Hamburg. Verteidiger erhofft sich eine bessere Zukunft und wechselt seinen Berater. Den Gedanken, zur U21 zu gehen, hat er schon länger.

Angeführt von Christoph Moritz marschierten die HSV-Profis am Mittwochvormittag um 9.58 Uhr die lange Treppe des Volksparkstadions hinunter zu den Trainingsplätzen. Während Kapitän Aaron Hunt mit individuellen Übungen auf einem Nebenplatz an seinem Comeback arbeitete, absolvierte Gideon Jung zumindest Teile des Mannschaftstrainings. Nur einer kam gar nicht erst auf den regengetränkten Rasen: Kyriakos Papadopoulos. Über den Grund konnten die rund 60 Kiebitze zunächst nur spekulieren. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand erahnte, machte der HSV wenige Minuten später offiziell. Papadopoulos trainiert ab sofort bei der U21, verkündete der Club um 10.15 Uhr auf seiner Homepage.

„Aufgrund der für ihn sportlich unbefriedigenden Situation ist Papa mit dem Wunsch an uns herangetreten, den Verein im Winter verlassen zu können“, wird Sportvorstand Jonas Boldt in der Mitteilung zitiert. „Da wir die Spannung hochhalten wollen, sind wir gemeinsam zu dem Entschluss gekommen, dass er sich so lange bei der Regionalliga-Mannschaft fit halten wird.“

Auch Trainer Dieter Hecking sprach nach der Einheit von einer Entscheidung in „beidseitigem Einvernehmen“. Dass es sich dabei nicht nur um offiziellen Vereinsjargon handelt, unterstreicht die Tatsache, dass überraschenderweise auch Papadopoulos in dem Kommuniqué zu Wort kommt: „Wer mich kennt, der weiß, dass ich immer spielen und dabei alles geben möchte“, wird der Verteidiger darin zitiert. „Die Verantwortlichen haben mir deutlich aufgezeigt, dass dies derzeit nicht möglich ist. Diese Entscheidung habe ich zu akzeptieren.“

Warum Papadopoulos nicht zu Hecking passt

Mit den Verantwortlichen ist vor allem Trainer Hecking gemeint, der mit Papadopoulos drei Perspektivgespräche führte. Schließlich reifte bei Papadopoulos der Entschluss, in Zukunft nicht mehr bei den Profis trainieren zu wollen. Ein Gedanke, mit dem sich der Grieche nach Abendblatt-Informationen in der Vergangenheit schon häufiger beschäftigte. Aus dem Umfeld des Spielers ist zu hören, dass Papadopoulos in der HSV-Reserve nun seine Ruhe haben wolle. Zu groß sei der Frust, sich jeden Tag im Training bei den Profis reinzuhängen und trotzdem zu wissen, in den Plänen des Trainers keine Rolle mehr zu spielen.

HSV-Neuzugang Timo Letschert genießt bei Hecking größeres Vertrauen als Papadopoulos.
HSV-Neuzugang Timo Letschert genießt bei Hecking größeres Vertrauen als Papadopoulos. © WITTERS | Wolfgang Zink

Denn Hecking hat einen offensiv ausgerichteten Ballbesitzfußball mit einer hoch stehenden Viererkette eingeführt. Eine Spielweise, in der die Geschwindigkeitsdefizite von Papadopoulos besonders auffallen, und zugleich seine resolute Art zu verteidigen kaum zur Geltung kommt. Dies wurde gleich beim ersten Saisonspiel gegen Darmstadt (1:1) deutlich, als Papadopoulos keine glückliche Figur abgab. Seitdem kam der Koloss nur noch in einem Pflichtspiel zu einem Kurzeinsatz über 14 Minuten.

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In Zukunft hätte es wohl nicht mal mehr zu einem Platz im 20-köpfigen Kader gereicht. Nach der Rückkehr der länger verletzten Timo Letschert und Ewerton war Papadopoulos hinter den beiden Stammkräften Rick van Drongelen und Gideon Jung sowie Talent Jonas David auf Rang sechs der internen Innenverteidiger-Hierarchie zurückgefallen. Mit dieser Rangordnung wollte sich der impulsive Grieche jedoch nicht anfreunden. „Papa hat damit natürlich ein Problem gehabt, weil er immer spielen will“, sagte Hecking. Der Coach weiß um die Gefahr, dass ein nicht spielender Papadopoulos wegen seiner dominanten Art zum Pulverfass werden kann. „Es ist wichtig, dass unsere Ziele nicht gefährdet werden, weil wir einen in der Kabine haben, durch den Unruhe aufkommen könnte.“

Papadopoulos hat Berater gewechselt

Hecking bestätigte, was auch aus dem Umfeld seines Spielers zu vernehmen war: dass es Papadopoulos' ausdrücklicher Wunsch gewesen sei, in die U21 versetzt zu werden. "Es war von uns nicht so vorgesehen. Wir hätten ganz normal bis Vertragende mit ihm weitergemacht", betonte der Trainer am Mittwoch.

Enis Alushi bei einem Spiel für St. Pauli im Jahr 2016.
Enis Alushi bei einem Spiel für St. Pauli im Jahr 2016. © Witters

Nun muss sich der Club entscheiden, ob Papadopoulos in der U21 auch spielen soll. Im Januar will der Abwehrspieler dann aber einen Schlussstrich unter das Kapitel HSV ziehen. Dabei helfen soll ihm nicht mehr sein bisheriger Berater Paul Koutsoliakos, mit dem die Zusammenarbeit vor einer Woche beendet wurde, sondern die von Ex-St.-Pauli-Profi Enis Alushi und Thomas Dorawa geführte Agentur Seven United. Der Kontakt mit Alushi besteht bereits seit Monaten. Letztlich überzeugte der frühere Mittelfeldspieler den Innenverteidiger mit der ihm aufgezeigten Perspektive.

„Papa ist traurig und enttäuscht, dass er bei den Profis des HSV keine sportliche Perspektive mehr hat“, sagte Alushi dem Abendblatt. „Er hat in der U21 ein besseres Gefühl, sich sportlich und mental auf die Zukunft vorzubereiten.“

Ominöse Klausel erschwert Papa-Wechsel

Im Falle eines Transfers würde der HSV die Hälfte des Jahresgehalts seines Topverdieners (rund 2,2 Millionen Euro) einsparen. Erschwerend kommt jedoch hinzu, dass Papadopoulos’ Ex-Verein Leverkusen wegen einer Weiterverkaufsklausel selbst bei einem ablösefreien Wechsel ein Millionenbetrag zusteht. Um diese Zahlung zu vermeiden, strebt der HSV nach Abendblatt-Informationen eine Lösung mit allen Beteiligten an. Denkbar ist zum Beispiel eine Vertragsauflösung, wodurch die Klausel ohnehin unwirksam würde. Dann allerdings wäre eine Abfindung für Papadopoulos (Vertrag bis Sommer 2020) fällig.

Bevor sich der HSV und Papadopoulos mit solchen Szenarien beschäftigen, steht für den Griechen allerdings der biedere Regionalliga-Alltag an. Und zwar am heutigen Donnerstag mit zwei Trainingseinheiten um 11 Uhr und 16 Uhr. Ein Tag, an dem die Profis frei haben.