Vier Siege am Stück, Tabellenführer und guter Fußball: Der momentane Erfolg des HSV hat seine Gründe. Eine Suche nach den Ursachen.

Die HSV-News am Donnerstag, den 22. Oktober 2020:

Startrekord, aber HSV drückt auf Euphoriebremse

Es ist ein neuer Rekord, denn vier Siege sind dem HSV zum Saisonstart noch nie gelungen. Zugegeben: Der Verein spielte auch jahrzehntelang in einer anderen Liga mit ungleich schweren Gegner. Dennoch ist die aktuelle Momentaufnahme ein Indiz dafür, wo die Reise in diesem Jahr hinführen soll – auch wenn von den Verantwortlichen keiner das böse A-Wort wie Aufstieg in den Mund nimmt.

„Es bleibt keine Zeit, euphorisch zu sein. Der Blick ist schon wieder nach vorne gerichtet", sagte Sportdirektor Michael Mutzel am Donnerstagvormittag, dem Tag nach dem 3:0-Heimerfolg gegen Erzgebirge Aue. Der Manager denkt schon an die kommenden Aufgaben gegen Würzburg (24. Oktober), St. Pauli (30. Oktober) und Kiel (9. November).

„Wir haben jetzt einen Aufsteiger vor der Brust, der wegen des neuen Trainers schwer ausrechenbar ist. Und dann warten auf uns zwei Duelle gegen Clubs aus dem Norden, die gut in die Saison gestartet sind“, sagt Mutzel. Der gute Saisonstart ist allerdings auch dem HSV gelungen.

Mutzel erklärt Thiounes taktische Finessen

Eine überraschende Aufstellung, Spieler auf ungewohnten Positionen sowie permanente Positionswechsel in der Offensive, um den Gegner zu verwirren: Daniel Thiounes Taktik, mit der er den HSV variabel aufstellt, ist nach dem Heimsieg gegen Aue in aller Munde. Für Michael Mutzel sei der auf jeden Gegner individuell angepasste Matchplan jedoch nicht alleine dem neuen Coach anzurechnen, sondern es sei vielmehr „ein Ergebnis vom gesamten Team".

„Natürlich ist Daniel derjenige, der die Taktik ausführt, aber da gehören auch noch andere dazu. Da steckt ein bisschen Arbeit dahinter", sagte der Sportdirektor, der damit vor allem die beiden Co-Trainer Merlin Polzin und Hannes Drews gemeint haben dürfte. „Man macht sich immer Gedanken, wie man den Gegner verwirren kann – das hat gegen Aue super funktioniert.“

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Thioune kitzelt Variabilität aus HSV-Profis heraus

All die Ideen des Trainerteams um Chefcoach Daniel Thioune würden jedoch verpuffen, wenn die Mannschaft diese nicht annähme. Gegen Aue spielten einige Spieler auf Positionen, die sie sich vermutlich selber gar nicht zugetraut hätten. „Wenn man das Gefühl hat, dass der Plan funktioniert, ist es einfacher, eine neue Rolle zu spielen. Das war gestern deutlich zu sehen", sagte Sportdirektor Mutzel über die neue Variabilität der Spieler. Und dann sagte er seinen Satz, der aufhorchen lässt: „So werden wir schwer zu schlagen sein.“

HSV: Warum Wintzheimer so wichtig ist

Es war in erster Linie eine starke Mannschaftsleistung des HSV. Doch wenn man einen Spieler beim 3:0-Sieg gegen Aue hervorheben will, fällt die Wahl auf Manuel Wintzheimer. Der Angreifer überzeugte auf einer neuen Position im offensiven Mittelfeld als Achter. Ganz nebenbei belohnte er sich mit seinem zweiten Saisontor und seiner dritten Vorlagen. Damit ist der 21-Jährige der Topscorer bei der Hamburgern – noch vor Simon Terodde (vier Tore).

