. Neue Chance für Talente beim Trainingsauftakt.
Am Donnerstagvormittag herrscht wieder reger Betrieb auf dem Parkplatz vor dem Volksparkstadion. Spieler und Mitarbeiter des HSV werden in getrennten Autos nacheinander vorfahren und sich von Mannschaftsarzt Götz Welsch einen Nasen-Rachen-Abstrich entnehmen lassen. Die Probe auf das Coronavirus wird in einer mobilen PCR-Anwendung, die nicht größer als eine Brotbox ist, ausgewertet. Das Ergebnis liegt nach rund 45 Minuten vor. Bis dahin werden die meisten Spieler schon wieder zu Hause sein. Ein negatives Testergebnis ist gleichbedeutend mit einem Ticket für das Nachmittagstraining und der Erlaubnis, mit dem Rest der Mannschaft in Kontakt treten zu dürfen – mit Ausnahme eines Spielers.
Tommy Doyle (20) wird von der ganzen Aufregung, den Trainingsauftakt nach der elftägigen Winterpause so Corona-sicher wie möglich zu gestalten, gar nichts mitbekommen. Der in Manchester geborene Mittelfeldspieler darf in Absprache mit dem HSV vorerst in seiner Heimat auf der Insel bleiben. Hintergrund ist, dass sich der Leihspieler von Manchester City bei seiner Rückkehr nach Deutschland in eine 14-tägige Quarantäne begeben müsste, da Großbritannien vom Berliner Robert Koch-Institut (RKI) als Virusvariantengebiet eingestuft wird.
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Warum Doyle wohl nicht zum HSV zurückkehrt
Die entscheidende Frage, über die sowohl im Volkspark als auch in Doyles Umfeld und bei seinem Stammverein diskutiert wird, ist allerdings, inwiefern eine solche Quarantäne-bedingte Ausfallzeit überhaupt Sinn ergäbe. Am wahrscheinlichsten erscheint aktuell, dass die bislang unglücklich verlaufende Leihe zeitnah vorzeitig beendet wird. Der abschlussstarke zentrale Mittelfeldspieler kam in der laufenden Saison erst enttäuschende 71 Zweitligaminuten zum Einsatz. Da Trainer Tim Walter auch in Zukunft andere Spielertypen für sein System bevorzugen wird, könnte nun ein Schlussstrich unter die Akte Doyle gezogen werden. Auf Instagram hat der Profi bereits die Informationen entfernt, dass er vom HSV ausgeliehen ist.
Um eine erneute Leihe zu einem anderen Verein nicht zu gefährden, könnte der frühere Kapitän von Manchester Citys U23 auf der Insel bleiben und sich eine Quarantäne in Deutschland sparen. An Interessenten aus der Championship, der zweiten englischen Liga, soll es nicht mangeln. Kolportiert werden die Clubs Swansea City, FC Blackpool und der abstiegsgefährdete FC Barnsley.
Wie der HSV Doyle und Alidou ersetzen will
Sollte Doyle tatsächlich nicht mehr nach Hamburg zurückkehren, würde sein eingespartes Gehalt finanziellen Spielraum für einen Neuzugang schaffen. Nach Abendblatt-Informationen würde der HSV Doyle nicht zwingend positionsgetreu ersetzen, da sich der Club im Zentrum gut aufgestellt sieht. Größeren Bedarf haben die Hamburger dagegen auf beiden offensiven Flügeln.
Zumal auf der linken Seite eine zusätzliche Vakanz entstehen könnte. Denn mit Faride Alidou (20) bemüht sich der HSV, einen weiteren Spieler abzugeben. Nachdem das dribbelstarke Eigengewächs bekannt gegeben hat, seinen im Sommer auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern, will Sportvorstand Jonas Boldt die letzte Möglichkeit nutzen, um noch eine Ablöse zu kassieren.
