Hamburg. Aufstiegsfavoriten HSV und Hannover 96 in der Krise. Es gibt Parallelen, doch bei den Niedersachsen liegt noch mehr im Argen.

Daniel Thioune schweben schon wieder Gedanken über einige Änderungen durch den Kopf. Für das Nordduell am kommenden Sonnabend gegen Hannover 96 (13 Uhr/Sky und im Liveticker bei Abendblatt.de) deutet der HSV -Trainer die zehnte unterschiedliche Aufstellung im zehnten Spiel an. „Es kann sein, dass wir etwas verändern müssen“, sagt Thioune, der über seine Gedankenspiele gar nicht so glücklich wirkt. „Es wäre wichtig, dass ich mich einmal auf einen Stamm verlassen kann. Man will sich als Trainer gern an einer Achse orientieren.“

Eine Problematik, die er mit seinem Trainerkollegen Kenan Kocak teilt. Auch Hannovers Coach hat in den bisherigen neun Spielen neun verschiedene Aufstellungen gewählt. Die Gründe sind allerdings andere als beim HSV. Während Thioune seine Mannschaft gerne verändert und individuell dem Gegner anpasst, waren die vielen Wechsel in Hannover vor allem dem spät zusammengestellten Kader geschuldet. Patrick­ Twumasi und der slowenische Nationalspieler Jaka Bijol, beide als potenzielle Leistungsträger eingestuft, wurden erst kurz vor dem Saisonstart verpflichtet, der neue Abwehrchef Simon Falette sogar erst vor dem vierten Spieltag.

HSV-Gegner Hannover verpasste möglichen Terodde-Transfer

Die Wahl der Neuzugänge ist ohnehin das interne Reizthema und der Hauptgrund für die sportliche Krise in Hannover. Vor der Saison hatten sich Kocak, Präsident Martin Kind und Sportchef Gerhard Zuber auf einen personellen Umbruch geeinigt. Die Verträge der Führungsspieler Marvin Bakalorz, Edgar Prib, Felipe und Weltmeister Ron-Robert Zieler wurden gegen eine Abfindung von insgesamt 1,5 Millionen Euro aufgelöst. Im Gegenzug sollten zweitligaerfahrene Spieler verpflichtet werden.

Doch dieser Plan scheiterte gewaltig. Kocaks Wunschspieler, Angreifer Serdar Dursun und Mittelfeldabräumer Victor Pálsson von Darmstadt 98, waren Hannover zu teuer. Gleiches galt für Simon Terodde, an dem Hannover anfangs ebenfalls interessiert war. Der Club verpasste den Moment, als Teroddes Ex-Club 1. FC Köln signalisierte, sich an den Gesamtausgaben des Transfers zu beteiligen. Und so wechselte der Stürmer bekanntlich zum HSV – während Hannover mit Zwei-Tore-Mann Hendrik Weydandt zu Erstligakonditionen verlängerte.

HSV startet Vorbereitung auf Hannover:

