Hamburg. Nach dem Dresden-Eklat darf der Verteidiger gegen Aue wieder ran. Doch seinen Platz haben inzwischen andere eingenommen.

Daniel Thioune saß am Mittwochvormittag am Schreibtisch und schaute sich Videos des FC Erzgebirge Aue an. Während sich seine Spieler mit dem 4:3-Sieg am Montag in Paderborn einen freien Tag erspielt hatten, drehten sich die Gedanken des HSV-Trainers bereits um die Taktik für das Topspiel am Sonntag (13.30 Uhr) zwischen dem Tabellenführer aus Hamburg und dem Tabellenzweiten aus Aue. Vor allem eine Frage beschäftigte Thioune dabei: Was tun mit Toni Leistner? Drei Wochen nach dem Eklat von Dresden ist der Innenverteidiger am Sonntag wieder spielberechtigt. Aber spielt er auch?

„Wir haben es in Paderborn insgesamt hinten nicht so schlecht gemacht, am Ende aber natürlich zu viele Gegentore bekommen“, sagte Thioune am Mittwoch zwischen den Videobeobachtungen im Gespräch mit dem Abendblatt. Leistner war vor fünf Wochen als einer der neuen Säulenspieler zum HSV geholt worden. Doch gleich in seinem ersten Pokalspiel in Dresden machte er zunächst auf dem Platz eine unglückliche Figur – und dann auch noch im Anschluss an die 1:4-Niederlage, als er in den Dresdner Fanblock kletterte und sich einen Zuschauer vorknöpfte, der ihn und seine Familie zuvor beleidigt hatte.

HSV-Verteidiger Leistner darf wieder mittrainieren

Während Leistner anschließend die ersten zwei Ligaspiele gesperrt zuschauen musste, nutzten Moritz Heyer und vor allem Stephan Ambrosius die Gelegenheit, um sich in der Innenverteidigung festzuspielen. Gleichzeitig hatte der HSV gegen das erste Urteil des DFB (drei Ligaspiele Sperre plus zwei auf Bewährung) auch deshalb Einspruch eingelegt, um Leistner im Duell gegen Aue wieder dabeizuhaben. Nachdem der 30-Jährige zunächst wegen eines Verstoßes gegen die Corona-Richtlinien vom Team separiert wurde, kann er an diesem Donnerstag wieder mit der Mannschaft trainieren.

Ambrosius sorgt beim HSV-Training für Schrecksekunde:

