Mit einer Defensivtaktik gewinnt der HSV das Topspiel beim VfL Bochum und ist auf einem Aufstiegsplatz. Doch es gibt kritische Fragen.

Alles, aber auch alles hatte seine Mannschaft wegverteidigt. Wann immer sich der VfL Bochum am Freitagabend dem Hamburger Tor näherte, prallte er ab wie an einer Gummiwand. Aber als der 2:0-Sieg (1:0) im Spitzenspiel der 2. Bundesliga besiegelt war und die Krise von fünf sieglosen Spielen überwunden, ging die Abwehrschlacht für Daniel Thioune erst richtig los.

Immer wieder musste der HSV-Trainer kritische Fragen abwehren: warum seine Mannschaft den Ball weitgehend dem Tabellenführer überlassen hatte, obwohl der seit der 35. Minute in Unterzahl war; warum man, wenn man einmal den Ball hatte, ihn so oft wieder leichtfertig abgegeben hat; und ob es nicht ein bisschen mehr Initiative braucht, soll der HSV nächste Saison endlich wieder erstklassig spielen.

Aber wie zuvor seine Mannschaft wusste sich auch Thioune gegen alles zu verteidigen, was da an Angriffen kam. "Nichts ersetzt Siege", sagte Thioune, "unterm Strich brauche ich Ergebnisse." Durch die Rote Karte für Danny Blum – er hatte Hamburgs 1:0-Torschützen Amadou Onana im Mittelfeld die Sohle in die Wade gerammt – habe sich taktisch auch gar nicht viel verändert. Thioune: "Wir mussten mit der Führung im Rücken nicht unbedingt mehr machen." Zumal Bochums Torhüter Manuel Riemann den Ball wie ein Feldspieler zu verteilen wusste und sich das mit der Überzahl dadurch relativiert habe.

HSV-Taktik in Bochum: Ball abgeben, Punkte behalten

Und so sei für seine Mannschaft die wichtigste Erkenntnis des Spiels diese gewesen: "Man muss nicht immer den Ball haben, um ein Fußballspiel zu gewinnen." Allzu oft erging es dem HSV ja ähnlich wie am Freitag den Bochumern: Spiel an sich gerissen, Punkte abgegeben (vgl. Aue, Fürth, Kiel). Da ist es einem Trainer umgekehrt doch lieber.

Es ist ja auch keineswegs so, dass der Sieg unverdient war. Ja, Bochum hatte 10:1 Ecken und häufiger den Ball – aber kaum einmal klare Chancen, wie sie der HSV bei seinen beiden Toren durch Onana (29.) und Khaled Narey (89.) erspielt hat. Weil die Hamburger sie schlicht nicht zugelassen haben. "Unabhängig von der Zahl der Spieler, die auf dem Feld waren: Ich finde, dass meine Mannschaft bravourös und sehr seriös verteidigt hat", sagte Thioune: "Wir haben alle Räume geschlossen, das war letztlich der Schlüssel zum Erfolg."

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Nichts anderes hatte der Trainer von seiner Mannschaft verlangt, sollen die Kritiker doch kritisieren. Nur das eigene Spiel nach vorn hat auch Thioune nicht gefallen. Da habe es an der nötigen Ruhe gefehlt, sei der Ball oft zu früh verloren gegangen. "Aber der Ertrag war auf unserer Seite, deswegen bin ich mit der Leistung einverstanden und würde sagen: Es war ein gutes Spiel."

Neun bräuchte der HSV noch, dann wird es am Ende mit dem Aufstieg ganz sicher klappen. Die Frage ist, ob es in den verbleibenden Spielen nicht wieder ein wenig mehr Fußball sein sollte und ein bisschen weniger Kampf.

Nächsten Sonnabend kommt der 1. FC Heidenheim in den Volkspark, eine spielstarke Mannschaft, die in der Vorsaison dem HSV den Relegationsplatz weggeschnappt hat. Aber spätestens danach wird man mit der Bochum-Taktik wohl nicht mehr weiterkommen.

Es braucht also taktische Optionen. Personelle gibt es. Kapitän Tim Leibold hat seine Sperre verbüßt und kehrt gegen Heidenheim zurück. Mittelfeld-Abräumer Klaus Gjasula feierte in Bochum seine Kalenderjahr-Premiere. Positionskollege David Kinsombi (muskuläre Probleme) wird alsbald zurückerwartet, die Innenverteidiger Rick van Drongelen und Toni Leistner machen im Aufbautraining Fortschritte. Und Matchwinner Onana, der am Freitag angeschlagen vom Platz musste, drehte am Sonnabend schon wieder seine Runden.

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Am Montag beginnt dann die Vorbereitung auf das Spiel gegen Heidenheim. Thioune ist sich sicher, dass seine Spieler die nächste Arbeitswoche zuversichtlicher angehen als die letzte: "Es ist ein gutes Gefühl, mal wieder ein Fußballspiel gewonnen zu haben. Das bestärkt uns in unserer Arbeit."