Hamburg. Hamburger gehen nach 3:0 im Nordduell als Tabellenführer in Länderspielpause und erleben emotionalen Höhepunkt. Özcan in die Türkei.

Bakery Jatta verschwand in einer Jubeltraube, die souveräne Tabellenführung des HSV geriet fast zur Nebensache: Nach schweren Wochen hat der Gambier den HSV mit einem Tor zum souveränen 3:0 (1:0) im Nordduell gegen Hannover 96 geführt und Platz eins in der 2. Fußball-Bundesliga gefestigt.

Jatta erlebte nach dem jüngsten Spießrutenlauf von Karlsruhe und den zahlreiche Schlagzeilen um seine Identität nach seinem Treffer zum 3:0 (75.) emotionale Momente. Während Trainer Dieter Hecking mit erhobenen Armen an der Seitenlinie stand und die HSV-Fans ausflippten, rannten fast alle Mitspieler auf den Gambier zu und klopften ihm begeistert auf den Kopf.

Weil zudem Sonny Kittel (35.) und David Kinsombi (59.) in der einseitigen Begegnung trafen, untermauerte der HSV seine Aufstiegsambitionen eindrucksvoll. Das Hecking-Team feierte den vierten Sieg in Folge und liegt in der Tabelle mit 13 Punkten bereits klar vor den Überraschungsclubs SV Sandhausen (10) und Arminia Bielefeld (9).

Hannover wird wohl auf Protest wegen Jatta verzichten

Für Jatta hatte der Tag schon verheißungsvoll begonnen. Auch die 96-Fans setzten wie angekündigt ein Zeichen „in die Liga und in die Gesellschaft“ und verzichteten auf Pfiffe oder Beleidigungen. „Es ist alles gesagt. Wir hoffen, dass jetzt schnellstmöglich Ruhe reinkommt“, hatte Hecking kurz vor dem Anpfiff bei Sky gesagt.

Der HSV-Coach vertraute der Formation, die eine Woche zuvor beim Karlsruher SC mit 4:2 erfolgreich gewesen war. Somit war auch Stürmer Jatta trotz der Zweifel an seiner Identität wieder mit dabei. Für den wieder genesenen Kapitän Aaron Hunt hieß dies: Er durfte erst einmal auf der Bank Platz nehmen. Jonas David hatte seinen Platz im 20er-Kader für ihn abgeben müssen.

Dagegen änderte Hannovers Trainer Mirko Slomka seine Mannschaft im Vergleich zum enttäuschenden 1:1-Unentschieden gegen Greuther Fürth gleich auf drei Startpositionen: Für Cedric Teuchert, Florent Muslija und den verletzten Linton Maina kamen Josip Elez, Genki Haraguchi und Hendrik Weydandt ins Spiel.

Jung rettet gegen Ducksch

Der Respekt, den die beiden Trainer einander in den vergangenen Tagen gezollt hatten, schien sich auch auf dem Platz niederzuschlagen: Weder der HSV noch Hannover war zunächst zu größerem Risiko bereit. Ein erster Torschuss von Khaled Narey machte 96-Torhüter Ron-Robert Zieler keine Probleme (8. Minute).

Wenig später versuchte es David Kinsombi spektakulär per Fallrückzieher – Sonny Kittel hatte nach schöner HSV-Kombination abgelegt (15.). Richtig gefährlich war aber auch diese Aktion nicht. Ganz im Gegenteil zur nächsten Szene auf der anderen Seite des Spielfelds, als sich Gideon Jung in größter Not in den Schuss von Hannovers Stürmer Marvin Ducksch warf (18.).

Die Statistik

HSV

Heuer Fernandes - Gyamerah, Gideon Jung (76. Papadopoulos), van Drongelen, Leibold – Fein – Kinsombi, Kittel (83. Hunt) – Narey, Jatta (87. Wood) – Hinterseer. – Trainer: Hecking.

Hannover 96

Zieler – Franke, Elez (73. Hansson), Anton – Korb, Bakalorz (60. Teuchert), Prib, Jannes Horn – Haraguchi – Weydandt, Ducksch (74. Muslija). – Trainer: Slomka.

Tore

1:0 Kittel (35.), 2:0 Kinsombi (59.), 3:0 Jatta (75.).

Schiedsrichter

Schiedsrichter: Bastian Dankert (Rostock).

Zuschauer

54.732.

Gelbe Karten

Keine.

