Hamburg. Nach tagelangem Poker haben die Hamburger ihren Wunschstürmer verpflichtet. Der Kölner kommt für ein Jahr. Geht jetzt Hinterseer?

Wenn der 1. FC Köln am Donnerstag seine Reise nach Donaueschingen in Baden-Württemberg startet, ist Simon Terodde schon auf dem Weg nach Hamburg. Der 32 Jahre alte Stürmer wird den FC nicht mit in das Trainingslager nahe des Bodensees begleiten, sondern im Universitätsklinikum Eppendorf seinen Medizincheck absolvieren. Anschließend wird Terodde beim HSV einen Vertrag bis Saisonende unterschreiben.

Nach tagelangen Verhandlungen fiel die Entscheidung am Mittwochnachmittag in Köln, wo sich der FC mit Teroddes Berateragentur SportsTotal auf das Geschäft einigte. Der HSV war sich zuvor bereits mit dem Spieler einig. Der Angreifer löst seinen noch bis 2021 laufenden Vertrag in Köln auf. Zudem zahlt ihm Köln eine Abfindung. Bis zum kommenden Sommer hätte Terodde beim FC noch 2,5 Millionen Euro Grundgehalt verdient. Beim HSV soll er 500.000 Euro plus entsprechende Erfolgsprämien bekommen.

Ob der Vertrag noch eine Option auf ein weiteres Jahr enthält, wurde zunächst nicht bekannt. In Köln machte am Nachmittag ein Bericht die Runde, wonach sich der HSV mit Terodde auf einen Zweijahresvertrag geeinigt hätte. Doch davon wollte man im Volkspark nichts wissen.

HSV-Trainer Thioune hat Plan mit Terodde

Zuletzt hatte sich der Wechsel hingezogen, weil Teroddes Berateragentur eine zu hohe Provisionszahlung gefordert haben soll. Entscheidend soll am Ende aber der Wille des Spielers gewesen sein, zum HSV zu kommen. Kölns Trainer Markus Gisdol hatte keine Verwendung mehr für den 1,92 Meter großen Mittelstürmer.

HSV-Trainer Daniel Thioune hat dagegen einen Plan mit Terodde. „Gerade in der Offensive geht es darum, einen zu haben, der das Tor trifft“, sagte der 46-Jährige am Mittwochvormittag, als er nach dem Training auf Neuzugänge angesprochen wurde. Der Spieler, den Thioune damit meinte, war Terodde.

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Zu diesem Zeitpunkt machte Thioune auf Nachfrage keinen Hehl mehr daraus, dass er den Torjäger gerne in seiner Mannschaft sehen würde: „Simon ist ein Spieler, der in der Box erfolgreich sein kann, aber auch in Umschaltmomenten als Ankerspieler agiert. Er ist sehr flexibel. Wenn so ein Spieler für uns verfügbar ist, dann kann ich das nur begrüßen.“

Was Terodde kann – und was nicht

Ein Umschaltspieler, das weiß auch Thioune, ist Terodde aber sicher nicht. Auf seiner Instagram-Seite hat der Stürmer ein Video des 1. FC Köln geteilt, in dem alle seine 29 Tore aus der Aufstiegssaison 2018/19 zu sehen sind. Alle seine Treffer erzielte er im Strafraum, fast alle davon im oder am Fünfmeterraum. Ähnlich sieht es bei seinen 25 Toren in der Aufstiegssaison 2016/17 mit dem VfB Stuttgart aus. Und bei seinen 25 Treffern 2015/16 für den VfL Bochum. In all diesen drei Spielzeiten wurde Terodde Torschützenkönig der Zweiten Liga. 118-mal traf er in 220 Zweitligaspielen. Wobei Thioune auch einschränkt: „Die Quote liegt in der Vergangenheit. Da kriegen wir in der Zukunft nichts für.“

Beim HSV ist man sich aber sicher, mit Terodde nach Klaus Gjasula den zweiten Säulenspieler gefunden zu haben. Einen dritten sucht der Club noch für die Innenverteidigung. Und da erhofft sich Thioune das nötige Tempo. „In der Innenverteidigung kann es nie verkehrt sein, auch mal den einen oder anderen einholen zu können“, so Thioune. Dieser Typ Innenverteidiger fehlte dem HSV in der vergangenen Saison.

HSV testet gegen Midtjylland Umschaltverhalten

Thioune verfolgt einen klaren Plan, wie er bis zum Zweitligastart am 18. September Stück für Stück die Inhalte aus den Trainingseinheiten in den Testspielen umsetzen will. Rechtzeitig zum Auftakt gegen Fortuna Düsseldorf soll seine Mannschaft alle Elemente umsetzen können, die er im Lauf der Vorbereitung einstudiert. Nachdem vor zehn Tagen beim ersten Test gegen Hansa Rostock die Balleroberung und das Pressing im Fokus standen, liegt der Schwerpunkt an diesem Donnerstag gegen den dänischen Erstligisten FC Midtjylland (17 Uhr unter Ausschluss der Öffentlichkeit/HSV überträgt live auf Youtube) auf dem Umschaltverhalten. „Die Ballbesitzzeit wird beim Gegner hoch sein. Wir wollen Umschaltmomente kreieren“, sagte Thioune.

Spieler, die dieses taktische Mittel umsetzen können, habe der HSV genug. Das stellte Thioune nach den ersten zwei Wochen der Vorbereitung klar. „Wir haben sehr viele athletische Spieler, die über ein gutes Tempo verfügen und sich über die Schnellkraft definieren. Geschwindigkeit ist sicherlich nicht das, was wir in erster Linie für die Offensive auf dem Markt suchen“, sagte Thioune, ehe sich sein Club am Nachmittag mit Wunschstürmer Terodde einigte.

Terodde kommt – geht Hinterseer?

Der Torjäger ist mit Sicherheit kein Konterspieler. Auch deshalb fand er in Stuttgart und auch in Köln nur noch wenig Vertrauen, nachdem er beide Clubs zurück in die Bundesliga geschossen hatte. Das soll ihm nun auch mit dem HSV gelingen. Die Hamburger wollen ihre Aufstiegsambitionen zwar nicht mehr so deutlich formulieren wie in den vergangenen beiden Jahren, untermauern diese aber alleine mit dem Terodde-Transfer.

Für Lukas Hinterseer (29) dürfte es dagegen jetzt schwer werden beim HSV. Der Österreicher hat schon in der Rückrunde nicht mehr funktioniert, nachdem ihm Trainer Dieter Hecking das Vertrauen entzogen hatte. Die Verpflichtung von Terodde dürfte daher für Hinterseer ein deutliches Signal sein, sich einen neuen Verein suchen zu können.