Hamburg. Der Supporters-Chef fordert den Club auf, „Hamburg, meine Perle“ abzuschaffen – und löst damit eine Debatte aus.

Es ging um die Zukunft am Mittwoch an der Elbe. „Quo vadis Fußball?“ lautete eines der Mottos der dritten Spielmacher-Konferenz in der Hamburger HafenCity. „Wohin gehst du, Fußball?“ 1300 Gäste waren gekommen, um über Visionen und Innovationen zu sprechen. Muss sich der Fußball den Investoren öffnen? Wann kippt die 50+1-Regel? Was müssen die Clubs tun, um national und international nicht den Anschluss zu verlieren? „Jeder Verein muss rund um diesen sehr traditionellen und sehr wichtigen Fußballkern Lösungen finden, um die Zeichen der Zeit nicht zu verkennen“, sagte der prominenteste Gast, Oliver Kahn. Der frühere Nationaltorwart ist heute ein erfolgreicher Unternehmer und soll künftig beim FC Bayern München die wichtigen strategischen Entscheidungen treffen.

Während in der HafenCity über die Zukunft des Fußballs philosophiert wurde, ging es acht Kilometer weiter westlich mal wieder um die Vergangenheit. Genauer gesagt um die Lehren aus der Vergangenheit. Im Volkspark diskutieren die Verantwortlichen darüber, wie viel Vergangenheit beim HSV noch sein darf. Eine erste Entscheidung ist bereits getroffen. Der HSV wird seine berühmte Stadionuhr abmontieren – mit einem Jahr Verspätung. Seit 2001 hängt die Uhr im Stadion und zeigte die Zeit der Zugehörigkeit des HSV in der Bundesliga an. Nach dem Abstieg vor einem Jahr wurde sie lediglich verändert, zeigt seitdem die Tradition an, also die Zeit seit der Vereinsgründung. Doch mit diesem Traditionssymbol ist jetzt Schluss.

Richtiger Schritt

Für Tim-Oliver Horn geht der Schritt nicht weit genug. Der Chef der HSV-Supporters, mit mehr als 66.000 Mitgliedern die größte Abteilung des Vereins, fordert nach dem Aus für die Uhr auch das Ende der Vereinshymne „Hamburg, meine Perle“, die Lotto King Karl live vor den Heimspielen singt. Den Wunsch hat der Fanboss auch bei Vorstand, Präsidium und Aufsichtsrat des HSV hinterlegt.

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„In der Stadionhymne geht es in keiner Textstelle um den HSV. Wir träumen darin immer noch von Juve oder Rom, und wir singen noch davon, dass es für Bremen hier nichts zu holen gibt“, schreibt Horn in einem Facebook-Eintrag der Supporters. „Wollen wir mal ehrlich sein? Bremen hat uns über Jahre abgehängt.“ Und weiter: „Bei der Uhr machen wir jetzt den ersten, aus unserer Sicht richtigen Schritt, und sie landet im Museum. Lasst uns in der nächsten Saison auch ein Lied über den HSV singen, wenn der Kran nach oben fährt. Gerne auch ohne Kran.“ Im Abendblatt ergänzte Horn: „Ich würde es okay finden, wenn Lotto weitermacht, aber nicht mit diesem Lied.“

Abendblatt-User fordern Abschaffung

Auch der ehemalige Aufsichtsrat Axel Formeseyn fordert im Supporters-Podcast das Aus der Hymne. „Wir ziehen Bayern schon seit 120 Jahren nicht mehr die Lederhosen aus. Das Lied ist einfach scheiße.“ Formeseyn wünscht sich zudem weitere Maßnahmen. „Du musst dieses ganze Haus einreißen. Wir machen nichts selber, wir verwalten nur etwas, von dem wir vor 20 Jahren gehört haben, dass es cool war. Es ist nichts Neues entwickelt worden – alles ist von früher.“ Lotto King Karl wollte sich auf Nachfrage nicht äußern. In einer ersten Umfrage auf abendblatt.de stößt der Vorstoß auf Zustimmung. 60 Prozent der Teilnehmer votierten bislang dafür, die Hymne vor dem Spiel abzuschaffen.

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Schon vor einem Jahr nach dem Abstieg hatte Horn den Song intern infrage gestellt. Vergeblich. Diesmal könnte das Ergebnis anders ausfallen. Wie der HSV mitteilte, wird aktuell geprüft, ob „Hamburg, meine Perle“ eine Zukunft hat.

Die Zukunft der „Perle“ ist also noch offen, die Stadionuhr dagegen hat ausgedient. Unklar ist noch, was nun mit ihr passiert. Anfang Juli soll sie zunächst nach dem Konzert der Pop-Rock-Sängerin Pink von Handwerkern abmontiert werden. Das Deutsche Fußballmuseum in Dortmund hinterlegte am Mittwoch bereits sein Interesse, die Uhr auszustellen. „Wir würden uns freuen, die geeignete Stelle wäre auch schon gefunden“, ließ die Museumsleitung über Twitter verlauten.

Herausforderungen für die Zukunft

Die Herausforderungen für die Zukunft werden für den HSV aber auch ohne Uhr und Hymne groß bleiben. Oliver Kahn brachte es bei der Spielmacher-Konferenz auf den Punkt. „Man darf sich auf der Vergangenheit nicht ausruhen. Ein erfolgreicher Fußballer gewesen zu sein, befähigt zu gar nichts“, sagte der dreimalige Welttorhüter.

Der in zwei Tagen 50 Jahre alt werdende Unternehmer und TV-Experte wird beim FC Bayern München künftig die Fähigkeit beweisen müssen, einen Traditionsclub führen zu können. „Der Kern des Fußballs muss erhalten bleiben. Aber um den Kern herum müssen Innovationen entwickelt werden“, sagt Kahn. Eine Aussage, die für den HSV die größte Aufgabe bleiben wird. Ob mit oder ohne Uhr und Hymne.