Zieht es Vorlagenkönig Leibold nach Stuttgart? Bielefeld würde für Sieg auf Geld verzichten. Möhlmann traut HSV Relegation zu.
Die HSV-News am Freitag, den 26. Juni 2020:
- Saisonaus für HSV-Abwehrchef Letschert
- Was sich HSV-Trainer Hecking von Ewerton verspricht
- Trotz Geldsegen: Arminia will HSV-Aufstieg nicht verhindern
- Verliert der HSV Leibold an den VfB Stuttgart?
- Diekmeier will HSV nicht helfen
- Wettanbieter: HSV verpasst Aufstieg
- Ex-Trainer Möhlmann traut HSV Relegation zu
- Heidenheims Trainer hat "geeignete Bohrer" für Bielefeld
Saisonaus für HSV-Abwehrchef Letschert
Auf mindestens zwei Abwehrpositionen muss HSV-Trainer Dieter Hecking seine Mannschaft beim Saisonfinale gegen den SV Sandhausen am Sonntag (15.30 Uhr/Sky, Liveticker bei Abendblatt.de) verändern. Jordan Beyer fehlt, nachdem er am vergangenen Sonntag bei der 1:2-Niederlage in Heidenheim die (vereins- und ligaübergreifend) fünfte Gelbe Karte der Saison gesehen hatte. Und Timo Letschert fällt verletzt aus. Der Abwehrchef hatte im Training am Donnerstag eine Dehnung des Innenbandes im rechten Knie erlitten.
"Es sieht so aus, als ob zum Glück nichts gerissen ist", sagte Hecking in der Pressekonferenz am Freitag, "aber Timo würde uns auch in der Relegation fehlen." Für Letschert doppelt bitter: Der HSV kann den Vertrag mit dem 27-Jährigen optional nach der Saison um zwei Jahre verlängern. Nach der erneuten Knieblessur – schon zu Saisonbeginn litt Letschert an einer Innenbandverletzung – werden sich die Verantwortlichen aber genau überlegen, ob eine Weiterbeschäftigung Sinn ergibt.
Was sich HSV-Trainer Hecking von Ewerton verspricht
Kurzfristig hätte Hecking mindestens zwei Alternativen: Ewerton und Gideon Jung. Nachdem Jung zuletzt Schwächen zeigte, scheint Hecking auf den Brasilianer zu setzen, obwohl der seit Februar kein Spiel mehr bestritten hat. Ewerton hatte sich damals beim 0:3 bei Erzgebirge Aue nach 20 Minuten ebenfalls am Innenband verletzt.
Am Donnerstag trainierte Ewerton in der A-Elf, klagte aber über Nackenbeschwerden. Hecking wollte sich deshalb auch "noch nicht festlegen, ob ich mit ihm planen kann". Aber wenn, dann verspreche er sich von ihm eine gewisse mentale Frische: "Er ist ein bisschen freier im Kopf, da er die Nackenschläge nicht so emotional erlebt hat wie die, die auf dem Platz standen. Dass er es fußballerisch draufhat, haben wir immer botont." All das könnte Ewertons körperliche Defizite ausgleichen, die er nach einer Saison mit nur einem Ligaeinsatz über 90 Minuten zweifellos hat.
Die HSV-Pressekonferenz im Video:
Hecking stellt Charakterfrage an sein Team
Seine Spieler hätten nach der 1:2-Niederlage in Heidenheim am vergangenen Sonntag „zwei, drei Tage gebraucht, um die Köpfe wieder hochzunehmen“, berichtete Hecking. Er stufte das Finale in der Liga als „eine Charakterfrage“ für seine Profis ein. „Wenn wir es am Ende schaffen, haben wir es verdient. Wenn wir es nicht schaffen, haben wir es auch verdient“, sagte er.
Der um einen Punkt bessere Tabellendritte 1. FC Heidenheim spielt gleichzeitig bei Zweitliga-Meister Arminia Bielefeld. Wünsche an dessen Trainer Uwe Neuhaus wollte Hecking nicht formulieren. „Wir müssen unser Ding machen, wir können uns nicht auf die anderen verlassen“, sagte der 55-Jährige. Von den Bielefeldern könne er sich allerdings nicht vorstellen, „dass sie die Füße hochnehmen“.
Wenn Heidenheim allerdings schnell mit 2:0 oder 3:0 in Bielefeld führen sollte, „dann ist das letzte Spiel für uns hinfällig. Dann wird keine Chance mehr da sein“, meinte Hecking. Allerdings habe seine Mannschaft immer davon gelebt, dass sie schwierige Situationen als Kollektiv gemeistert habe.
