Hamburg. Bundesländer vereinbaren eine sechswöchige Testphase. Welche Auswirkung die Entscheidung für den HSV und FC St. Pauli hat.

Mit Spannung warteten die Vertreter des HSV und des FC St. Pauli am Dienstag auf die Entscheidung der Bundesländer nach einer gemeinsamen Videokonferenz. Um 17.45 Uhr war es so weit und die Chefs der einzelnen Staatskanzleien verkündeten grünes Licht für eine Rückkehr der Fans in die Arenen. Ab sofort beginnt eine sechswöchige Testphase, in der eine Auslastung von maximal 20 Prozent erlaubt ist. Danach soll die Lage neu bewertet werden.

Das aktuelle Pandemiegeschehen soll dabei stets berücksichtigt werden. Wenn der 7-Tages-Wert pro 100.000 Einwohner am Austragungsort auf 35 ansteigen sollte, würden keine Zuschauer zu Veranstaltungen zugelassen werden.

Außerdem muss das Abstandsgebot von 1,5 Metern eingehalten werden. In den Stadien herrscht Alkoholverbot, Gästefans sind nicht erlaubt und die Tickets sind personalisiert. Auch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bis zum Einnehmen des Sitz- oder Stehplatzes ist Pflicht. Durch die Einigung ist die Gefahr eines Flickenteppichs vermieden worden, so wie es Sportsenator Andy Grote (SPD) im Vorfeld gefordert hatte.

HSV: 4000 Zuschauer gegen Düsseldorf?

Nach Abendblatt-Information will die Hansestadt die nun getroffene Regelung so schnell wie möglich umsetzen. Hierfür muss die aktuell gültige Sars-CoV-2-Eindämmungsverordnung, in der Veranstaltungen mit bis zu 1000 Zuschauern genehmigt sind, neu formuliert werden. Ein formaler Akt, der kurzfristig bis Freitag, wenn der HSV zum Zweitliga-Auftakt Fortuna Düsseldorf empfängt (18.30 Uhr), umgesetzt werden kann.

Der Club bespricht sich nun mit der Innenbehörde und dem zuständigen Gesundheitsamt in Altona, welche Auswirkungen die auf Länderebene getroffene Entscheidung hat. Auch wenn bei einer 20-prozentigen Auslastung in der Theorie 11.400 Fans ins Volksparkstadion kommen könnten, teilt der Verein mit, dass es maximal 4000 sein werden. Eine höhere Zuschauerzahl sei organisatorisch in der Kürze der Zeit nicht umzusetzen.

Tickets werden für einen Einheitspreis von 30 Euro verlost. Die Voraussetzung, um an der Verlosung teilzunehmen, war die Hinterlegung eines Dauerkartenpfands in Höhe von 50 Euro.

Fan-Rückkehr: HSV lernt von Dresden

Insgesamt sieht man sich beim HSV bestens vorbereitet. Bereits am Vorabend reiste der Fanbeauftragte Andreas Witt nach Dresden, um Dynamos Hygienekonzept vor Ort unter die Lupe zu nehmen. Witts Beobachtung: Überall waren Hinweisplakate aufgehängt, Ausgänge wurden separiert, der Abstand überwiegend eingehalten.

Für Fans, die ihre Maske vergessen hatten, lagen an den Eingängen sogar Einwegmasken bereit. Allerdings: Abseits des Stadions war die Lage nicht ganz so übersichtlich. Fangruppen standen eng zusammen und tranken ein gemeinsames Weg-Bier.

UKE-Virologe: 20 Prozent sind „unkritisch"

Eine wichtige Frage, die noch geklärt werden muss, ist deshalb, wie es bei der An- und Abreise der Fans nicht zu Menschenansammlungen kommen soll. Denn dies müsse nach Ansicht des Virologen Prof. Johannes Knobloch vom UKE verhindert werden. „Wenn es in einem Stadion zu einer Übertragung des Virus kommt, wird es eher bei einem Menschenauflauf der Fall sein – zum Beispiel beim Anstehen vor dem Stadion oder zum WC“, sagt Knobloch dem Abendblatt.

Grundsätzlich bezeichnet er eine Auslastung von 20 Prozent bei geltenden Abstandsregeln als „unkritisch“. Das Tragen einer Maske während des Spiels, wie es das Hygienekonzept des HSV vorsieht, sei dagegen nicht zwingend erforderlich. „Ob eine Maske sinnvoll ist, hängt auch von dem Verhalten der Zuschauer ab – zum Beispiel ob brüllend angefeuert wird oder eben nicht.“, sagt Knobloch.

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St. Pauli hat mehr Zeit als der HSV

In den kommenden Tagen will auch der FC St. Pauli über sein Hygienekonzept für das Millerntor-Stadion informieren. Der Kiezclub hat den Vorteil, etwas mehr Vorlaufzeit als der HSV zu haben, da das erste Heimspiel gegen Heidenheim für den 27. September terminiert ist. Bei einer Gesamtkapazität von 29.546 Zuschauern würden bei der beschlossenen 20-Prozent-Regelung 5909 Anhänger Zutritt erhalten.

Derzeit läuft eine digitale Fan-Umfrage unter den Dauerkarteninhabern, inwieweit bei den Fans überhaupt Interesse an einem Stadionbesuch in Zeiten von Corona besteht.

Zuschauer-Rückkehr: St. Pauli befragt Fans

Dem Abendblatt liegt der Fragebogen vor. St. Pauli will beispielsweise wissen, wie die Fans zu einer Teilöffnung des Stadions stehen, ob es in Ordnung wäre, einen anderen Platz einzunehmen als auf der Dauerkarte gebucht und ob ein Corona-PCR-Test vor einem Spiel zu tolerieren wäre. Auch die Themen Datenschutz bei personalisierten Tickets und Form der Anreise werden bei den Dauerkartenkunden abgefragt. Im Gegensatz zum HSV hat St. Pauli den Dauerkartenverkauf abgeschlossen und alle 15.500 Tickets abgesetzt.

Nach der Auswertung der Umfrage will St. Pauli entscheiden, wie es weitergeht. Für Präsident Oke Göttlich ist die Entscheidung auf Bundesebene ein wichtiges Zeichen. „Es ist gut, dass es nun ein breites gesellschaftliches Commitment, statt wettbewerbsgetriebener Einzellösungen mit weiterhin flexiblen Anpassungsszenarien gibt“, sagt er.

Die 20-Prozent-Lösung gilt nicht nur für den Profifußball sondern auch für die Hallensportarten. So können nun auch die Hamburg Towers in der Basketball-Bundesliga, der HSV Hamburg in der Zweiten Handball-Bundesliga und die Eishockeymänner der Crocodiles Hamburg in der Oberliga Nord bei entsprechenden Hygienekonzepten wieder Zuschauer in ihren Arenen begrüßen.