Hamburg. Der Umsatzerlös der Fußball AG sind um mehr als 40 Prozent eingebrochen. Ohne öffentliche Gelder hätte es düster ausgesehen.

Bestimmt war es nur Zufall, dass am Tag der Jahresabrechnung des HSV auch der Bund der Steuerzahler (BdSt) Hamburg sein Schwarzbuch 2021 veröffentlicht hat. Der Zweitligaclub spielt darin eine Hauptrolle – als Fall allzu laxen Umgangs mit Steuergeldern. Die Stadt hatte es beim Kauf des Stadiongeländes für 23,5 Millionen Euro versäumt, den HSV vertraglich zu verpflichten, das Geld wie geplant für die Sanierung des Stadions zur Fußball-EM 2024 aufzuwenden. So könne der Club das Geld ungestraft auch für Spielergehälter oder Abfindungen ausgeben, kritisiert der BdSt.

Wie dringend der HSV auf die öffentliche Finanzspritze angewiesen ist, wurde vier Stunden später deutlich, als die Bilanz der Fußball AG für das Geschäftsjahr 2020/21 vorlag. Der Verkauf des Stadiongrundstücks an die Stadt und die Corona-Finanzhilfen seien "elementar für die Krisenbewältigung gewesen", gestand der scheidende Finanzvorstand Frank Wettstein in einem beigepackten Interview: "Mit diesen Lösungen konnten wir weiterhin die Verschuldung reduzieren und unser Eigenkapital aufrechterhalten."

Trotz öffentlicher Gelder: HSV schließt Geschäftsjahr 2020/21 mit Millionen-Minus ab

Gute Zahlen konnte Wettstein allerdings auch bei seinem letzten HSV-Jahresbericht nicht präsentieren: Zum elften Mal nacheinander hat der Club ein Geschäftsjahr mit einem Minus abgeschlossen – diesmal beträgt es 4,7 Millionen Euro. Vor allem bei den Einnahmen aus dem Ticketverkauf schlug die Geisterspiel-Saison ins Kontor: Der Erlös aus dem Spielbetrieb brach von 22,1 Millionen Euro in der bereits von Corona beeinträchtigten Vorsaison auf nur noch 567.000 Euro ein.

Weitere 3,7 Millionen Euro fehlen, weil der Stadionname nicht vermarktet werden konnte, und rund 5,2 Millionen Euro, weil das Stadion nicht für andere Veranstaltungen vermietet und keine Auswärtsreisen angeboten werden konnten. Insgesamt ging der Umsatz so um fast 40 Millionen auf nur noch 55,8 Millionen Euro zurück.

Geschäftsjahr2012/132013/142014/152015/162016/172017/182018/192019/202020/21
Umsatzerlöse116,7121,1128,1123,0122,1133,6126,095,755,8
Jahresergebnis–8,4–9,8–16,9–0,2–13,4–5,8–8,0–6,7–4,7
Verbindlichkeiten99,690,789,175,1105,585,591,374,269,4

Angaben in Mio. Euro

Mit 41,7 Prozent fiel der Umsatzeinbruch sogar noch höher aus als vor einem Jahr prognostiziert (minus 35 Prozent). Verglichen mit der letzten vorpandemischen Saison 2018/19 sind sogar mehr als 70 Millionen Euro Erlöse weggebrochen. Im selben Zeitraum hat der HSV seine betrieblichen Ausgaben um fast 50 Millionen Euro gesenkt. So gingen die Personalaufwendungen allein im Vergleich zur vergangenen Saison um etwa neun Prozent auf 40 Millionen Euro zurück. Ohne die Sparmaßnahmen "wäre die Krise nicht beherrschbar gewesen", sagte Wettstein.

Für die laufende Saison sei mit weiteren Einbußen zu rechnen. Er hoffe aber, "dass sich der nächste Jahresrückblick mit sportlichen Erfolgen und nicht mit der Pandemie beschäftigen muss". Immerhin darf der Club erstmals wieder eine Umsatzsteigerung um satte 40 Prozent erwarten.

Grund zur Hoffnung gibt, dass die Zuschauer in die Stadien zurückgekehrt sind und neben den Ticketing-Einnahmen auch die Erlöse aus Werbung, Merchandising und Catering wieder anziehen. Zudem seien die Transfererlöse allein im vergangenen Sommer höher ausgefallen als die 4,8 Millionen Euro der gesamten Vorsaison.

HSV befürchtet Einbruch bei TV-Erlösen

Teuer könnte den HSV aber der dritte Nicht-Aufstieg nacheinander bei der TV-Vermarktung zu stehen kommen. Hier sei "eine erhebliche Reduktion" zu befürchten, wie es im Lagebericht heißt. Zuletzt konnten die Einnahmen in diesem Sektor noch leicht um 0,4 auf 23,6 Millionen Euro gesteigert werden. Auch werde der Personalaufwand ein "unverändert hohes Niveau" haben. Anders gesagt: Bei den Ausgaben für Spieler- und Trainergehälter sowie Abfindungen sind keine Einsparungen geplant.

Zudem sei mit einem Einbruch bei den sonstigen betrieblichen Einnahmen "aufgrund des stark von Sondereffekten geprägten Geschäftsjahres 2020/21" zu rechnen. Ein Deal wie der Verkauf des Stadiongeländes ist nicht in Sicht – und auch die reichlich sprudelnden Corona-Finanzhilfen, die sich auf bis zu zehn Millionen Euro summieren könnten, dürften in absehbarer Zeit versiegen.

Auf eine konkrete Prognose legt sich der HSV nicht fest – zu sehr hängt die wirtschaftliche Entwicklung von der sportlichen ab. Aktuell macht der HSV als Tabellensiebter wenig Hoffnung auf den Aufstieg. Wer immer Wettstein nachfolgt, wird wohl erst einmal nichts Gutes zu berichten haben.

HSV-Jahresabschluss 2020/2021 – die Kennzahlen

Jahresfehlbetrag

4,7 Millionen Euro(Vorjahr: 6,7 Millionen Euro).

Umsatzerlös

55,8 Millionen Euro(Vorjahr: 95,7 Millionen Euro)

EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen)

12,5 Millionen Euro(Vorjahr: 13,8 Millionen Euro)

Eigenkapital/Quote (Verhältnis zur Bilanzsumme)

31,8 Millionen Euro/25,2 Prozent(Vorjahr: 34,4 Millionen Euro/25,1 Prozent)

Netto-Finanzschulden

48,9 Millionen Euro(Vorjahr: 45,0 Millionen Euro)

Erwartete Umsatzentwicklung fürs laufende Jahr

Plus 40 Prozent(Vorjahr: minus 35 Prozent)

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