Wintzheimer sei sehr fleißig und arbeite für die Mannschaft mit einer „hohen Intensität gegen den Ball", lobte Trainer Daniel Thioune. „Dann darf er auch einmal ein paar Fehler machen. Er kann sicherlich noch ein bisschen wachsen.“

HSV siegt 3:0 im Nachholspiel gegen Erzgebirge Aue

Ja, doch – aus diesem Einsatz resultierte die Führung für den HSV: Manuel Wintzheimer drückte in der 17. Minute den Ball zum 1:0 gegen Aue über die Linie.
Ja, doch – aus diesem Einsatz resultierte die Führung für den HSV: Manuel Wintzheimer drückte in der 17. Minute den Ball zum 1:0 gegen Aue über die Linie. © Witters
Nach 56 Minuten revanchierte sich Wintzheimer mit einem Assist bei Sonny Kittel, der zum 2:0 einschoss.
Nach 56 Minuten revanchierte sich Wintzheimer mit einem Assist bei Sonny Kittel, der zum 2:0 einschoss. © Witters
Zauberfuß Kittel hatte Wintzheimers Führungstreffer per Hackentrick eingeleitet.
Zauberfuß Kittel hatte Wintzheimers Führungstreffer per Hackentrick eingeleitet. © Witters
Da in der 72. Minute auch noch Khaled Narey traf...
Da in der 72. Minute auch noch Khaled Narey traf... © Witters
...konnte der HSV am Ende einen 3:0-Sieg und die souveräne Tabellenführung bejubeln.
...konnte der HSV am Ende einen 3:0-Sieg und die souveräne Tabellenführung bejubeln. © Witters
Und während Sven Ulreich als erster HSV-Torhüter in seinen ersten beiden Spielen ohne Gegentreffer blieb...
Und während Sven Ulreich als erster HSV-Torhüter in seinen ersten beiden Spielen ohne Gegentreffer blieb... © Witters
...durfte sich Daniel Thioune ebenfalls über eine besondere Marke freuen: Der 46-Jährige ist nun der erste HSV-Trainer, dem zum Auftakt vier Liga-Sieg in Folge gelangen.
...durfte sich Daniel Thioune ebenfalls über eine besondere Marke freuen: Der 46-Jährige ist nun der erste HSV-Trainer, dem zum Auftakt vier Liga-Sieg in Folge gelangen. © Witters
Irgendwo im Knäuel, da ist der HSV-Torschütze zum 1:0 gegen Aue...
Irgendwo im Knäuel, da ist der HSV-Torschütze zum 1:0 gegen Aue... © Witters
Und so sieht Manuel Wintzheimer in Aktion aus.
Und so sieht Manuel Wintzheimer in Aktion aus. © Witters
Bei Führungstreffer in der 18. Minute bugsierte Stürmer (.) den Ball in Terodde-Manier (M.) über die Linie.
Bei Führungstreffer in der 18. Minute bugsierte Stürmer (.) den Ball in Terodde-Manier (M.) über die Linie. © Witters
Auswärtsfahrt nach England? Nein, der HSV-Heimblock gegen Erzgebirge Aue auf der Westtribüne!
Auswärtsfahrt nach England? Nein, der HSV-Heimblock gegen Erzgebirge Aue auf der Westtribüne! © Witters
Khaled Narey (HSV, l.) gegen Aues Jan Hochscheidt.
Khaled Narey (HSV, l.) gegen Aues Jan Hochscheidt. © Witters
Für Torhüter Sven Ulreich bedeutete das Nachholspiel gegen Erzgebirge Aue das Heimdebüt im HSV-Trikot.
Für Torhüter Sven Ulreich bedeutete das Nachholspiel gegen Erzgebirge Aue das Heimdebüt im HSV-Trikot. © Witters
Aufwärmen in Geisteratmosphäre: Die HSV-Profis in einem leeren Volksparkstadion...
Aufwärmen in Geisteratmosphäre: Die HSV-Profis in einem leeren Volksparkstadion... © Witters
...fast leeren Volksparkstadion: 1000 Zuschauer waren dann doch immerhin zugelassen.
...fast leeren Volksparkstadion: 1000 Zuschauer waren dann doch immerhin zugelassen. © Witters
Für Klaus Gjasula (v.l.) und Lukas Hinterseer blieb zu Beginn des Spiels gegen Aue nur ein Platz auf der HSV-Bank.
Für Klaus Gjasula (v.l.) und Lukas Hinterseer blieb zu Beginn des Spiels gegen Aue nur ein Platz auf der HSV-Bank. © Witters
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Das Lob gab der variabel spielende Wintzheimer prompt zurück. „Er ist sehr wichtig für die Mannschaft. Er gibt uns immer neue Aufgaben mit", sagte der U-21-Nationalstürmer. „Es macht Spaß mit ihm."