Trotz Geldsegen: Arminia will HSV-Aufstieg nicht verhindern
Trainer Uwe Neuhaus vom Zweitliga-Meister Arminia Bielefeld hat vor dem für den 1. FC Heidenheim entscheidenden Spiel trotz der brisanten Ausgangslage vollen Einsatz seines Teams versprochen. „Natürlich hätte jeder gerne so viel Geld wie möglich. Aber deswegen werden wir nicht die Fairness außer Acht lassen“, sagte Neuhaus mit Blick auf das Duell am Sonntag (15.30 Uhr/Sky): „Es wäre bedauerlich, wenn uns zwei Millionen entgehen würden. Aber dann ist das eben so. Und es würde auch niemand von mir anderes verlangen.“
Der Hintergrund: Sollte Heidenheim in Bielefeld gewinnen, wäre der FCH sicher Dritter und der gleichzeitig gegen den SV Sandhausen spielende HSV hätte keine Chance mehr auf den Aufstiegsrelegationsplatz. Sollte Heidenheim statt des HSV aufsteigen, würde das den Bielefeldern zwei Millionen Euro mehr Fernsehgeld in der kommenden Saison garantieren. Zudem würde Heidenheim als mutmaßlicher Konkurrent im Abstiegskampf sicher mit einem geringeren Etat an den Start gehen als die Bielefelder.
Er und sein Team wollten die Partie angehen, als sei es der 1. oder 2. Spieltag, versicherte Neuhaus. „Dass man trotzdem gegen Heidenheim mal verlieren kann, ist klar“, sagte der 60-Jährige: „Heidenheim ist richtig gut drauf. Mein Kollege Frank Schmidt hat es unfassbar gut hinbekommen, dass sie immer an sich geglaubt haben. Sie spielen sehr zweikampfintensiv, lassen sich nie abschütteln.“
Die Arminia hat zudem noch sportliche Ziele. Sie will im Jahr 2020 ungeschlagen bleiben. 68 Punkte, die im Falle eines Sieges zu erreichen wären, wären Vereinsrekord für die 2. Liga. Und Kapitän Fabian Klos kämpft noch um Platz eins in der Torschützenliste.
Verliert der HSV Leibold an den VfB Stuttgart?
Tim Leibold ist für den HSV das, was man einen Glücksgriff nennt. Mindestens elf, vielleicht sogar 19 Tore hat der vom 1. FC Nürnberg gekommene linke Verteidiger in dieser Zweitligasaison vorbereitet, je nach Interpretation – und noch keine Spielminute verpasst. Wie gut, dass sein Vertrag noch drei Jahre gültig ist.
Doch will Leibold überhaupt so lange bleiben, zumal wenn der HSV den Aufstieg verpasst? Ein Bericht der "Stuttgarter Nachrichten" schürt jetzt Zweifel. Leibold, vor 26 Jahren in Böblingen bei Stuttgart geboren, könne sich eine Rückkehr zum VfB "sehr gut vorstellen". Und die Stuttgarter, denen der Aufstieg praktisch nicht mehr zu nehmen ist, sollen an einer Verpflichtung des besten Vorlagengebers der Liga durchaus Interesse haben.
Leibold hatte von 2013 bis 2015 für die zweite Mannschaft des VfB gespielt. Den Durchbruch zum Profi schaffte er aber erst anschließend beim 1. FC Nürnberg, von wo ihn der HSV vor einem Jahr für knapp zwei Millionen Euro holte.
Diekmeier will HSV nicht helfen
Sandhausens Kapitän Dennis Diekmeier will seinem Ex-Club HSV im brisanten Saisonfinale am Sonntag nichts schenken. Gewinnt Diekmeier mit dem SVS beim HSV, würden die Hamburger auch eine dritte Saison in Serie in der 2. Bundesliga spielen.
„Natürlich sind Spiele gegen den HSV für mich besonders emotional. Ich habe acht Jahre für den HSV gespielt, hatte da eine schöne, manchmal auch schwierige Zeit“, sagte der 30-Jährige, der von 2010 bis 2018 für die Hamburger spielte. „Aber für uns ist es am Sonntag keine Frage, dass wir das Spiel gewinnen wollen.“ Als Tabellenvierter muss der HSV darauf hoffen, dass der drittplatzierte 1. FC Heidenheim parallel bei Arminia Bielefeld patzt.
