Hamburg. Lotto King Karl äußert sich erstmals zur möglichen Abschaffung seines Stadion-Hits – und attackiert dabei HSV-Präsident Jansen.

Einen Tag nach der öffentlich angeschobenen Debatte um die Zukunft der HSV-Stadionhymne "Hamburg, meine Perle" hat sich Urheber Lotto King Karl erstmals selbst ausführlich zu Wort gemeldet und dabei unter anderem gegen Vereinspräsident Marcell Jansen geschossen. "Ich verstehe die Diskussion schon", sagte der 52 Jahre alte Musiker und Stadionsprecher am Donnerstag im Radiosender Bremen Vier.

Nach dem sportlichen Niedergang könne man beim HSV wie die nun ausrangierte Stadionuhr oder das Dino-Maskottchen "alles hinterfragen". Dazu gehöre auch, "nicht jeden Song ums Verrecken bis in alle Ewigkeit spielen zu müssen".

HSV will mit NDR über Abschaffung sprechen

Allerdings halte er eine auf "Schlagworte" reduzierte Auseinandersetzung für verfehlt, sagte Lotto King Karl. Erst in der vergangenen Woche habe er sich mit HSV-Vorstandschef Bernd Hoffmann über grundsätzliche Themen unterhalten, erzählte der Sänger. Um den Stadionsong sei es dabei nicht gegangen.

Schließlich sei Hoffmann in diesem Fall ohnehin nicht sein Vertragspartner, sondern der NDR. Der öffentlich-rechtliche Sender verantwortet das Rahmenprogramm im Volksparkstadion und damit auch den Live-Auftritt des Künstlers vor dem Fanblock auf der Nordtribüne. Der HSV will jetzt mit seinem Medienpartner NDR besprechen, ob das Lied künftig aus der Stadionshow gestrichen wird.

Lotto King Karl: "Komischer Stil"

Der Spruch, dass der Fisch immer vom Kopf stinke, stimme in diesem Fall nicht, sagte Lotto King Karl. "Ich habe mit dem Kopf dagesessen, mit Bernd (Hoffmann/Anm.d.Red.), und er hat überhaupt nichts gesagt dazu. Der Fisch stinkt vom Fisch. Weil plötzlich aus einer anderen Ecke mal Leute unbedingt in die Zeitung wollten. Das finde ich einen komischen Stil."

Am Mittwoch hatte der mächtige Fan-Dachverband Supporters e.V. kritisiert, dass es in "Hamburg, meine Perle" in "keiner Textstelle" um den HSV gehe. "Wir träumen darin immer noch von Juve oder Rom, und wir singen noch davon, dass es für Bremen hier nichts zu holen gibt", schrieb Supportes-Chef Horn bei Facebook. Ebenfalls gestern wurde HSV-Präsident Jansen in der Sportbild mit dem Satz zitiert: "Sich immer an die Vergangenheit zu klammern, das ist falsch."

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Extra-Spitze gegen Marcell Jansen

Lotto King Karl und Marcell Jansen (r.) im Dezember 2013 bei der Weihnachtsveranstaltung der HSV-Stiftung
Lotto King Karl und Marcell Jansen (r.) im Dezember 2013 bei der Weihnachtsveranstaltung der HSV-Stiftung "Der Hamburger Weg". © Picture Alliance

In der Hymnen-Frage hätte er eine direkte Konfrontation durchaus begrüßt, sagte Lotto King Karl: "Wenn es darum geht, eine Sache konstruktiv zu verändern, hätten sowohl Cello (Marcell Jansen/Anm.d.Red.) als auch Timo (Supporters-Chef Timo Horn) mich anrufen und sagen können, 'wie stehst du eigentlich dazu?' Man hätte ja ganz normal reden können". Und für Jansen hatte der Stadionsprecher noch eine Extra-Spitze parat: "Ich bin mir nicht sicher, ob Marcell Jansen weiß, dass er Präsident des e.V. und nicht der AG ist, weil viele Interviews deuten darauf hin, dass er es nicht weiß."

Neuauflage als "ziemlich teurer Spaß"

An seiner Hymne wolle er sich letztlich nicht "festkrallen", sagte Lotto King Karl: "Niemand ist so verrückt und tritt in einem Fußballstadion auf, wenn keiner ihn da sehen oder hören will. Das wäre vor 50.000 Leuten eine Folter." Das Lied sei vor 19 Jahren zunächst nicht als Stadionsong konzipiert worden. Erst mit seinem Engagement als Stadionsprecher vor 14 Jahren habe er das Stück umgewidmet.

Durch Auf- und Abstiege textlich erwähnter Vereine "hätte man eigentlich nach jeder Saison einen neuen Song machen müssen", sagte der Musiker, der eine regelmäßige Neuauflage als "ziemlich teuren Spaß" bezeichnete.

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Lotto: Werder und Bayern müssen rein

Unabhängig von der Ligazugehörigkeit sollte außerdem Werder Bremen alleine aufgrund der Rivalität einen festen Platz in einer HSV-Hymne haben. Gleiches gelte für den Rekordmeister aus München. "Du kannst in Deutschland nicht ernsthaft einen Fußballsong machen, ohne die Bayern zu erwähnen. Ob man die nun mag oder nicht, das ist einfach so", sagte Lotto King Karl.

Im Ruhrgebiet würden sich zudem Fans von Borussia Dortmund und Schalke 04 "auf den Schlips" getreten fühlen, wenn er das Stück ohne eine Textzeile über ihre Vereine darbieten würde. "Der Song hat sich jetzt nicht so schlecht verkauft, sodass man das Gefühl hat, wir haben alles falsch gemacht."

"Abschlach" statt Lotto King Karl?

Das Musikmagazin Rolling Stone habe "Hamburg, meine Perle" neben Klassikern wie "You'll Never Walk Alone" oder "We Are The Champions" einst als einen der zehn wichtigsten Fußballsongs aller Zeiten geadelt. "Da war sonst kein einziger deutscher Song im Blick." Was Lotto King Karl dabei allerdings verschwieg: In einer aktualisierten Liste findet sein Werk schon keine Berücksichtigung mehr – im Gegensatz zu Titeln wie "Fußball ist unser Leben" oder dem "Bayern"-Hit der Toten Hosen.

Wie auch immer die Hamburger Hymnenfrage beantwortet werden wird, Deutsch gesungen wird im Volksparkstadion in Zukunft im Gegensatz zu internationaler ausgerichteten Vereinen wie Bayern München ("Forever Number One") mit großer Wahrscheinlichkeit weiterhin. Nicht wenige Fans hatten schon nach dem Abstieg mit dem Abschlach-Hit "Mein Hamburg lieb ich sehr" geliebäugelt …