Hamburg. HSV will mit zwei bei seinen Fans beliebten Clubs zusammenarbeiten. Indes geht der Kampf um die Besetzung des Aufsichtsrats weiter.

In den vergangenen drei Wochen erschienen drei bemerkenswerte Texte, die sich mit der Zukunft des HSV beschäftigten. „Nachhaltiges Wirtschaften“, „Einfluss von Investoren“ und „Gesellschaftliche Verantwortung“ lauten die Überschriften der drei Aufsätze, die der Förderkreis Nordtribüne e. V. auf seiner Homepage veröffentlicht hat. Der Zusammenschluss aus den verschiedenen Ultragruppen und der aktiven Fanszene des HSV analysiert dabei, „wie sich das Unternehmen HSV Fußball AG in Zukunft aufstellen soll“.

Die Fangruppierung hätte sich keinen passenderen Zeitpunkt für ihre Diskussionsbeiträge aussuchen können. Denn wie sich der HSV in Zukunft aufstellen soll, darüber ist hinter den Kulissen des Zweitligisten einmal mehr ein Machtkampf entbrannt. In den Hauptrollen: das dreiköpfige Präsidium des HSV e. V., der zweiköpfige Vorstand der HSV AG und der fünfköpfige Aufsichtsrat, der diesen Vorstand kontrolliert. Und ob es ein Zufall ist oder nicht: Just an dem Tag, an dem sich die aktive Fanszene in ihrem jüngsten Beitrag dafür ausspricht, Führungspositionen beim HSV diverser zu besetzen, werden die Namen zweier Kandidatinnen für den Aufsichtsrat bekannt.

HSV: Schäfer als entscheidendes Pendel

Mit der ehemaligen Henkel-Vorständin und Adidas-Aufsichtsrätin Ka­thrin Menges (56) und der neuen Vorstandschefin der Syzygy-AG, Franziska von Lewinski (48), sind zwei Topmanagerinnen für die zwei offenen Posten im Aufsichtsrat im Rennen. Sie sollen auf Initiative der e.-V.-Vizepräsidenten Moritz Schäfer und Thomas Schulz dem Beirat vorgeschlagen werden. Präsident Marcell Jansen, seinesgleichen auch Aufsichtsratschef der HSV Fußball AG, präferiert dagegen zwei andere Kandidaten: Hans-Walter Peters von der Berenberg-Bank. Und eben Schäfer selbst.

An dieser Stelle wird es interessant. Denn schon jetzt deutet sich an, dass Schatzmeister Schäfer in dem gespaltenen e.-V.-Präsidium so etwas wie das entscheidende Pendel für die künftige Ausrichtung des HSV werden wird. Und es deutet sich an, dass es in diesem Richtungsmachtkampf einmal mehr nicht um die Frage geht, mit welchen Inhalten sich der HSV in Zukunft beschäftigen will, sondern wer in diesem Konstrukt die meisten Mitspieler an seiner Seite hat.

HSV: Boldt und Wettstein gegen dritten Vorstand?

Wer auf der nächsten Hauptversammlung der HSV AG im Frühjahr neben Jansen, Markus Frömming, An­dreas Peters, Felix Goedhart und Michael Krall in den Aufsichtsrat einzieht, darf mitentschieden, in welcher Konstellation der Vorstand des HSV besetzt wird. Mit Jonas Boldt (Sport) und Frank Wettstein (Finanzen) besteht das Führungsteam des Clubs seit der Freistellung von Bernd Hoffmann im März nur aus den beiden Managern, die sich den Vorsitz teilen. Doch wie lange bleibt das so?

Dass Boldt und Wettstein wenig Interesse daran haben, den Vorstand mit einem weiteren Mitglied zu teilen, zeigt das Beispiel Henning Bindzus (37). Dem zum Jahresende scheidenden Marketing-Direktor soll noch vor nicht allzu langer Zeit die Perspektive aufgezeigt worden sein, seinen Bereich künftig auch als Vorstand zu führen. Doch nachdem Bindzus im September die Verträge mit dem neuen Hauptsponsor Orthomol und dem Exklusivpartner Telekom aushandelte, teilte ihm Finanzvorstand Wettstein mit, dass sein zum Jahresende laufender Vertrag nicht verlängert wird. Stattdessen verpflichtete Wettstein, der den Bereich Marketing derzeit verantwortet, den 41 Jahre alten Philipp Mokrohs vom FC Bayern München als Nachfolger.

HSV vor Kooperation mit Glasgow und Kopenhagen

Wettstein konnte seine Position damit weiter stärken. Bindzus galt beim HSV intern noch immer als ehemaliger Vertrauter von Bernd Hoffmann. Uneins ist man sich zudem über die Frage, wer die neuen Sponsorendeals denn nun wirklich verantwortet hat. Bis zum Jahresende will Noch-Marketingdirektor Bindzus in jedem Fall noch mehrere Verträge abschließen.

Auch die Maskottchen von HSV (Dino Hermann, l.) und Glasgow Rangers verstehen sich blendend.
Auch die Maskottchen von HSV (Dino Hermann, l.) und Glasgow Rangers verstehen sich blendend. © Imago/Strussfoto

So steht der Club nach Abendblatt-Informationen vor einer Marketing-Kooperation sowohl mit dem FC Kopenhagen als auch mit den Glasgow Rangers. Zwei Projekte, die vor allem bei der aktiven Fanszene des HSV gut ankommen dürften, schließlich pflegen die Anhänger zu beiden Clubs seit Jahren eine enge Fanfreundschaft.

Ultras stoßen auf Gehör beim HSV

Doch um die inhaltliche Bewertung der Arbeit von Bindzus ging es bei dieser Personalie wohl ebenso wenig wie bei der Frage nach der Besetzung der Aufsichtsratskandidaten. Es geht mal wieder um Machtfragen. Und genau diese stehen dem HSV seit Jahren immer wieder im Weg. Auch deswegen wird die aktive Fanszene durch den Förderkreis Nordtribüne lauter. „Gerade beim HSV hat uns die Vergangenheit des Aufsichtsrats gelehrt, dass die immer gleichen Charaktere (mögen sie auch immer wieder andere Namen tragen), die vornehmlich durch ihre Seilschaften und Ränkespiele sowie die Produktion ihrer selbst und ihrer Egoismen auffallen, zu keiner kritischen Begleitung des Vorstandshandelns führen“, schreiben die Ultras in ihrem aktuellen Debattenbeitrag.

Es sind Worte, die beim HSV intern Gehör finden. Und die deutlich benennen, was noch immer schiefläuft in diesem Club. „Gibt es Wege aus der aktuellen Situation?“, fragt sich die Gruppierung. Die Zeit naht, dass die Verantwortlichen des HSV sie beantworten.