Hamburg. Wegen steigender Corona-Zahlen drohen auch den Proficlubs schärfere Regeln. St. Paulis Fans für 2G plus – was passiert beim HSV?

Wenn Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher an diesem Dienstag um 12.30 Uhr im Rathaus über die aktuelle Corona-Lage informiert, werden auch die Vertreter der Sportclubs dieser Stadt aufmerksam zuhören. Nachdem die Corona-Zahlen zuletzt rasant gestiegen sind, drohen neue Verschärfungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. So wird allgemein erwartet, dass die 2G-Regel flächendeckend ausgeweitet wird.

Eine Regel, die für die Besucher von Heimspielen der größten Zuschauermagneten der Stadt, die beiden Fußball-Zweitligisten HSV und FC St. Pauli, die Handballer des HSV Hamburg und die Basketballer der Hamburg Towers, bereits gilt.

Corona: Kommt 2G plus beim HSV?

Deshalb hat das Gesundheitsamt Altona dem HSV für das kommende Heimspiel am Sonnabend gegen Regensburg signalisiert, dass es keine zusätzlichen Verschärfungen zum genehmigten 2G-Modell geben werde.

Dennoch muss sich auch der Sport perspektivisch mit Einschnitten in das Ticketing auseinandersetzen. So verfestigt sich zunehmend der Eindruck, dass mancherorts das Modell 2G plus eingeführt werden könnte. Das hieße, Geimpfte oder Genesene bräuchten zusätzlich noch einen tagesaktuellen Corona-Test.

St. Paulis Fans für 2G plus

Beim FC St. Pauli ist dies kein bedrohliches Szenario, ganz im Gegenteil. „Da ein 2G-plus-Modell natürlich noch mehr Sicherheit bietet, wäre das aus unserer Sicht eine sinnvolle Regelung“, sagt Sven Langner vom Fanladen. „In Teilen unserer Fanszene ist es schon gelebte Praxis, vor dem Besuch des Stadions einen zusätzlichen Corona-Test zu absolvieren. Dieses eigenverantwortliche Handeln finden wir sehr gut und vorbildlich. Und auch wir rufen vor den Spielen über unsere sozialen Medien dazu auf, dass die Menschen sich vor dem Stadionbesuch testen lassen.“

Der Zweitliga-Spitzenreiter kommuniziert vor den Spielen auch nicht, wie viele Karten er in den Verkauf gibt, um als Veranstalter selbst entscheiden zu können, welche Auslastung als unbedenklich erachtet wird.

Klar ist: Durch das föderale System können einzelne Bundesländer unterschiedliche Regelungen treffen. Hamburg könnte also das 2G-plus-Modell in Eigenregie einführen. Im Unterschied dazu sind die Bundesländer an Bundesrecht gebunden, was die Durchsetzung von 2G-Regeln auch für die Spielfelder angeht, wie es St. Paulis Präsident Oke Göttlich bereits gefordert hat. Da es sich bei Profisportlern um Arbeitnehmer handelt, müsse das Recht auf Ausübung der beruflichen Tätigkeit so lange frei zugänglich gewährleistet bleiben, bis die Gesetzgebung das neu regelt.

Geisterspiele beim HSV?

Beim HSV will sich offiziell noch keiner auf 2G plus vorbereiten. Doch wie das Abendblatt erfuhr, laufen hinter den Kulissen bereits Gespräche, was eine solche Maßnahme für die Organisation der Einlasskontrollen bedeuten würde. Mit Geisterspielen (wie in den Niederlanden gerade verordnet) rechnet derzeit dagegen keiner der Verantwortlichen in Sport und Politik, da so ein gravierender Einschnitt für Geimpfte und Genesene von der künftigen Regierung im Bund als juristisch nicht tragbar eingestuft wird.

Ein HSV-Update vom Dienstag:

Auch Hamburgs Sportstaatsrat Christoph Holstein, der am Montagvormittag mit den Staatsräten der anderen Ressorts konferierte, ließ durchblicken, dass die Rückkehr von Geisterspielen aktuell weder geplant noch gewollt sei. Sollten die Aussagen der Spitzenpolitiker plötzlich durch exorbitant steigende Infektionszahlen überholt werden, käme ein Geisterspiel-Beschluss einer finanziellen Katastrophe für alle betroffenen Clubs gleich. Der vom HSV anvisierte Schnitt von 30.000 Zuschauern wäre nicht mehr zu halten – und das nächste millionenschwere Minus perfekt.

HSV-Ultras diskutieren Stadion-Rückkehr

Um diesen ambitionierten Zuschauerschnitt zu erreichen, müssten von nun an stets mindestens 34.000 Fans ins Volksparkstadion kommen, da bei den ersten vier Heimspielen in dieser Saison coronabedingt nicht einmal die Hälfte der 57.000 Plätze belegt werden durfte. Doch gegen Regensburg wurden bislang erst etwas mehr als 20.000 Karten verkauft. Und das, obwohl die Ultras im Hintergrund über ihre geschlossene Rückkehr in die Arena diskutieren.

