Kitzbühel. Der griechische Verteidiger hat durch seine Verletzungshistorie keinen Markt mehr, wäre für den HSV aber ohnehin quasi unverkäuflich.
Kyriakos Papadopoulos sieht nach dem Training des HSV am Dienstagvormittag so aus, wie man sich Kyriakos Papadopoulos nach einem Training vorstellt. Der Schweiß rinnt dem Griechen von der Stirn, im Gesicht kleben Grashalme, die Stutzen sind schwarz. "Der Trainer scheucht uns ganz schön“, sagt der sichtlich erschöpfte Papadopoulos. "Aber das ist gut.“ Und vor allem: "Mir geht es gut."
Vier Wörter, die für den Innenverteidiger in den vergangenen Jahren keinesfalls eine Selbstverständlichkeit waren. In der vergangenen Saison stand Papadopoulos wegen eines schweren Knorpelschadens lediglich in einem einzigen Zweitligaspiel (1:2 gegen Magdeburg) auf dem Platz – seit seinem Wechsel aus Griechenland nach Deutschland 2010 verpasste der dauerverletzte Abwehrkoloss sogar 1171 Trainingstage, beziehungsweise 151 Ligaspiele.
Manchester United wollte Papadopoulos
Nun also wieder einmal der nächste Neuanfang. "Ich komme aus einer langen Verletzung“, sagt Papadopoulos, der auch nach neun Jahren noch kein perfektes Deutsch spricht. "Ich bin gut“, sagt der 1,85 Meter große Grieche, meint aber wohl: "Mir geht es gut.“
Bleibt die Frage, ob neben dem Gemeinten auch das wirklich Gesagte stimmt. Ist dieser Papadopoulos, den einst halb Europa jagte, der mit Schalke und mit Leverkusen in der Champions League spielte und den sogar Manchester United unbedingt verpflichten wollte, tatsächlich noch immer ein Guter?
Beim HSV hat man da zumindest seine Zweifel, hofft aber auf das Beste. Mit Ewerton holten die Hamburger bereits einen Innenverteidiger, der als gesetzt gilt. Ein zweiter Abwehrmann soll zudem noch kommen. Und sollte Papadopoulos, der durch seine zahlreichen Verletzungen keinen Markt mehr hat, überraschend zur alten Stärke finden? Dann freut sich Trainer Dieter Hecking. Und wenn nicht? Dann nicht.
"Papa" sieht den HSV besser als im Vorjahr
Immerhin, der neue Coach hat es Papadopoulos angetan. "Es ist gut, dass wir jetzt einen erfahrenen Trainer haben, der weiß, in welche Richtung wir gehen müssen. Das sieht man ja auch", sagt der griechische Patient, der – auch ohne ausgefeilte Deutschkenntnisse – selten ein Blatt vor den Mund nimmt.
Mit Hecking-Vorgänger Hannes Wolf war das Verhältnis mittelprächtig, Vorvorgänger Christian Titz kritisierte er ganz direkt: "Dass man die Erfahrenen, die letzte Saison den Klassenerhalt geschafft haben, nicht in die Mannschaft nimmt, kann ich nicht verstehen", schimpfte er einst.
Besonderes Spiel gegen Olympiakos Piräus
Nun, der Klassenerhalt ist lange her. Längst geht es nicht mehr um Abstiegskampf, sondern um Aufstiegskampf. "Wir sind besser als im letzten Jahr, spielen besseren Fußball“, sagt Papadopoulos, der diese gewagte Aussage bereits an diesem Mittwoch unter Beweis stellen will. Um 18 Uhr empfängt der HSV den griechischen Topclub Olympiakos Piräus, der – so will es der Zufall – Papadopoulos‘ erster Profiverein war.
"Für mich ist das natürlich ein besonderes Spiel“, gibt der Nationalspieler ganz offen zu. Noch immer kenne er viele Spieler, mit denen er bereits als Talent in Piräus zusammengespielt habe: Konstantinos Fortounis, Vassilis Torosidis und natürlich Avraam Papadopoulos. Papa trifft Papa? Der Wahl-Hamburger muss lachen: "Papadopoulos ist in Griechenland ein Name wie Müller in Deutschland."
Papadopoulos debütierte mit 15 Jahren
Auf einen x-beliebigen Meier-Müller-Schulze-Club wird der HSV an diesem Mittwoch aber sicherlich nicht treffen. "Piräus ist eine Top-Mannschaft“, warnt Papadopoulos, Kyriakos. "Die haben eine richtig gute Mannschaft. Und Kohle. Das wird ein harter Test.“ Tatsächlich hofft der griechische Vizemeister in diesem Sommer sogar auf den Einzug in der Champions League, muss in der Quali gegen Viktoria Pilsen aus Tschechien ran. "Die sind echt gut“, sagt Papadopoulos, der sich darüber freut, dass der Test zwischen seinem ersten und seinem jetzigen Club sogar im griechischen Fernsehen live übertragen wird. "In Piräus bin ich immerhin zum Profi geworden – mit 15.“
Mit 15 Jahren und 283 Tagen, um genau zu sein. Zwölf Jahre ist das nun schon her. "Es war ein enormer Sprung, der mich aber sehr geprägt hat“, sagte Papadopoulos mal dem Abendblatt. Natürlich sei es hart gewesen, als Teenager sein Heimatdorf Katerini zu verlassen, um sein Glück im 600 Kilometer entfernten Piräus zu suchen. "Sehr hart.“ Doch der Sprung ins kalte Wasser war eine gute Schule. Fußball ist ein Haifischbecken – und kaum ein Hamburger weiß das besser als Papadopoulos.
Klausel macht "Papa" quasi unverkäuflich
Knapp zwei Jahre ist es jetzt her, dass der ehemalige HSV-Trainer Markus Gisdol den griechischen Haudegen "um jeden Preis" haben, sprich kaufen wollte. Die damaligen Verantwortlichen des HSV zahlten schließlich 6,5 Millionen Euro – und sicherten Leverkusen zudem eine höchst fragwürdige Weiterverkaufsklausel zu. So müssen die Hamburger Bayer einen zusätzlichen Millionenbetrag überweisen, sollten sie Papadopoulos vor Vertragsende abgeben. Im Klartext bedeutet das: Selbst wenn der HSV den Topverdiener ablösefrei ziehen lassen und ein Teil des Gehalts übernehmen würde, müsste der Club zusätzlich auch noch Leverkusen ausbezahlen. Ein absurdes Szenario, das sich keinesfalls rechnen kann.
Papadopoulos lächelt. Über Zahlen, Summen und Klauseln spricht der Fußballer ungern. Die Wahrheit liegt nun mal auf dem Platz – beim "Master of Grätsche“ vielleicht sogar mehr als bei manch anderem. Handgestoppte 4:44 Minuten hat sich der Grieche nach dem Vormittagstraining dann aber trotzdem für die Fragen der Journalisten Zeit genommen, nun will er los. "OK?“, fragt er kurz in die Runde und wischt sich den Schweiß von der Stirn. "Heute Nachmittag geht’s weiter.“