Hamburg. Die finanzielle Lage bringt Einschränkungen auf dem Transfermarkt mit sich. Die Kaderplanung fokussiert sich auf den Sommer.
Noch fünfmal spielen, dann ist Weihnachten. Oder wie man beim HSV hofft: noch fünfmal siegen, dann ist Bescherung. So einfach lautet der sportliche Fahrplan des HSV für die kommenden Wochen bis zum Fest.
Beginnend mit zwei Heimspielen gegen die bayerischen Mannschaften Jahn Regensburg (Sonnabend, 13.30 Uhr) und FC Ingolstadt (28. November) wird dieser Zeitraum darüber Aufschluss geben, was für die Hamburger nach Weihnachten in dieser Saison noch möglich ist. Vier Heimsiege vor der Winterpause – und der HSV hätte den Anschluss an die Aufstiegsränge wieder hergestellt.
Verzichtet der HSV auf Transfers?
Doch nicht nur sportlich werden die kommenden Wochen für die kurzfristige Zukunft des HSV von großer Bedeutung sein. Auch finanziell muss sich der Club auf seine Ziele verständigen, wenn Ende November die Aktionäre zur Hauptversammlung zusammenkommen und der Finanzausschuss im Aufsichtsrat durch das Ausscheiden der Kontrolleure Felix Goedhart und Michael Krall neu besetzt wird.
Dann werden auch die sportlichen Verantwortlichen um Sportvorstand Jonas Boldt und Sportdirektor Michael Mutzel darüber im Klaren sein, ob sie im Winter finanzielle Möglichkeiten für die Kaderverstärkung zur Verfügung bekommen – oder nicht.
Aktuell deutet vieles darauf hin, dass der HSV in der Wintertransferperiode auf Neuverpflichtungen verzichten wird. Weil eben kein finanzieller Spielraum da ist. Die vor einer Woche veröffentlichte Bilanz des abgelaufenen Geschäftsjahres hat das noch einmal deutlich gemacht. Möglich wären maximal günstige Leihgeschäfte, sollte sich die Personallage etwa durch Verletzungen oder unerwartete Abgänge bis Ende Januar noch verändern. Aktuell sieht man beim HSV aber keinen Korrekturbedarf im Kader.
HSV hat aus Transfers gelernt
Durch die zeitnahe Rückkehr von Außenverteidiger Josha Vagnoman (20) ist die Mannschaft trotz des Langzeitausfalls von Vizekapitän Tim Leibold aktuell auf allen Positionen doppelt besetzt. Zudem will der HSV den eingeschlagenen Weg fortsetzen und den Jungprofis wie Anssi Suhonen, Faride Alidou oder Jonas David keine zusätzliche Konkurrenz vor die Nase setzen.
Das ist auch eine Lehre aus den Wintertransfers der vergangenen Jahre, insbesondere der Saison 2019/20. Damals untermauerte der HSV seine Aufstiegsambitionen in der Winterpause mit den zusätzlichen Transfers von Joel Pohjanpalo, Louis Schaub und Jordan Beyer mehr als deutlich. Die Folge waren vor allem frustrierte Spieler im zu großen Kader – und am Ende eben auch der Nichtaufstieg.
Am grundsätzlichen HSV-Ziel hat sich auch nach einem weiteren verpassten Aufstieg nichts verändert. Die eigene Erwartungshaltung ist aber eine andere. „Der Wille und Anspruch aufzusteigen ist da, wir wollen es, aber es gibt kein Muss“, sagte Sportvorstand Jonas Boldt in der „Welt“ und macht klar: „Wir wollen uns entwickeln, uns Zeit geben. Und jetzt gehen wir diesen Weg noch konsequenter als in der vergangenen Saison.“
Spannende Kaderplanung des HSV im Sommer
Während der HSV im Winter also allenfalls kurzfristig auf die Möglichkeiten des Markts reagieren wird, fokussiert sich die Kaderplanung bereits auf den Sommer. Dann laufen die Verträge von Torhüter Daniel Heuer Fernandes (29), Stürmer Manuel Wintzheimer (22), Verteidiger Jan Gyamerah (26) und Flügelstürmer Alidou (20) aus. Die Verlängerung des Eigengewächses hat dabei die höchste Priorität.
Mit Heuer Fernandes würde der HSV nach dessen starken Auftritten gerne weitermachen, wartet aber noch ab. Im Fall Wintzheimer gab es noch keine Gespräche. Nach vier Jahren deutet sich eine Trennung im Sommer an. Der vom HSV erhoffte Entwicklungssprung blieb in der Hinrunde bislang aus.
Gyamerah vor Abschied beim HSV
Auch bei Gyamerah stehen die Zeichen auf Abschied. Der HSV würde dem Außenverteidiger keine Steine in den Weg legen, wenn in der Winterpause ein Angebot eingeht. Die Verantwortlichen sehen Gyamerahs Defensivverhalten kritisch. Das hat mittlerweile auch Trainer Tim Walter erkannt. Gleichzeitig weiß die sportliche Leitung auch, dass der auf beiden Außenpositionen in der Viererkette einsetzbare Abwehrspieler in der Rückrunde noch gebraucht werden könnte.
Nach einem neuen Außenverteidiger will sich der HSV im Winter daher nicht umschauen – Stand jetzt. Mit Leibold-Vertreter Miro Muheim sind die Verantwortlichen trotz seiner Probleme in manchen Spielphasen zufrieden. Die internen Daten zu intensiven Läufen und zur geringen Anfälligkeit über seine Seite stützen die Einschätzung.
HSV-Transfers: Oder kommt doch alles anders?
So wird der HSV im Winter aller Voraussicht nach seinen Sparkurs fortsetzen. Mit Erleichterung wird Finanzvorstand Frank Wettstein am Dienstag die Nachricht aufgefasst haben, dass in Hamburg keine Reduzierung der Zuschauerkapazität beschlossen wurde. Somit hat der HSV noch Chancen, den kalkulierten Schnitt von 30.000 in dieser Saison zu schaffen.
Schließlich kommen in der Rückrunde noch der FC Schalke 04, der FC St. Pauli und Werder Bremen in den Volkspark. Der HSV plant für das laufende Geschäftsjahr mit einer Umsatzsteigerung von 40 Prozent.
Ob die finanzielle und sportliche Planung tatsächlich so aufgeht, hängt allerdings noch stark von den kommenden Wochen und Ergebnissen ab. Wer den HSV kennt, der weiß, dass diese die Lage schnell verändern können – und Weihnachten besonders im Volkspark gerne mal eine Überraschung mit sich bringt.