Hamburg. Der Nichtaufstieg ruft noch drastischere Kommentare hervor als der Abstieg 2018. Die Pressestimmen zum HSV.

Der Nichtaufstieg des HSV hat für neue Sumpfblüten der lyrischen Fußballsprache und des Fan-Hämens und –Weinens gesorgt. Die Reaktionen der Experten, Hasser und Anhänger bei Twitter und in den einschlägigen Publikationen waren nach erstem Eindruck noch extremer als beim Abstieg 2018. Von „Totalschaden“ war die Rede, von „Hamburger Schrottverein“. Einige ließen im Internet Wettscheine kursieren, die zeigen, dass sie auf einen Sieg der Heidenheimer getippt hatten und auf ein Tor von Ex-HSV-Profi Dennis Diekmeier.

Diekmeier, jetzt Sandhausen, hatte erst in dieser Saison nach mehr als zehn Jahren Profidasein und 293 Profispielen sein erstes Profitor überhaupt erzielt. Am Sonntag schaffte er dann an alter Wirkungsstätte im Volksparkstadion sein zweites. Mehr Ironie des Fußballer-Schicksals geht kaum.

Reaktionen auf das HSV-Desaster

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Meint man. Aber dann passierte nach dem Spiel noch etwas, das etwas verwunderte. Da sagte der HSV-Blogger Marcus Scholz am Stadion zu dem im Auto sitzenden Dennis Diekmeier, er müsse ihm eigentlich eine reinhauen. Aber wegen der Abstandsbeschränkungen bei Corona gehe das ja nicht. Es war ein Spaaaaß! Scholz und Diekmeier kennen sich lange. Sie gaben sich die Corona-Faust und der „Rautenperle“-Mann sagte nüchtern über den HSV: „Der HSV hat einfach nicht das Zeug, in die erste Liga aufzusteigen.“

Das respektable Fachmagazin "11 Freunde" schrieb vom "hanseatischen Offenbarungseid" des HSV. "Mental gebro­chen, tak­tisch aus­re­chenbar, unkreativ: Es gibt kaum einen Teil­be­reich des Fuß­balls, in dem der HSV zuletzt über­zeugt hat." So hart es klingt, schlussfolgern die "11 Freunde" dann, der HSV müsse akzeptieren: "Er ist einfach nur ein Zweitligist."

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Auch der ehemalige Medienpartner des HSV, der Norddeutsche Rundfunk, veröffentlichte einen harschen Kommentar, der aufhorchen ließ. NDR-Moderator und HSV-Kenner Gerd Gottlob sagte: „Dieser Zombiefußball war wahrscheinlich das Schlechteste, was jemals vom HSV geboten wurde.“ Auch der eigentlich unmögliche Superlativ vom „schlechtesten HSV aller Zeiten“ wurde bemüht. „Aller Zeiten“ ist natürlich sprachlich falsch. Denn es kommen ja noch Zeiten, und da kann es noch schlechter werden.

Debatte um Dieter Hecking und die HSV-Psyche

NDR-Mann Gottlob barmte: „Warum zerreißt sich Stuttgart beim 0:2 und geht "all in", während Hamburg wie das Kaninchen vor der Schlange darauf wartet, gefressen zu werden?“ Trainer Dieter Hecking habe seine Chance beim HSV vertan.

Thorsten Vorbau vom Hamburg Journal des NDR empfahl dem HSV einen Psychologen – auch wenn er wisse, so Vorbau, dass Trainer Hecking dem nicht gerade aufgeschlossen gegenüberstehe.

Die „Hamburger Morgenpost“ schrieb: „Wer dank der Bielefelder Schützenhilfe die Tür zur Relegation sperrangelweit aufgerissen bekommt, dann aber gegen den Rahmen rennt und sich beim Umfallen noch den Kopf aufschlägt, der hat es nicht nur nicht verdient, bei den Großen mitzuspielen, sondern der hat so große Probleme, dass er am Ende des Tages froh sein muss, keine weiteren Kopfschmerzen gegen Werder Bremen erleiden zu müssen.“ Auch die „Mopo“ mahnt Psycho-Hilfe an.

HSV: „Du warst mal eine Fußball-Perle“

Die „Bild“-Zeitung meinte: „Ihr seid soooo doof“ und „Ihr könnt alle gehen“ über die Spieler. Gehen ist das Stichwort. Nach dem „Totalschaden“ („Spiegel“) fragt man sich, wer außer humpeln noch andere Arten der Fortbewegung auf einem Rasen vollführen und das künftig beim HSV unter Beweis stellen will. Denn die potenziellen Zugänge werden immer an dem Saisonausklang und dem 1:5 gemessen, dürften sich aber schnell auf ein „Damit haben wir nichts zu tun“ zurückziehen. Doch es ist ja eine Art Morbus HSV“, die noch fast jeden befallen hat, der in den vergangenen Jahren im Volkspark einen Vertrag unterschrieb.

Deshalb schrieb der „Bild“-Kolumnist Franz Josef Wagner, der Charles Bukowski der Boulevard-Lyrik, an den HSV gerichtet: „Du warst einmal eine ,Fußballperle‘. Du warst Uwe Seeler, du warst Horst Hrubesch, Manni Kaltz (Bananenflanke). Jetzt liegst du auf dem Totenbett, du schöne, große Stadt Hamburg.“

Der „Kicker“ bemühte bereits Vergleiche mit 1860 München und dem 1. FC Kaiserslautern, die als Traditionsclubs wie der HSV nicht nur durch die Zweit- und Drittklassigkeit gerauscht sind, sondern auch in die Zahlungsunfähigkeit. Blüht die nun auch dem HSV? Da sagte zumindest Finanzvorstand Frank Wettstein zuletzt, der HSV könne sich auch die nächste Saison in der Zweiten Liga leisten.

Archäologe auf der Spur des HSV-Dinos?

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Die womöglich ungewöhnlichste Reaktion kam von La Palma, der wunderschönen Kanareninsel. Von dort meldete sich (HSV-Fan) Fran Herrera. Er lobte bei Twitter die fundierte, auch an den ökonomischen Aspekten orientierte Berichterstattung des Hamburger Abendblatts. Da der Mann archäologische Neigungen hat, muss man sich die Frage stellen, ob er eines Tages den HSV-Dino finden wird...