Kufstein. Im Testspiel unterliegt der HSV dem VfB Stuttgart knapp. Doch schon bald könnten Welten zwischen den letztjährigen Rivalen liegen.
Das „Hallo“ auf der Tribüne in der Kufstein-Arena war am Mittwoch groß. HSV-Sportvorstand Jonas Boldt witzelte mit Nürnbergs Dieter Hecking, die 1983er-Legende Felix Magath unterhielt sich mit HSV-Mitarbeitern.
Ein waschechtes HSV-Familientreffen, das nur einen kleinen Schönheitsfehler hatte: das Spiel. Mit 2:3 verlor der HSV den Auftakt des sogenannten Helden-Cups – und ging gegen den VfB Stuttgart vor allem in der ersten Halbzeit alles andere als heldenhaft zu Werke.
„Es ist nie schön, ein Spiel zu verlieren“, sagte Trainer Daniel Thioune. „In den entscheidenden Momenten haben wir leider selbst die Fehler gemacht.“ Immerhin: Glücklicherweise haben die meisten Fußballspiele ja zwei Halbzeiten. „Wir waren in der zweiten Hälfte deutlich stabiler und sind dann auch von einem 0:3 noch einmal zurückgekommen. Das war die Reaktion, die ich mir gewünscht hatte.“
HSV droht finanziell Anschluss zu verlieren
Und: Neuzugang Simon Terodde (32) konnte mit einer seiner wenigen Ballberührungen direkt seinen ersten HSV-Treffer erzielen.
Sportlich scheinen Aufsteiger VfB und Nicht-Aufsteiger HSV auf den ersten Blick also noch immer auf Augenhöhe. Doch finanziell könnten schon bald Welten zwischen den beiden Clubs liegen, die in der Abschlusstabelle der Zweiten Liga gerade mal vier Punkte trennten.
So erhält Stuttgart in der kommenden Bundesligasaison allein aus dem Topf der TV-Gelder 39,09 Millionen Euro – und damit knapp doppelt so viel wie Möchtegern-Aufsteiger HSV. Mit TV-Einnahmen von 20,15 Millionen Euro liegen die Hamburger in der Zweiten Liga noch hinter Absteiger Düsseldorf (22,33 Millionen) und sogar Hannover 96 (22,46 Millionen) nur auf Rang drei der TV-Geld-Tabelle.
Bilder vom HSV-Trainingslager:
Im Schatten der Bergriesen: HSV-Trainingslager in Bad Häring
Doch Corona macht auch vor der Bundesliga nicht halt. So entschieden sich die VfB-Verantwortlichen, statt der ursprünglich avisierten 30 Millionen Euro für Neuzugänge nur noch fünf Millionen zu investieren.
Ähnlich wie dem HSV droht den Schwaben in der kommenden Saison ein kräftiges Millionenminus durch die wahrscheinlich fehlenden Zuschauereinnahmen. Während beim HSV rund 1,7 Millionen Euro pro Geisterspiel fehlen, ist es beim VfB nur geringfügig weniger. Allein im Logenbereich drohen Stuttgart Einnahmeausfälle von rund zehn Millionen Euro.
HSV dementiert düstere Prognose für 2020/21
„Wir haben unser Transferbudget total heruntergefahren“, gab VfB-Chef Thomas Hitzlsperger kürzlich auf einer Video-Pressekonferenz zu. Dies dürfte auch der Hauptgrund sein, warum die Stuttgarter doch nicht ernst machten bei ihren Bemühungen um HSV-Linksverteidiger Tim Leibold (26).
Wie hoch genau die Corona-bedingten Mindereinnahmen ausfallen, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nur schwer prognostizieren. Das gilt sowohl für den VfB als auch für den HSV. Das drohende 30-Millionen-Euro-Minus, von dem NDR 90,3 am Dienstag berichtet hatte, wurde von den HSV-Verantwortlichen dementiert. Man habe für das laufende Jahr noch überhaupt keine Prognose abgegeben, weil es zum jetzigen Zeitpunkt viel zu viele Unwägbarkeiten gebe.
Stuttgart erhält bei Stadionumbau Hilfe, HSV nicht
Dies gilt im Übrigen für beide Clubs gleichermaßen auch beim Stadionumbau. Erst kürzlich hatte das Abendblatt berichtet, dass der HSV im Hinblick auf die Euro 2024 von Gesamtausgaben von bis zu 30 Millionen Euro Kosten für die Sanierung des Volksparkstadions ausgehe. Beim VfB rechnet man sogar mit knapp 70 Millionen, die für die Renovierung der in die Jahre gekommenen Mercedes-Benz-Arena benötigt werden.
Anders als in Hamburg, wo die Stadt sich weigert einen Großteil der Kosten zu übernehmen, dürfen sich die VfB-Verantwortlichen über finanzstarke Hilfe der Politik freuen. Zum einen will die Stadt Stuttgart Umbauprojekte mit 6,5 Millionen Euro subventionieren. Zum anderen stellt sie 22,5 Millionen Euro als Darlehen für die Renovierung und den Ausbau der Arena bereit.
HSV sucht Führungsspieler für Abwehr
Doch unabhängig von den Finanzen muss ja auch noch Fußball gespielt werden. Das tat am Mittwochnachmittag vor allem Stuttgarts Argentinier Nicolás González, der nicht nur die halbe HSV-Abwehr beim 0:2 schwindlig spielte, sondern der mit seinem Schuss von der Mittellinie zum 0:3 für den früheren Höhepunkt des Spiels sorgte.
„Ein schönes Tor, da gibt es keine zwei Meinungen“, lobte Magath auf der Tribüne. Trainerkollege Thioune sah es ähnlich, haderte aber vor allem mit seinen beiden Innenverteidigern Stefan Ambrosius und Jonas David. „Wir brauchen definitiv jemanden, der die Mannschaft von hinten führen kann und der im Vorfeld die richtige Entscheidung trifft“, sagte der HSV-Trainer, der trotz der Niederlage nichts gegen ein baldiges Wiedersehen mit dem VfB hätte – am liebsten in der Bundesliga.