Sollte es für die Hamburger erneut nicht mit dem Aufstieg klappen, wäre aus Sicht von Diekmeier aber nicht das letzte Saisonspiel der Grund dafür. „Natürlich ist der HSV ein großer Club, den man in der Bundesliga sieht. Und natürlich wünsche ich dem HSV Erfolg, mit Ausnahme vom Sonntag“, sagte der Rechtsverteidiger. „Letztlich hat es aber jede Mannschaft in der eigenen Hand, wie sich die Saison gestaltet, und das hängt nicht nur vom letzten Spiel ab.“
Ex-Trainer Möhlmann traut HSV Relegation zu
Benno Möhlmann war in seiner langen Karriere mehr als neun Jahre Spieler bei Werder Bremen und mehr als sieben Jahre Jugend- und Chefcoach des HSV. Vor den entscheidenden Tagen dieser Saison traut der 65-Jährige den Hamburgern die Relegation eher zu als Werder. „Der HSV hat trotz der Niederlage in Heidenheim immer noch eine Chance auf die Relegation. Sie sind darauf angewiesen, dass Bielefeld ihnen hilft. Aber das ist eine realistische Option, nicht nur eine theoretische“, sagte Möhlmann.
Dass Bielefeld bereits als Aufsteiger feststehe, müsse im Spiel gegen die drittplatzierten Heidenheimer kein Nachteil sein. Möhlmann: „Es gibt Mannschaften, die in so einer Situation alles laufen lassen. Es gibt aber auch Mannschaften, die mit dieser Lockerheit gut umgehen können. Dass er sich vor dem letzten Spieltag überhaupt in dieser Situation befindet, ist für den HSV tragisch. So spät noch ein entscheidendes Gegentor zu kassieren, ist zuletzt einfach zu oft passiert. Heidenheim wusste das genau.“
Sein Herzensverein Werder sei dagegen in einer Situation, „in der nur noch ein Wunder hilft. Vor ein paar Wochen habe ich gehofft, dass sie sogar noch Viertletzter werden können. Aber mittlerweile haben sie alles aus der Hand gegeben. Man kann nicht einmal sicher sein, dass sie überhaupt das letzte Spiel gewinnen. Vielleicht hilft ihnen, dass Fortuna Düsseldorf in den letzten Wochen immer die bessere Ausgangsposition hatte, sehr häufig am Limit spielte – und es trotzdem noch nicht geschafft hat.“
Wettanbieter: HSV verpasst Aufstieg
Der HSV bleibt zweitklassig – davon zumindest geht ein Wettanbieter aus. Zwar bestehen für Bwin kaum Zweifel, dass die Hamburger (Siegquote 1,33) beim Saisonfinale der 2. Bundesliga ihr Heimspiel gegen den SV Sandhausen (8,00) gewinnen. Doch auch das wird dem HSV nicht reichen, um sich noch in die Relegation zu retten.
Denn der einen Punkt besser platzierte 1. FC Heidenheim tritt mit einer Siegquote von 2,20 als leichter Favorit beim Zweitliga-Meister Arminia Bielefeld (Quote 3,00) an und würde bei einem Sieg den dritten Tabellenplatz sichern.
Heidenheims Trainer hat "geeignete Bohrer" für Bielefeld
Vor dem letzten Schritt zur Relegation um den Aufstieg in die Bundesliga setzt der 1. FC Heidenheim nicht auf Schützenhilfe des SV Sandhausen. Er gehe davon aus, dass seine Mannschaft am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) beim Zweitliga-Meister und sicheren Aufsteiger Arminia Bielefeld gewinnen müsse, um Rang drei zu sichern, sagte Trainer Frank Schmidt am Freitag: „Wir können uns nur auf uns selbst verlassen.“
Vor dem Duell auf der Bielefelder Alm äußerte Schmidt großen Respekt vor dem seit 15 Spielen ungeschlagenen Gegner, der in der Liga bisher die meisten Tore geschossen und die wenigsten kassiert hat. „Das ist ein dickes Brett“, sagte Schmidt. „Aber wir haben ein paar geeignete Bohrer dabei.“ Dazu gehört auch Torjäger Tim Kleindienst, der zuletzt nach dem 2:1 gegen den HSV über Knieschmerzen klagte. Das sollte laut Schmidt „aber kein Problem mehr sein“.
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Um gegen die Arminia um Topstürmer Fabian Klos zu gewinnen, brauche seine Mannschaft nicht nur eine starke Defensive. Sie müsse sich auch Chancen erarbeiten wie zuletzt gegen Hamburg. Damit tat sich Heidenheim auswärts nach der Corona-Pause aber schwer. In vier Auswärtspartien gelang nur ein Tor.