Hamburg. Neben der ersten legalen Pyro-Aktion erwartet der HSV heute den neuen KSC-Trainer Eichner. Ein Hamburger kennt ihn besonders gut.

Am späten Donnerstagabend saß Christian Eichner zu Hause in Karlsruhe am Laptop und analysierte den HSV. Am Hörer hatte er seinen Co-Trainer Zlatan Bajramovic. Wenig später rief dann auch noch Michael Mutzel an, der Sportdirektor der Hamburger.

„Ich hatte die Hoffnung, dass er mir was über den HSV sagt. Die Hoffnung hatte er natürlich auch“, sagte der neue Cheftrainer des Karlsruher SC am Freitag vor dem direkten Duell im Volksparkstadion (Sa, 13 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de). Am Ende wussten weder Eichner noch Mutzel nach dem Telefonat mehr über den heutigen Gegner.

KSC-Coach und HSV-Kaderplaner sind beste Freunde

Was viele nicht wissen: Eichner und Mutzel telefonieren jede Woche und wissen daher ohnehin alles übereinander. Der KSC-Coach und der HSV-Kaderplaner sind seit vielen Jahren beste Freunde. Zwischen 2005 und 2009 spielten sie zusammen in Karlsruhe, stiegen 2007 gemeinsam in die Bundesliga auf. „Wir haben uns beim KSC von Anfang an gut verstanden und haben eine Freundschaft aufgebaut, die es nicht so oft gibt im Fußball“, sagt Mutzel im Gespräch mit dem Abendblatt. „Es ist schon ein lustiger Zufall, dass er genau in dieser Woche Cheftrainer geworden ist.“

Nach vier Niederlagen in Folge und dem Sturz auf Rang 17 der Zweitligatabelle hatte der KSC Anfang der Woche seinen Aufstiegstrainer Alois Schwartz entlassen. Bis auf Weiteres übernimmt nun dessen bisheriger Co-Trainer Eichner den Posten.

KSC geht als Underdog ins Spiel

Sein Einstand ging am Mittwoch gleich mal gründlich daneben. Im DFB-Pokal-Achtelfinale verlor der KSC beim Regionalligisten FC Saarbrücken. In Karlsruhe geht die Angst um vor dem erneuten Abstieg in die dritte Liga. Und nun wartet mit dem HSV auch noch das heimstärkste Team der Liga. „Wir treffen auf eine der zwei besten Mannschaften der Liga“, sagt Eichner. „Wir nehmen die Underdog-Rolle sehr gerne an. Der Fußball ist immer bereit für Überraschungen.“

Michael Mutzel traut seinem Kumpel zu, in der Rückrunde noch für die eine oder andere Überraschung zu sorgen, wenn auch nicht gerade beim HSV. „Christian ist ein offener, umgänglicher und grundpositiver Typ, der bei allen Leuten gut ankommt“, sagt Mutzel über den Trainertypen Eichner. „Es wird spannend zu sehen sein, wie schnell er Zugriff auf die Mannschaft kriegt und das Spiel des KSC verändern kann.“

KSC mit neuer Spielweise im Volksparkstadion?

HSV-Trainer Dieter Hecking braucht seine bisherigen Beobachtungen in jedem Fall nicht mehr. „Alles, was wir bis zum Pokalspiel gesehen haben, können wir eigentlich über den Haufen werfen“, sagte Hecking am Freitag, als er am Tag vor dem Spiel gerade mal nicht zur ersten kontrollierten Pyro-Aktion im deutschen Fußball befragt wurde, sondern zum KSC.

Karlsruhe hatte unter Schwartz einen wiederkehrenden Spielstil entwickelt: Tief stehende Defensive, lange Bälle, Standardsituationen. Mit dieser Taktik war der KSC zu Saisonbeginn noch äußerst erfolgreich. Michael Mutzel ahnte aber schon damals, dass sein Ex-Club auf Dauer Probleme bekommen wird. Als er sich am dritten Spieltag das KSC-Spiel bei Holstein Kiel anschaute, fuhr er Eichner hinterher zum Hamburger Flughafen und prophezeite ihm: Mit dieser Spielweise steigt ihr wieder ab.

Karlsruhe will unter Eichner wieder mutiger spielen

Unter Eichner als Chef will Karlsruhe nun mutiger spielen. „Sich nur hinten reinzustellen und zu verstecken wird beim HSV auf Dauer schwer sein. Wir wollen eine Aktivität erzeugen und Nadelstiche setzen“, sagte Eichner. Schon beim Pokalspiel in Saarbrücken positionierte der neue Trainer seine Mannschaft im Verbund 20 Meter weiter nach vorne als unter Schwartz.

Der 37-Jährige wählt einen moderneren Ansatz. Aktuell erwirbt er nebenbei seine Lizenz zum DFB-Fußballlehrer. Am Montag beim HSV-Spiel in Bochum waren seine Lehrgangskollegen im Stadion. So wie HSV-III-Coach Christian Rahn oder die ehemalige Cloppenburg-Trainerin Imke Wübbenhorst.

Für 90 Minuten wird die Freundschaft ruhen

Das Treffen zwischen Eichner und Mutzel fiel allerdings aus, weil der neue KSC-Coach sich auf den DFB-Pokal vorbereiten musste. Gesehen haben sich die beiden aber ohnehin oft genug. Mutzel war sogar der Trauzeuge, als Eichner im Herbst 2011 heiratete. Zuvor hatte der HSV-Manager in Stuttgart dessen Junggesellenabschied organisiert, bei dem auch die früheren Karlsruher Kollegen Alexander Iashvili, Maik Franz oder Sebastian Freis dabei waren. Es wurde eine für Eichners Verhältnisse lange Nacht. „Christian ist schon als Spieler immer früh ins Bett gegangen. Das war bei uns ein Running Gag, dass du nach 22 Uhr nicht mehr bei ihm klopfen musstest“, erinnert sich Mutzel. „Beim Junggesellenabschied ist er tatsächlich bis vier Uhr morgens wach geblieben, obwohl er um 24 Uhr schon wieder abhauen wollte“, sagt Mutzel und muss lachen.

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Das könnte auch heute passieren, wenn sich die beiden vor dem Spiel wiedersehen und wie immer die eine oder andere Anekdote aus ihrer KSC-Zeit austauschen. „Ich drücke Christian wirklich die Daumen, dass er in Karlsruhe erfolgreich arbeitet“, sagt Mutzel. „Außer natürlich gegen uns – da wird die Freundschaft 90 Minuten ruhen.“​​