HSV rückt Fokus auf Krisengipfel gegen Hannover

Können sich der HSV und Topstürmer Simon Terodde nach vier Spielen ohne Sieg wieder berappeln?
Können sich der HSV und Topstürmer Simon Terodde nach vier Spielen ohne Sieg wieder berappeln? © WITTERS | Leonie Horky
Trainer Daniel Thioune kündigte am Mittwoch vor dem Spiel gegen Hannover 96 Veränderungen im Kader an.
Trainer Daniel Thioune kündigte am Mittwoch vor dem Spiel gegen Hannover 96 Veränderungen im Kader an. © WITTERS | Leonie Horky
Trainer Daniel Thioune (l.) zeigt es an: Im Nordduell der Krisenclubs soll es für den HSV wieder aufwärtsgehen.
Trainer Daniel Thioune (l.) zeigt es an: Im Nordduell der Krisenclubs soll es für den HSV wieder aufwärtsgehen. © WITTERS | Leonie Horky
Weil Tom Mickel bis auf Weiteres verletzt fehlt, darf U-21-Torwart Leo Oppermann mitmachen.
Weil Tom Mickel bis auf Weiteres verletzt fehlt, darf U-21-Torwart Leo Oppermann mitmachen. © WITTERS | Leonie Horky
Klaus Gjasula packt mit an.
Klaus Gjasula packt mit an. © WITTERS | Leonie Horky
Nachwuchsmann Ogechika Heil (l.) wirft sich in den Schuss von Manuel Wintzheimer.
Nachwuchsmann Ogechika Heil (l.) wirft sich in den Schuss von Manuel Wintzheimer. © WITTERS | Leonie Horky
Spielmacher unter sich: Aaron Hunt (l.) im Privatduell mit Jeremy Dudziak.
Spielmacher unter sich: Aaron Hunt (l.) im Privatduell mit Jeremy Dudziak. © WITTERS | Leonie Horky
Jeremy Dudziak, Jonas David, Josha Vagnoman und Jan Gyamerah (v. l. n. r.) haben trotz zuletzt schwankender Leistungen ihren Spaß.
Jeremy Dudziak, Jonas David, Josha Vagnoman und Jan Gyamerah (v. l. n. r.) haben trotz zuletzt schwankender Leistungen ihren Spaß. © WITTERS | Leonie Horky
Kopf verdreht? Stephan Ambrosius (l.) ...
Kopf verdreht? Stephan Ambrosius (l.) ... © WITTERS | Leonie Horky
... muss sich von Daniel Heuer Fernandes, David Kinsombi und Khaled Narey (v. l. n. r.) etwas anhören.
... muss sich von Daniel Heuer Fernandes, David Kinsombi und Khaled Narey (v. l. n. r.) etwas anhören. © WITTERS | Leonie Horky
Ziemlich beste HSV-Freunde: Josha Vagnoman (l.) und Jonas David.
Ziemlich beste HSV-Freunde: Josha Vagnoman (l.) und Jonas David. © WITTERS | Leonie Horky
Moritz-Broni Kwarteng (M.), hier beim Einsatz gegen Sonny Kittel (r.), wartet noch auf sein Profidebüt. Links: Torwart Daniel Heuer Fernandes.
Moritz-Broni Kwarteng (M.), hier beim Einsatz gegen Sonny Kittel (r.), wartet noch auf sein Profidebüt. Links: Torwart Daniel Heuer Fernandes. © WITTERS | Leonie Horky
Josha Vagnoman (M.) im Grätschen-Sandwich zwischen Torwart Sven Ulreich (l.) und Ogechika Heil.
Josha Vagnoman (M.) im Grätschen-Sandwich zwischen Torwart Sven Ulreich (l.) und Ogechika Heil. © WITTERS | Leonie Horky
Bakery Jatta (M.) will Sonny Kittel (l.) an der Volley-Abnahme hindern. Torwart Daniel Heuer Fernandes verliert den Ball nicht aus den Augen.
Bakery Jatta (M.) will Sonny Kittel (l.) an der Volley-Abnahme hindern. Torwart Daniel Heuer Fernandes verliert den Ball nicht aus den Augen. © WITTERS | Leonie Horky
Man versteht sich: Lukas Hinterseer (l.) und Angreifer-Kollege Bakery Jatta.
Man versteht sich: Lukas Hinterseer (l.) und Angreifer-Kollege Bakery Jatta. © WITTERS | Leonie Horky
Torwart Sven Ulreich sorgte mit seinem Patzer am Sonntag für die Last-Minute-Niederlage in Heidenheim.
Torwart Sven Ulreich sorgte mit seinem Patzer am Sonntag für die Last-Minute-Niederlage in Heidenheim. © WITTERS | Leonie Horky
Trainer Daniel Thioune (r.) führte mit dem erfolgsverwöhnten früheren Bayern-Torwart am Mittwoch ein Einzelgespräch.
Trainer Daniel Thioune (r.) führte mit dem erfolgsverwöhnten früheren Bayern-Torwart am Mittwoch ein Einzelgespräch. © WITTERS | Leonie Horky
Trainer Daniel Thioune schaut noch genauer als sonst hin, wie Manuel Wintzheimer, Josha Vagnoman, Xavier Amaechi und Lukas Hinterseer (v. l. n. r.) sich im Training zeigen.
Trainer Daniel Thioune schaut noch genauer als sonst hin, wie Manuel Wintzheimer, Josha Vagnoman, Xavier Amaechi und Lukas Hinterseer (v. l. n. r.) sich im Training zeigen. © WITTERS | Leonie Horky
Moritz-Broni Kwarteng (r.) will den Pass von v.l. Jan Gyamerah verhindern.
Moritz-Broni Kwarteng (r.) will den Pass von v.l. Jan Gyamerah verhindern. © WITTERS | Leonie Horky
1/19

Weitere Schlüsselpositionen des 96-Kaders wurden mit den zweitligaunerfahrenen Twumasi, Bijol und Sei Muroya besetzt, die allesamt die Erwartungen noch nicht erfüllt haben.

Hannovers Führungsproblem größer als das des HSV

Hinzu kommt die hausgemachte Schwäche, wenn es gegen kampfstarke Mannschaften geht. Zum Saisonstart verfügte der Kader mit dem momentan verletzten Neuzugang Mike Frantz über lediglich einen sogenannten Mentalitätsspieler. Als Kocak intern darauf hinwies, wurde auf seinen Wunsch Falette nachträglich von Eintracht Frankfurt geholt. Doch der Verteidiger hat mehr mit sich selbst zu kämpfen, als dass er das seit vier Spielen sieglose Team führen kann. In Hamburg fehlt Falette gesperrt – er sah zuletzt Gelb-Rot wegen Meckerns.

Auch beim HSV ist längst eine Debatte über die Führungsspieler und die Einstellung einzelner Profis entbrannt. Doch in Hannover scheint noch viel mehr im Argen zu liegen. Der Club hinkt den eigenen Erwartungen gewaltig hinterher. Vor der Saison hatte Martin Kind den Aufstieg als Ziel ausgegeben – und dieses auch seitdem mehrfach wiederholt. Doch vor allem auswärts wird der Tabellen-14. diesem Wunsch nicht gerecht. Die überschaubare Bilanz aus vier Spielen in der Fremde: null Punkte. Noch spüre Kocak aber die volle Rückendeckung des mächtigen Präsidenten, heißt es aus Hannover.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Youtube, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Das Nordderby beim Hamburger SV sowie die anstehenden Aufgaben gegen Heidenheim und beim Tabellenzweiten aus Bochum könnten für Kocak trotzdem schon eine Art Endspielcharakter haben. Das weiß auch Daniel Thioune. „Kenan ist aktuell in einer schwierigen Situation, weil Anspruch und Wirklichkeit ein bisschen auseinandergehen“, sagt der HSV-Coach über seinen Trainerkollegen, mit dem er 2016 gemeinsam den DFB-Lehrgang zum Fußballlehrer absolvierte.

Ein Willkommensgeschenk braucht Kocak deshalb aber nicht zu erwarten. „Ich will ihm am Wochenende wehtun“, so Thioune. Nun muss er nur noch die richtige Achse an Spielern finden, die dazu auch bereit sind.