Stephan Ambrosius sorgt beim HSV-Training für Schrecksekunde

HSV-Trainer Daniel Thioune muss am Donnerstagvormittag eine Schrecksekunde verkraften.
HSV-Trainer Daniel Thioune muss am Donnerstagvormittag eine Schrecksekunde verkraften. © WITTERS | Valeria Witters
Verteidiger Stephan Ambrosius verletzt sich bei der Vormittagseinheit am Knie.
Verteidiger Stephan Ambrosius verletzt sich bei der Vormittagseinheit am Knie. © WITTERS | Valeria Witters
Es passiert bei einem Zweikampf mit Stürmer Bakery Jatta (r.).
Es passiert bei einem Zweikampf mit Stürmer Bakery Jatta (r.). © WITTERS | Valeria Witters
Stephan Ambrosius bleibt auf dem Boden liegen und hält sich das linke Knie.
Stephan Ambrosius bleibt auf dem Boden liegen und hält sich das linke Knie. © WITTERS | Valeria Witters
Physiotherapeut Andreas Thum (l.) kann glücklicherweise schnell Entwarnung geben: Ambrosius' Einsatz am Sonntag gegen Erzgebirge Aue ist nicht in Gefahr.
Physiotherapeut Andreas Thum (l.) kann glücklicherweise schnell Entwarnung geben: Ambrosius' Einsatz am Sonntag gegen Erzgebirge Aue ist nicht in Gefahr. © WITTERS | Valeria Witters
Vor dem Topspiel geht es im Training ordentlich zur Sache: Amadou Onana (l.) im Zeikampf mit Jonas David.
Vor dem Topspiel geht es im Training ordentlich zur Sache: Amadou Onana (l.) im Zeikampf mit Jonas David. © WITTERS | Valeria Witters
Toni Leistner (vorn) hat seine Ligasperre abgesessen und darf gegen Aue wieder mitspielen.
Toni Leistner (vorn) hat seine Ligasperre abgesessen und darf gegen Aue wieder mitspielen. © WITTERS | Valeria Witters
Khaled Narey (r.) durfte gegen Paderborn erstmals von Beginn an ran. Jeremy Dudziak (M.) zog im Zentrum die Fäden.
Khaled Narey (r.) durfte gegen Paderborn erstmals von Beginn an ran. Jeremy Dudziak (M.) zog im Zentrum die Fäden. © WITTERS | Valeria Witters
Mann des Spiels aber war Stürmer Manuel Wintzheimer (vorn rechts).
Mann des Spiels aber war Stürmer Manuel Wintzheimer (vorn rechts). © WITTERS | Valeria Witters
Youngster Bryan Hein (l.) und Klaus Gjasula (r.) versuchen Bakery Jatta vom Ball zu trennen.
Youngster Bryan Hein (l.) und Klaus Gjasula (r.) versuchen Bakery Jatta vom Ball zu trennen. © WITTERS | Valeria Witters
Torwart Tom Mickel (r.) fährt gegen Jan Gyamerah das Bein aus.
Torwart Tom Mickel (r.) fährt gegen Jan Gyamerah das Bein aus. © WITTERS | Valeria Witters
Toni Leistner (r.) versucht den Pass von Amadou Onana zu unterbinden.
Toni Leistner (r.) versucht den Pass von Amadou Onana zu unterbinden. © WITTERS | Valeria Witters
Reha-Trainer Sebastian Capel (r.) erklärt Ewerton eine Übung.
Reha-Trainer Sebastian Capel (r.) erklärt Ewerton eine Übung. © WITTERS | Valeria Witters
Warum so ernst? Xavier Amaechi (l.) und Trainer Daniel Thioune machen trotz sonnigen Wetters und Tabellenführung finstere Mienen.
Warum so ernst? Xavier Amaechi (l.) und Trainer Daniel Thioune machen trotz sonnigen Wetters und Tabellenführung finstere Mienen. © WITTERS | Valeria Witters
Stephan Ambrosius schirmt den Ball gegen Torwarttrainer Kai Rabe ab.
Stephan Ambrosius schirmt den Ball gegen Torwarttrainer Kai Rabe ab. © WITTERS | Valeria Witters
Trainer Daniel Thioune (l.) beobachtet seinen Topstürmer Simon Terodde.
Trainer Daniel Thioune (l.) beobachtet seinen Topstürmer Simon Terodde. © WITTERS | Valeria Witters
Jeremy Dudziak, Gideon Jung, Jan Gyamerah und Lukas Hinterseer (v. l. n. r.) haben beim Aufwärmen ihren Spaß.
Jeremy Dudziak, Gideon Jung, Jan Gyamerah und Lukas Hinterseer (v. l. n. r.) haben beim Aufwärmen ihren Spaß. © WITTERS | Valeria Witters
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„Toni ist körperlich in einem guten Zustand. Ob ich ihn auch spielen lasse, entscheidet auch die Trainingswoche. Ich habe mich jedenfalls noch nicht entschieden“, sagt Trainer Thioune.

In den Überlegungen des Trainers geht es dabei weniger um die Frage, ob er der Siegerelf von Paderborn vertrauen soll. „Wer sich meine Zeit in Osnabrück genauer anguckt, kann erkennen, dass ich nicht unbedingt der Never-change-a-winning-Team-Trainer bin. Entscheidend sind für mich immer die Eindrücke des vergangenen Spiels, die folgende Trainingswoche und die Analyse des kommenden Gegners.“

Thioune wechselt offenbar gern die Formation

Tatsächlich hatte Thioune in der vergangenen Saison beim VfL Osnabrück in allen Pflichtspielen mehr als 30-mal die Formation gewechselt. Viel auffälliger war dabei, dass er nicht nur die Namen änderte, sondern fast wöchentlich die Anordnung. Auch in Paderborn hatten viele zunächst gar nicht mitbekommen, dass der HSV in der Defensive mit einer „pendelnden Dreierkette“ begann, wie es Thioune hinterher verriet. Erst während des Spiels stellte er auf eine Viererkette um, die er nach den drei Gegentoren aber erneut veränderte.