Ein erstes Gespräch mit Eintracht Frankfurts Sportvorstand Markus Krösche, zu dessen Club Alidou voraussichtlich wechseln wird, hat es bereits gegeben. Von einer finanziellen Annäherung – der HSV hofft auf rund 500.000 Euro – sind beide Seiten allerdings noch weit entfernt. Eine schnelle Lösung gilt deshalb als unwahrscheinlich. Klar ist aber auch, dass der HSV Planungssicherheit braucht, wie der Kader in der Rückrunde aussehen wird, weshalb der Alidou-Poker nicht bis Ende Januar aufgeschoben werden soll. Beim Trainingsauftakt wird der Youngster erst einmal mit dabei sein – und sehr wahrscheinlich auch beim Trainingslager vom 2. bis 8. Januar in Sotogrande (Andalusien).
HSV-Talente bekommen neue Chance
Neben Alidou werden auch weitere Talente aus dem eigenen Nachwuchs im Vorbereitungscamp aufdribbeln. Für den Charterflug sind allerdings noch nicht alle Tickets final vergeben. Die größten Hoffnungen dürfen sich Bent Andresen (18/linker Verteidiger), U-19-Kapitän Elijah Krahn (18/defensives Mittelfeld), Felix Paschke (18/zentrales Mittelfeld) und Luis Seifert (17/Innenverteidiger) machen. Wie viele Youngster bei den Profis dabei sein werden, hängt auch von der Verletztensituation ab, weshalb Andresen die besten Chancen haben dürfte.
Denn Außenverteidiger Josha Vagnoman (21) ist nach seinem Sehnenriss noch immer nicht voll belastbar. Der U-21-Europameister, der bis auf 14 Minuten gegen Stadtrivale St. Pauli (2:3) die komplette Hinrunde verpasst hat, soll im Laufe des Trainingslagers langsam an die Mannschaft herangeführt werden. Ein ähnliches Ziel verfolgt auch Stephan Ambrosius (23). Ob der zweikampfstarke Innenverteidiger 250 Tage nach seinem Kreuzbandriss körperlich schon so weit ist, mit nach Spanien zu reisen, ist allerdings noch offen.
Wieder voll ins Mannschaftstraining einsteigen sollen dagegen Torhüter Daniel Heuer Fernandes (29/Kapselverletzung) und Maximilian Rohr (26/komplexe Muskelverletzung).
Während mit Heuer Fernandes ein unumstrittener Leistungsträger zurückkehrt, der in Kürze seinen auslaufenden Vertrag verlängern soll, befindet sich Rohr in einer anderen Situation. Der Defensivspieler, dem Trainer Walter auch Qualitäten auf der Acht im zentralen Mittelfeld attestiert, kämpft die kommenden sechs Monate um seine letzte Chance beim HSV. Auch sein Vertrag läuft im kommenden Sommer aus, eine Verlängerung gilt derzeit als eher unwahrscheinlich.
Zwei weitere HSV-Profis vor Abgang
Auch bei Außenverteidiger Jan Gyamerah (26) und Angreifer Manuel Wintzheimer (22), die nur noch bis Saisonende einen gültigen Kontrakt besitzen, deutet alles auf eine Trennung Ende Juni hin. Zunächst einmal dürfen sich beide Profis, deren Entwicklung zuletzt stagnierte, aber beim Trainingsauftakt und beim anschließenden Vorbereitungscamp in Andalusien beweisen.
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Dort schnellte die Sieben-Tage-Inzidenz binnen einer Woche zuletzt von 340,8 (22. Dezember) auf nun 620,2 in die Höhe. Dank seines vorbildlich funktionierenden Hygienekonzepts sieht sich der HSV gerüstet für die Reise ins Hochrisikogebiet. „Wir haben im Hotel einen eigenen Flügel für uns. Das größte Argument für diese Reise war, dass die Gefahr, sich anzustecken, wahrscheinlich für die Jungs durch ihre Familien hier in Hamburg größer als in unserer Trainingslager-Blase wäre“, sagte Sportdirektor Michael Mutzel dem Abendblatt.
Doch vor dem Eintritt in diese Blase muss jeder Spieler den Corona-Test am Donnerstag bestehen – mit einem negativen Ergebnis.