Hamburg. Der HSV-Trainer kritisiert die öffentliche Einschätzung des 1:1 gegen Darmstadt 98 und lobt die Verkaufskandidaten.

Am Tag nach dem 1:1 gegen Darmstadt 98 herrschte beim HSV "Business as usual". Die Stammspieler liefen mit Ausnahme von Kapitän Aaron Hunt und Abwehrspieler Kyriakos Papadopoulos durch den Volkspark und der Rest der Mannschaft stand beim Spielersatztraining auf dem Platz. Trainer Dieter Hecking konnte sich dabei erstmals von Xavier Amaechi (18) ein Bild machen.

Ein Bild konnte sich der 54-Jährige auch davon machen, wie das Unentschieden zum Saisonauftakt in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. Der Tenor, dass das Remis aufgrund des Elfmeters nach Videobeweis in der Nachspielzeit glücklich war, störte den Trainer massiv. "Das ist eine Meinungsmache, die ich null aktzeptiere", echauffierte sich Hecking, der vor allem Videoschiedsrichterin Bibiana Steinhaus in Schutz nahm: "Steinhaus wird in ein Licht gesetzt, dass sie uns in der 95. Minute ein Geschenk machen wollte. Das war ein klarer Elfmeter. Es war nicht nur ihr gutes Recht, einzuschreiten. Es war ihre Pflicht! Bibi hat uns geholfen? Schwachsinn."

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Hecking warnt vor zu negativer Betrachtungsweise

Hecking versuchte mit Macht, das Unentschieden gegen Darmstadt nüchtern und sachlich zu analysieren. Dabei ist auch dem ehrgeizigen Coach aufgefallen, dass noch längst nicht alles perfekt lief. Vor allem die altbekannte Schwäche vor dem gegnerischen Tor ist auch im nicht verborgen geblieben. Allein in der guten ersten Halbzeit hätte sich der HSV belohnen müssen, doch sowohl Hunt als auch Jeremy Duziak ließen beste Chancen liegen. Am Montag verzichtete Hecking darauf, öffentlich einen neuen Knipser zu fordern. "Vielleicht holen wir ja gar keinen mehr", sagte Hecking :"Es ist immer leicht zu fordern. Darmstadt hat es defensiv gut gemacht. Nach vorne hatten sie nicht viel zu bieten, sich aber in jedem Ball reingeworfen. Wenn das den Fußball ausmacht, haben sie es gut gemacht", analysierte Hecking, der sich einen süffisanten Seitenhieb gegen die Medien nicht verkneifen konnte. "Deshalb hat Darmstadt im Kicker eine bessere Note bekommen als wir."

HSV-Trainer will schlechte Chancenverwertung nicht überbewerten

Doch Bestnoten hatten sich die Hamburger eben im Abschluss auch nicht verdient. Bereits in der Vorbereitung monierte Hecking selbst, dass die Zielstrebigkeit vor dem Tor fehlen würde. Die Frage ist: Liegt es an der fehlenden Qualität oder ist es ein Kopfproblem? "Es ist das erste Spiel gewesen. Ich weiß nicht, was Sie von mir hören wollen. Wenn wir nach zehn Spielen nur ein Tor geschossen haben, dann können Sie mich noch mal ansprechen. Was soll daran bitte ein mentales Thema sein?", so Hecking.

Verkaufskandidaten erhalten Sonderlob vom Trainer

Einen mental guten Eindruck attestierte Hecking indes jenen Spielern, die derzeit in der zweiten Reihe stehen. Verkaufskandidaten wie David Bates oder Gotoku Sakai lassen sich im Training nicht hängen. "Es ist harmonisch. Sie verbereiten keine schlechte Stimmung und stören nicht. Wenn keine Abnehmer da sind, werden wir unsere Verträge erfüllen. Für den einen oder anderen ist die sportliche Perspektive durch die Neuzugänge eine andere geworden, aber es ist ja nicht so, dass man sagt: Geh, bitte! Die Spieler müssen auch Angebote haben und die gibt es derzeit nicht", sagte Hecking.

HSV-Kader hat nach wie vor viele Fragezeichen.

Und so wird der HSV-Trainer vorerst mit einem breiten Kader arbeiten müssen. Ein abschließendes Urteil über die Qualität des gesamten Kaders will Hecking noch nicht fällen. Zu viele Spieler haben noch Trainingsrückstand. Abwehrspieler Timo Letschert trainierte am Montag nur individuell. "Er hat Probleme mit dem Außenband im Knie. Am Mittwoch wird er aber wieder ins Mannschaftstraining einsteigen", erklärte Hecking. Auch bei Innenverteidiger Ewerton soll die Belastung sukzessive gesteigert werden. "Er merkt seine Stelle an der Leiste noch. Das wird ihn auch noch etwas begleiten. Einen kurzen Moment tut es weh, dann baut der Schmerz aber langsam wieder ab. Er wird in der Woche mehr Inhalte im Training mitmachen, Für Nürnberg sehe ich ihn aber noch nicht", sagte Hecking.

Jung kuriert Verletzung aus und mischt wieder voll mit

Besser sieht es dagegen für Gideon Jung aus, der nach überstandener Verletzung wieder im Teamtraining ist. Der Defensivallrounder könnte eine Alternative für das Spiel in Nürnberg werden. Aufgrund der vielen Spieler, die noch nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte sind, wird es für Hecking ein gutes Gespür beweisen müssen, wann die Profis letztlich einsatzbereit sein werden. "Ich werde nach meinem Gefühl und den Eindrücken meiner Co-Trainer gehen. Ein David Kinsombi war in Kiel ein halbes Jahr mit einem Schienbeinbruch raus, dann kam er zu uns und fehlte mit einem Muskelfaserriss drei Wochen. Deshalb kommt er derzeit vielleicht über die Einwechselrolle gar nicht hinaus", sagte Hecking: "Auch bei Letschert, Ewerton und Amaechi muss man schauen,wann der richtige Zeitpunkt ist."

Eine genaue Prognose, wann der komplette Kader zur Verfügung steht, ist schwer zu treffen. An Arbeit wird es Dieter Hecking und seinem Trainerteam in den kommenden Wochen also kaum mangeln.