Nach Abendblatt-Informationen hat die aktive Fanszene zwar noch nicht final entschieden, ob sie ihren Stimmungsboykott beendet, doch die Wahl soll noch diese Woche getroffen werden. Die Ultras wollen zunächst abwarten, welche politischen Maßnahmen am Donnerstag auf der Ministerpräsidentenkonferenz und der anschließenden Sitzung im Bundestag beschlossen werden.

Warum HSV-Ultras im Stadion vermisst werden

Beim Heimspiel gegen Regensburg kommt es bereits zu einer Entschärfung der in Fankreisen kritisch gesehenen personalisierten Tickets. Personalien müssen beim Kauf zwar angegeben, beim Einlass aber nicht mehr kontrolliert werden. Größter Knackpunkt aus Sicht der Ultras ist weiterhin das 2G-Modell, durch das auch Personen ausgeschlossen werden, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können.

Doch den treuen Nordtribünen-Fans ist bewusst, dass es in diesem Winter einen größeren Wegfall von coronabedingten Einschränkungen im Stadion nicht geben wird. Deshalb wird erwartet, dass sich die Ultras noch diese Woche final positionieren, ob sie der Arena entweder bis zum Ende der Pandemie fernbleiben oder ob sie sofort zurückkehren. Und so fiel die Entscheidung der HSV-Ultras aus.

Als zusätzliche Motivationsspritze für einen solchen Schritt dürfte die aktuelle Gemütslage über die aktive Fanszene dienen. Denn während ihres Stimmungsboykotts haben die Ultras sogar an Image gewonnen. Vielen Stadionbesuchern ist aufgefallen, wie sehr die Stimmung ohne organisierten Support leidet. Zudem fehlt ein Regulativ gegen Pfiffe oder allgemeines Fehlverhalten auf den Rängen, wie es zuletzt häufig zu beobachten war. Klar ist aber auch: Die Ultras bleiben eine Subkultur und werden in Zukunft auch wieder negativ auffallen. Doch dafür müssen sie erst einmal wieder geschlossen ins Stadion kommen.

Hamburg Towers kämpfen um ihre Fans

Bei den Hamburg Towers war die Stimmung auf den Rängen zuletzt wieder hervorragend, deshalb sind die Verantwortlichen des Basketball-Teams grundsätzlich bereit, einen höheren Aufwand in Kauf zu nehmen, damit weiter Zuschauende zu den Spielen kommen können, wie Geschäftsführer Jan Fischer dem Abendblatt sagte. Aber er fordert auch: „Sollten die Regeln für die Durchführung von Veranstaltungen ausgeweitet werden und dadurch ein höherer Aufwand entstehen, erwarten wir Unterstützung von der Stadt.“

Außerdem stelle sich die Frage, ob alle Fans den Mehraufwand bei 2G plus mit den zusätzlichen Corona-Tests mitgehen würden. Derzeit ist bei den Ligaspielen unter 2G-Bedingungen eine Kapazität von 2950 Zuschauern (statt 3400) möglich. Einige Plätze bleiben frei, da auf den Stehrängen Abstände eingehalten werden müssen, genau wie hinter den Ersatzbänken (dort gilt 3G).

Corona: HSV Hamburg will keine Maskenpflicht

Die Handballer des HSV Hamburg (HSVH) wiederum haben für das Heimspiel gegen den TBV Lemgo an diesem Sonnabend bereits rund 3300 der 3570 möglichen Tickets in der Sporthalle Hamburg unter der 2G-Regelung verkauft. „Wir funktionieren mit 2G, haben das über eine lange Zeit ausprobiert. Das ist für uns die richtige Option. Wenn es aber zu einer 2G-plus-Regelung käme, würden wir aufgrund der aktuellen Situation nicht die Augen davor verschließen“, sagt HSVH-Geschäftsführer Sebastian Frecke.

Zurzeit sei er aber guter Dinge, dass der Verein bei einer 2G-Variante bleiben kann. „Ich glaube, dass zunächst einmal andere Veranstaltungen von 3G auf 2G nachziehen müssen. Wir sind gut aufgestellt mit unserem 2G-Modell und hoffen, dass die Stadt Hamburg das auch so sieht. Sollte es zu einer Verschärfung kommen, wären wir aber bereit, unser Modell zu ändern, weil wir die Zuschauer weiterhin brauchen.“

Im Falle einer 2G-plus-Regelung würde der Verein prüfen, ob er, wie bei einem Modellversuch im vergangenen Sommer, vor der Halle erneut eine Corona-Schnellteststation einrichten lässt, erklärt Frecke. „Wir arbeiten auch eng mit einem Labor zusammen, sodass ich mir keine Sorgen mache, dass wir eine 2G-plus-Regelung nicht organisiert bekämen“, sagt er. Eine Wiedereinführung der Maskenpflicht in der Halle unter 2G-Bedingungen, so wie sie der THW Kiel beschlossen hat, steht für den HSVH nicht zur Diskussion.