Erweiterte Statistik (Quelle: deltatre)

Torschüsse: 20:9;Ecken: 4:3;Ballbesitz: 51:49 Prozent;Zweikämpfe gewonnen: 88:82.

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Jungs Nachtreten bleibt ungeahndet

Doch danach bekam der HSV die Partie und Gegner zunehmend in den Griff. Und so war das Führungstor nur konsequent: Khaled Narey setzte sich in einer starken Einzelaktion auf dem rechten Flügel durch, seine Hereingabe von der Grundlinie brauchte der völlig unbedrängte Sonny Kittel nur über die Linie zu drücken.

In der Folge aber hat der HSV gleich zweimal Glück: zum einen, weil Abwehrchef Rick van Drongelen trotz Problemen an der Achillessehne weitermachen kann (37.); zum anderen, weil kurz darauf ein Nachtreten von Jung gegen Ducksch ungeahndet bleibt – über einen Platzverweis hätte sich der HSV nicht zu beschweren brauchen.

Heuer Fernandes verhindert Anschlusstor

Kinsombi hätte noch vor der Halbzeitpause nachlegen können, doch sein Drehschuss im Strafraum geriet zu zentral (44.). Er sollte das nach dem Seitenwechsel nachholen. Einen Narey-Schuss aus halbrechter Position konnte Zieler nur nach vorn abprallen lassen, Kinsombi staubte aus fünf Metern ab – 2:0.

Die Entscheidung war das aber noch lange nicht. Denn Hannover begann sich nun zu wehren. Einen Schuss von Edgar Prib klatschte HSV-Torhüter Daniel Heuer Fernandes nach vorn ab, um dann seinen Fehler mit einer Glanztat gegen Ducksch mehr als wettzumachen (73.).

Jatta sorgt für den emotionalen Höhepunkt

Kurz danach wurde es emotional: Mit ganz viel Willenskraft und etwas Glück wurschtelte sich Jatta auf der linken Strafraumseite an 96-Kapitän Marvin Bakalorz vorbei, den anschließenden Schuss konnte Zieler nicht entscheidend ablenken – die Entscheidung.

Jatta wusste, bei wem er sich zu bedanken hatte: Er rannte direkt in die Arme von Hecking, der ihn öffentlich in Schutz genommen und trotz der Proteste an ihm festgehalten hatte. Kein HSV-Spieler, der sich anschließend nicht in die Jubeltraube geworfen hätte. Und die 54.732 Zuschauer ließen das Volksparkstadion erbeben.

Bei seiner Auswechslung in der 87. Minute wurde Jatta mit Sprechchören gefeiert, manchen auf der Tribüne standen Tränen in den Augen. "Wie Bakery damit umgeht, ist sensationell. Dass wir und das ganze Stadion ihm das heute gegönnt haben, ist ja unbestritten", sagte Hecking später: "In der Art und Weise, wie es passiert ist, da kann man ein Drehbuch schreiben."

Hannover wird wohl auf Protest verzichten

Am Ende ging der Sieg des HSV voll in Ordnung – und wird wohl auch nicht mehr angezweifelt. Anders als der 1. FC Nürnberg (0:4), der VfL Bochum (0:1) und der Karlsruher SC (2:4) wird Hannover wohl auf einen Protest gegen die Wertung der Niederlage verzichten, auch wenn der Absteiger mit nur einem Saisonsieg weiter im Mittelfeld der Tabelle feststeckt.

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Özcan wechselt nach Istanbul

Für Berkay Özcan dürfte es das letzte Spiel gewesen sein, das er als HSV-Profi erlebt hat. Der von Hecking aussortierte türkische U-21-Nationalspieler wechselt zum türkischen Vizemeister Basaksehir Istanbul. Das bestätigte Hecking in der Pressekonferenz. Özcan (21), erst im Frühjahr vom HSV bis 2023 fest verpflichtet, wechselt auf Leihbasis, wobei der HSV Basaksehir eine Kaufoption einräumt.

Am Montag läuft die Transferfrist in Deutschland und in der Türkei ab. Ob der HSV noch einen Zugang präsentiert, ließ Hecking offen. „Vielleicht gibt es noch einen Zugang, vielleicht gibt es noch einen Abgang. Wir sind da noch in Gesprächen.“ Die Gruppe sei „sehr, sehr gut. Und jeder Junge, der uns jetzt verlässt, tut mir leid.“