Ein Kassierer, der einem pöbelnden Kunden an den Kragen geht, wäre den Job wohl los. Einem Profi darf das erst recht nicht passieren.
Was der HSV in seiner schwierigen Situation nicht gebrauchen kann, sind Szenen, wie sie sich am Montagabend in Dresden abgespielt haben. Ganz egal, wie böse und abartig das war, was ein Fan in Richtung Spielfeld gerufen hat: Niemals (!) darf ein Spieler so etwas zum Anlass nehmen, auf die Tribüne zu laufen, einen Zuschauer anzugehen und ein Gerangel auszulösen. Das widerspricht allen Regeln (übrigens, und das ausnahmsweise nur am Rande: auch denen zur Eindämmung von Corona), das hat mit professionellem Verhalten nichts zu tun. Es schadet dem Ansehen des Fußballs insgesamt und dem des HSV, über den sich die Republik in den vergangenen Jahren oft genug lustig gemacht hat, insbesondere.
Die Hamburger können bei ihrem dritten Versuch, wieder in die erste Bundesliga zurückzukehren, keine Spieler gebrauchen, die sich nicht im Griff haben. Selbst wenn die Niederlage und die eigene Leistung zuvor noch so deprimierend gewesen sind und die Worte von der Tribüne noch so fies – das geht nicht.
HSV-Profi Leistner muss lernen, Vorbild zu sein
Man stelle sich einen Kassierer in einem Supermarkt vor, der nach einem langen und stressigen Tag von einem Kunden bepöbelt wird und der dann nichts Besseres zu tun hat, als diesem Kunden an den Kragen zu gehen. Würde der Mann morgen noch hinter der Kasse sitzen? Wahrscheinlich nicht.
Toni Leistner muss lernen, dass an einen Menschen, der mit Profi-Fußball und den damit verbundenen Emotionen sein Geld, viel Geld verdient, besondere Erwartungen geknüpft werden: Es geht nicht nur darum, Tore zu erzielen oder zu verhindern. Es geht darum, Vorbild zu sein, sich auf und neben dem Platz angemessen zu verhalten. Wer sich auf das Niveau pöbelnder, aggressiver Fans herunterlässt, hat – in diesem Fall: doppelt – verloren.