Auch Mutzel lobt HSV-Angreifer Wintzheimer

Spaß macht zurzeit vor allem Wintzheimer, findet auch Sportdirektor Mutzel. „Er denkt nicht viel nach, sondern macht die Sachen, wie sie von ihm gefordert werden", sagte der Manager am Tag nach dem Heimsieg. Mutzel bescheinigte dem einstigen Nachwuchstalent des FC Bayern eine gute Entwicklung. „Manuel arbeitet super fleißig gegen den Ball – und das trägt letztlich dazu bei, dass die Tore fallen."

Wood ist zurück beim HSV: Thioune spricht von Vollgas

Wintzheimer war nicht der einzige HSV-Profi, der sich ein Lob abholte. Auch der schon mehrfach aussortierte Bobby Wood (27) weiß plötzlich wieder zu überzeugen. Momentan hat sich der US-Amerikaner die Rolle des ersten Einwechselstürmers erarbeitet.

„Bobby hat in den vergangenen Wochen immer auch Druck ausgeübt – trotz der schwierigen Situation, dass er von ganz hinten gestartet ist wegen unserer Verpflichtung (Terodde) und dem, was Lukas (Hinterseer) schon nachgewiesen hat. Aber er gibt sich nicht auf und er gibt Vollgas", sagte Trainer Daniel Thioune. Gegen Aue wäre Topverdiener Wood in seinem 17-minütigen Einsatz beinahe das erste Tor seit 2018 gelungen.

Der beim HSV längst abgeschriebene Bobby Wood (r.) ist auf dem besten Weg, sich ins Team zurückzukämpfen.
Der beim HSV längst abgeschriebene Bobby Wood (r.) ist auf dem besten Weg, sich ins Team zurückzukämpfen. © Witters

„Ich hatte mir gewünscht, dass er sich für seinen tiefen Laufweg mit einem Tor belohnt hätte. Dann hätte er vielleicht auch seinen Kurzeinsatz noch mehr gerechtfertigt", sagte Thioune. „Wenn er weiter an dieses Leistungsniveau herankommt, bekommt er seine Spielzeit.“

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HSV-Keeper Ulreich holt sich Rekord

Zwei Spiele, zweimal zu null: So erfolgreiche wie Sven Ulreich war bisher noch nie ein Torwart beim HSV gestartet. Damit sicherte sich der erst Anfang Oktober vom FC Bayern verpflichtete Keeper einen persönlichen Rekord, über den sich auch sein Trainer freute.

„Wir sind mit seiner Verpflichtung etwas gewachsen. In diesen wenigen Momenten wie beim Schuss von Aues Riese muss er da sein", sagte Daniel Thioune. „Es ist hier vielleicht ähnlich wie er es aus der Vergangenheit kennt: dass nicht ganz so viel auf sein Tor einprasselt. Aber genau in den Augenblicken muss er da sein."

Warum Hunt plötzlich HSV-Kapitän war

Vor der Saison hatte Aaron Hunt erklärt, für das Kapitänsamt nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Doch weil gegen Aue kein Spieler aus dem fünfköpfigen Mannschaftsrat (Leibold, Leistner, Gjasula, Kinsombi und Mickel) in der Startelf stand, trug Hunt die Binde. Und der 34 Jahre alte Routinier nahm diese Aufgabe mit einer präsenten Performance auf dem Platz gerne an.

„Aaron hat immer gesagt, dass er gerne Verantwortung abgeben würde, aber er auch immer in der Lage ist, welche zu übernehmen. Er hat sich gefreut, als Erster auf den Platz zu gehen", sagte Trainer Thioune.

HSV: Leibold und Vagnoman kehren zurück

Gute Nachrichten aus dem HSV-Lazarett: Beim Training der Reservisten am Donnerstag mischten auch Kapitän Tim Leibold (Adduktoren-Probleme) und Josha Vagnoman (Bänderriss) wieder voll mit. Laut Sportdirektor Mutzel seien beide Profis eine Option für das kommende Heimspiel am Sonnabend gegen die Würzburger Kickers (13 Uhr/Sky und im Abendblatt-Liveticker). Für Jeremy Dudziak (ausgekugelte Schulter) kommt die Partie dagegen noch zu früh.