HSV erobert in Paderborn die Tabellenspitze:

Der HSV beendet Paderborner Achterbahnfahrt erfolgreich

Schlusspunkt eines verrückten Spiels: Aaron Hunt markiert vom Elfmeterpunkt das 4:3 für den HSV in Paderborn (82.).
Schlusspunkt eines verrückten Spiels: Aaron Hunt markiert vom Elfmeterpunkt das 4:3 für den HSV in Paderborn (82.). © Witters
Torschützen unter sich: Aaron Hunt (v.l.), Simon Terodde (zweimal) und Manuel Wintzheimer schossen für den HSv in Paderborn einen 4:3-Sieg heraus.
Torschützen unter sich: Aaron Hunt (v.l.), Simon Terodde (zweimal) und Manuel Wintzheimer schossen für den HSv in Paderborn einen 4:3-Sieg heraus. © Witters
Für die Galerie und Geschichtsbücher: Terodde glückte mit seinem Hackentor zum zwischenzeitlichen 3:3 (56.) sein 122. Treffer im Unterhaus – alleiniger Rekord in der eingleisigen Zweiten Liga.
Für die Galerie und Geschichtsbücher: Terodde glückte mit seinem Hackentor zum zwischenzeitlichen 3:3 (56.) sein 122. Treffer im Unterhaus – alleiniger Rekord in der eingleisigen Zweiten Liga. © Witters
Eingeschworene Truppe: Die HSV-Startelf kurz vor dem Anpfiff in der Benteler-Arena.
Eingeschworene Truppe: Die HSV-Startelf kurz vor dem Anpfiff in der Benteler-Arena. © Witters
Khaled Narey (l., Nr. 7) und Jan Gyamerah (r.) rückten überraschend beide ins Team.
Khaled Narey (l., Nr. 7) und Jan Gyamerah (r.) rückten überraschend beide ins Team. © Witters
Auch Torjäger Simon Terodde spielte wieder von Beginn an.
Auch Torjäger Simon Terodde spielte wieder von Beginn an. © Witters
Und der Stürmer hatte direkt den Zug zum Tor.
Und der Stürmer hatte direkt den Zug zum Tor. © Witters
Den ersten Treffer erzielte aber ein anderer: Manuel Wintzheimer (l., mit Kapitän Tim Leibold) brachte den HSV nach 13 Minuten in Führung.
Den ersten Treffer erzielte aber ein anderer: Manuel Wintzheimer (l., mit Kapitän Tim Leibold) brachte den HSV nach 13 Minuten in Führung. © Witters
Ausschlaggebend waren ein Ballgewinn von Klaus Gjasula und ganz viel Platz für einen Schlenzer mit links.
Ausschlaggebend waren ein Ballgewinn von Klaus Gjasula und ganz viel Platz für einen Schlenzer mit links. © Witters
Entsprechend groß war der Jubel auf Hamburger Seite.
Entsprechend groß war der Jubel auf Hamburger Seite. © Witters
Elf Minuten später traf dann auch Terodde – sein Einsatz nach Paderborner Slapstick-Einlage wurde mit dem 121. Zweitligatreffer des 32-Jährigen belohnt.
Elf Minuten später traf dann auch Terodde – sein Einsatz nach Paderborner Slapstick-Einlage wurde mit dem 121. Zweitligatreffer des 32-Jährigen belohnt. © Witters
Nach 38 Zeigerumdrehungen schauten die Torschützen aber plötzlich äußerst bedröppelt drein – der HSV kassierte binnen vier Minuten drei Gegentreffer.
Nach 38 Zeigerumdrehungen schauten die Torschützen aber plötzlich äußerst bedröppelt drein – der HSV kassierte binnen vier Minuten drei Gegentreffer. © Witters
Dabei drehte vor allem Chris Führich (r.) auf: Erst holte der Paderborner einen Elfmeter raus, dann traf er zweimal selbst.
Dabei drehte vor allem Chris Führich (r.) auf: Erst holte der Paderborner einen Elfmeter raus, dann traf er zweimal selbst. © Witters
Hart am Mann: Stephan Ambrosius nervt Paderborns Dennis Sbreny.
Hart am Mann: Stephan Ambrosius nervt Paderborns Dennis Sbreny. © Witters
Wiedersehen macht Freude – zumindest noch vor dem Spiel: HSV-Neuzugang Klaus Gjasula (r.) begrüßt seine alten Paderborner Weggefährten.
Wiedersehen macht Freude – zumindest noch vor dem Spiel: HSV-Neuzugang Klaus Gjasula (r.) begrüßt seine alten Paderborner Weggefährten. © Witters
Auch Khaled Narey (r., mit Stephan Ambrosius) spielte einst für die Ostwestfalen. Am Montag rückte er durch den Ausfall von Josha Vagnoman in Hamburgs Startelf.
Auch Khaled Narey (r., mit Stephan Ambrosius) spielte einst für die Ostwestfalen. Am Montag rückte er durch den Ausfall von Josha Vagnoman in Hamburgs Startelf. © Witters
Zumindest im Stadion gab es nicht allzu viele Augenzeugen der doppelten HSV-Rückkehr.
Zumindest im Stadion gab es nicht allzu viele Augenzeugen der doppelten HSV-Rückkehr. © Witters
Dennoch war Gästetrainer Daniel Thioune mit dem Auftaktsieg im Rücken guter Dinge.
Dennoch war Gästetrainer Daniel Thioune mit dem Auftaktsieg im Rücken guter Dinge. © Witters
Auch Sport-Vorstand Jonas Boldt gab sich zuversichtlich.
Auch Sport-Vorstand Jonas Boldt gab sich zuversichtlich. © Witters
SCP-Trainer Steffen Baumgart lief indes auch aufgrund der Auftaktniedelage in Kiel schon vor dem Anpfiff gegen den HSV heiß.
SCP-Trainer Steffen Baumgart lief indes auch aufgrund der Auftaktniedelage in Kiel schon vor dem Anpfiff gegen den HSV heiß. © Witters
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Wie dieses Rasenschach am Sonntag aussehen wird und welche Spieler Thioune dann nominiert, hängt auch davon ab, welchen Matchplan mit welchem Anlaufverhalten er von Aue erwartet.

