Hamburg. HSV will sich von der Vergangenheit lösen. Wie reagiert der Club auf die Debatte um eine Abschaffung von “Hamburg, meine Perle“?
Die berühmte Stadionuhr des HSV hat endgültig ausgedient. Nach der verpassten Bundesliga-Rückkehr will der Verein nicht mehr an ihre Vergangenheit als Dino des Oberhauses erinnert werden. Auch die Hymne "Hamburg meine Perle", wird auf den Prüfstand gestellt.
Zunächst soll der riesige Zeitmesser, der einst die Dauer der Erstliga-Zugehörigkeit des HSV anzeigte, demontiert werden. "Wir haben bereits zum Ende der vergangenen Saison entschieden, die Uhr abzubauen. Wir möchten uns in die Zukunft ausrichten. Dabei hilft der ständige Blick in den Rückspiegel nicht", sagte HSV-Vorstandschef Bernd Hoffmann der "Bild"-Zeitung. Präsident Marcell Jansen ergänzte in der "Sportbild": "Sich immer an die Vergangenheit zu klammern, das ist falsch.“
In den ersten Netzreaktionen befürwortet die Mehrzahl der Fans die Entscheidung. Supporters-Chef Tim-Oliver Horn, bei Twitter als User "Sommerpause" unterwegs, kritisiert gar, dass die Stadionuhr nicht schon vor einem Jahr nach dem erstmaligen Abstieg der Clubgeschichte abgebaut worden war.
Was wird aus "Hamburg, meine Perle"?
Außerdem sieht der Supporters Club, der die rund 88.000 HSV-Mitglieder vertritt, nun die Zeit für den Zweitligisten gekommen, um auch die Hymne "Hamburg, meine Perle" abzuschaffen. In einem Facebookbeitrag kritisiert die Dachorganisation der Fans, dass es in "keiner Textstelle" des Liedes von Lotto King Karl um den HSV gehe, sondern vielmehr andere Vereine verhöhnt werden. Zudem werde von Juventus Turin oder Rom geträumt und davon, dass es für Erzrivale Werder Bremen in Hamburg nichts zu holen gebe.
"Wollen wir mal ehrlich sein? Bremen hat uns über Jahre abgehängt, hat uns am Ende immer geschlagen, wenn es darauf ankommt und wir singen: '…gibt’s für dich hier nix zu holen'', schreibt Horn. Im Gespräch mit dem Abendblatt kann er sich auch eine Zukunft von Lotto King Karl beim HSV vorstellen – aber unter einer Bedingung. "Ich würde es okay finden, wenn Lotto weitermacht, aber nicht mit diesem Lied", sagt Horn, der seinen Vorstoß mit der Abteilungsleitung der Supporters abgestimmt hat.
So sei das Thema auch schon mehrfach an das Präsidium, den Vorstand und den Aufsichtsrat herangetragen worden. Diesmal erhoffen sich die HSV-Supporters, dass ihr Wunsch erhört wird.
Lotto schweigt, HSV prüft Vorstoß
Auf Abendblatt-Nachfrage wollte sich Sänger Lotto King Karl, der die Hymne vor jedem Heimspiel live im Stadion singt, nicht zu der Forderung äußern. Der HSV, der die Abschaffung der Hymne beschließen müsste, prüft nun intern, ob "Hamburg, meine Perle" eine Zukunft hat. Eine klare Haltung zeigen bereits zahlreich Fans, die Horns Vorstoß in den sozialen Netzwerken begrüßen.
Die Zukunft der Hymne ist also noch offen, die Uhr dagegen hat ausgedient. Unklar ist noch, was nun mit ihr passiert. Anfang Juli soll sie zunächst nach dem Konzert von Pink von Handwerkern abmontiert werden. Das Deutsche Fußball-Museum in Dortmund hinterlegte am Mittwoch bereits sein Interesse, die Uhr auszustellen. „Wir würden uns freuen, die geeignete Stelle wäre auch schon gefunden“, ließ die Museumsleitung über Twitter verlauten.
HSV war bis 2018 der Dino des Oberhauses
Seit dem Abstieg aus der Bundesliga im Vorjahr zeigte die Uhr im Volksparkstadion die Zeitspanne seit der Gründung des Traditionsvereins am 29. September 1887 an. Nach einem Konzert von US-Popstar Pink am 8. Juli sollen Handwerker die Uhr aus der Tribünen-Verkleidung lösen.
Kult-Charakter hatte der Chronograph erlangt, weil er als Erinnerung daran diente, dass der HSV bis 2018 das letzte noch nie abgestiegene Gründungsmitglied der Bundesliga war. Nach exakt 54 Jahren, 261 Tagen, 00 Stunden, 36 Minuten und 02 Sekunden war dies am Ende der Vorsaison vorbei.