Kitzbühel. Der neue Co-Trainer ist die Fragen nach seinem Bruder gewohnt. Heckings Wunschassistent gilt als größter Sport-Maniac beim HSV.

Fünf Minuten. Immerhin fünf Minuten, muss man wohl sagen. So lange dauert es, bis der Sky-Reporter im Mannschaftshotel des HSV in Kitzbühel Hamburgs Co-Trainer danach fragt, wonach immer gefragt wird, wenn Tobias Schweinsteiger der Gesprächspartner ist: Bruder Basti. Ja, der Basti finde auch, dass der HSV eine interessante Aufgabe sei, versichert Tobi routiniert. „Der Basti freut sich und wird alles beobachten.“

Fünf Sätze und fertig. So schnell kommt Tobias Schweinsteiger (37) sonst meist nicht davon. Schon gar nicht am fünften Jahrestag des WM-Finales von 2014, als der drei Jahre jüngerer Bruder blutüberströmt Deutschland zum Titel gegen Argentinien grätschte. „Ich hab’s von daheim aus verfolgt“, sagt er, nachdem er das TV-Interview beendet und im Sessel Platz genommen hat. „2010 ist mein Vater extra zum WM-Halbfinale geflogen, und dann ging es in die Hose. Deswegen sind wir diesmal bewusst zu Hause geblieben.“

Schweinsteiger reagiert entspannt auf Fragen nach dem Bruder

Der kleine Bruder: Weltmeister, Champions-League-Sieger, Weltstar. Der große Bruder: Regionalliga-Meister, Drittligaspieler des Monats und vor allem: Big Brother. „Der Andere“, stand über einem Porträt im „SZ-Magazin“, noch direkter war nur die „FAZ“ in ihrer Überschrift: „Der Bruder von“.

Schweinsteiger selbst reagiert entspannt auf die Dauerfragerei nach dem Bruder. „Ich bin das gewohnt“, sagte er mal. „Für die meisten bin ich der Bruder vom Basti. Der Zusammenhang ist immer da, das ist halt so, damit muss ich mich abfinden. Aber es macht mich nicht schlechter, dass mein Bruder so gut ist.“

Ganz im Gegenteil. Was die wenigsten wissen: Schweini II, wie Tobias auch genannt wird, hat sich längst den Ruf als echtes Trainertalent erworben. Vor zwei Jahren hat er seinen A-Trainerschein mit der Punktzahl „Vierzehnkommairgendwas von 15“ bestanden und dabei die Theorieprüfung mit null Fehlern absolviert. Das war in den 16 Jahren zuvor nur einem gelungen: Thomas Tuchel.

Seine Aufgabe: Spielanalyse und Gegneranalyse

Lange bevor Dieter Hecking Cheftrainer beim HSV wurde, suchte der Coach den Kontakt zu Schweinsteiger, um ihn eine Rolle in seinem neuen Trainerteam schmackhaft zu machen. „Das Gespräch mit Dieter Hecking war super interessant“, sagt Schweinsteiger, trinkt einen Schluck Wasser und umreißt seine Hauptaufgabe als HSV-Assistent: Spielanalyse und Gegneranalyse.

Wirklich besonders ist aber Schweinsteigers ganzheitlicher Ansatz. „Man kann aus anderen Sportarten auch für den Fußball viel rausholen“, sagt der Sport-Maniac. Schweinsteiger ist süchtig: nach Fußball, Basketball, Baseball, Eishockey, Beachvolleyball und Skifahren. Der Allrounder macht alles – und verfolgt alles. So war er vor anderthalb Wochen Dauergast am Rothenbaum bei der Beachvolleyball-WM. „Auch beim Baseball habe ich in Hamburg schon vorbeigeschaut. Aber nur drei Innings, dann musste ich zum Beachvolleyball.“

Schweinsteiger ist polyvalent

Sein größtes Steckenpferd neben dem Fußball sind aber die Wintersportarten. Als Jugendlicher stark in der Abfahrt, im Riesenslalom, im Slalom. Aber eben auch nicht stark genug, um bei den Profis ganz vorne mitzufahren. Auch Eishockey spielte er in Rosenheim wie verrückt – und hospitierte im vergangenen Sommer zwei Wochen lang bei Matt McIlvane, dem Co-Trainer von Red Bull München. „Man kann auch beim Eishockey viel sehen, was man auf den Fußball übertragen kann“, sagt Schweinsteiger, und zählt auf: „Zum Beispiel wie man eine Drei-gegen-zwei-Situation oder eine Zwei-gegen-eins-Situation löst.“

Schweinsteiger ist so einer, den man auf Neudeutsch polyvalent nennt. Vielseitig. Vor allem aber: sehr viel mehr als „der Andere“ oder „der Bruder von“.