Sollte sich Thioune für eine klare Dreierkette entscheiden, müsste er auch noch den zentralen Aufbauspieler auswählen. In der Vorbereitung testete der Coach dafür einige Spieler, so wie etwa Gideon Jung bei der Saisoneröffnung gegen Hertha BSC. „Ein zentraler Dreierkettenspieler sollte möglichst über ein gutes Zweikampfverhalten und eine gute Spieleröffnung verfügen, Qualitäten im Andribbeln haben und eine gute Geschwindigkeit mitbringen. So ein Spieler kostet dann aber auch gerne mal 40 Millionen Euro“, sagt Thioune und lacht.

Trainer erwartet von Gjasula Reaktion

Um all seine taktischen Ideen umsetzen und seine vielfältigen Formationen besetzen zu können, braucht der Trainer eine große Auswahl an vielseitigen Spielern. Daher sind auch Profis wie Gideon Jung oder Aaron Hunt, die in den ersten beiden Spielen zunächst draußen saßen, theoretisch schon gegen Aue wieder Startelfkandidaten. „Wir wollen jederzeit variabel spielen, dafür brauchen wir alle Jungs und die gesamte Breite des Kaders“, sagt Thioune, der selbst schon gespannt ist, für welche Aufstellung er sich am Ende entscheidet.

Auch Klaus Gjasula hat nach seinen Patzern von Paderborn wieder die Chance, von Beginn an zu spielen. „Eine Fehlertoleranz ist immer gegeben. Entscheidend ist für mich, dass man eine Reaktion zeigt“, sagt Thioune, der in der Fehleraufarbeitung vom Montag auch analysierte, dass ihm gerade in dieser Phase zwischen dem 2:0 und dem 2:3 der zen­trale Dreierkettenspieler fehlte, der die Konterabsicherung herstellte.

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Toni Leistner sieht Thioune in dieser Rolle offenbar weniger. Genau wie Ambrosius definiere sich dieser über seine Zweikampfstärke, die auf den Positionen der Innenverteidiger eher zur Geltung kommt. Leistner selbst ist einfach nur froh, dass es ab sofort für ihn wieder um Dreierketten und Pressinglinien geht und nicht mehr um die Hintergründe seines Ausrasters. Diese hatte er in einem Interview mit der „Sport Bild“ ausführlich erläutert. „So etwas wird mir nie wieder passieren“, sagte er darin.

Am Sonntag darf er nun wieder auf dem Platz seine Zweikämpfe führen. Ob es auch dazu kommt, bleibt aber offen.