Hamburg. Der Club zahlt die Beträge für die Depotanleihen von 2012 mehrere Monate vor der Frist zurück. Die Idee und ihre Hintergründe.

In elf Tagen geht es wieder los. Dann startet der HSV im Volkspark in die Vorbereitung auf die neue Zweitligasaison. Mission Wiederaufstieg, der zweite Versuch. Viele neue Gesichter werden dabei sein. Sportvorstand Jonas Boldt und Sportdirektor Michael Mutzel haben dieser Tage eine Menge Arbeit, um den neuen Kader zu formieren. Eine Herausforderung, schließlich sind die finanziellen Rahmenbedingungen wegen ungewisser Verkäufe unklar – wie etwa der angestrebte Wechsel des Brasilianers Douglas Santos.

Auf der Suche nach wirtschaftlichen Mitteln versucht der HSV weiter, alle Wege auszuschöpfen. Dabei spielt auch die Fananleihe eine Rolle. Nicht die neue des Jahres 2019, sondern die Jubiläumsanleihe aus 2012, die im September beglichen werden muss. Wie das Abendblatt erfuhr, will der HSV das Geld bereits im Juni zurückzahlen. Konkret geht es um die Zeichner der Depotanleihen.

Mitte Mai erhielten die Käufer von 2012, die in diesem Jahr ihre Umtauschoption nicht in Anspruch genommen hatten, Post von ihrer Bank: „Die HSV Fußball AG macht ihnen ein Angebot.“ So bekommen die Zeichner die Chance, sich die am 30. September fällige Rückzahlung schon am 24. Juni auszahlen zu lassen. Interessenten müssten dem Club bis zum 13. Juni ihre Zusage geben.

Warum sollten Zeichner auf Geld verzichten?

Hintergrund ist eine Idee des HSV-Finanzvorstands Frank Wettstein auf der Suche nach neuen Einsparmöglichkeiten. Die simple Erklärung der Maßnahme: Der Club will Zinsen sparen, im besten Falle rund 500.000 Euro. „101 Prozent zuzüglich Stückzinsen je 500 Euro nominal“ heißt es in dem Schreiben, das die jeweiligen Geldinstitute an die Zeichner der Depotanleihen schickten.

Wie auch bei der neuen Anleihe hatten die Käufer von 2012 die Möglichkeit, neben den Schmuckurkunden im Wert von einmalig 1887 Euro auch Depotanleihen im Wert von je 500 Euro mit einer jährlichen Verzinsung von sechs Prozent zu zeichnen. Wer also für 10.000 Euro Anleihen erworben hatte, bekam seitdem abzüglich Steuern jährlich im September 450 Euro ausgezahlt.

Warum aber sollten die Zeichner dieses Jahr darauf verzichten und sich das Geld mit geringerem Zinssatz vorzeitig auszahlen lassen? Die ebenfalls simple Antwort: Sicherheit. Insbesondere die Zeichner, die hohe Beträge in die Anleihen investiert haben, bekämen ihre Summe garantiert zurück, garniert mit einem Bonus von einem Prozent Zinsen.

HSV muss sechs Millionen Euro zurückzahlen

Dabei müsse man sich um den wirtschaftlichen Zustand der HSV Fußball AG keine Sorgen machen, hatte Finanzchef Wettstein kürzlich im Abendblatt-Interview gesagt: „Zum aktuellen Zeitpunkt würde ich nicht von einer ernsten Lage sprechen.“

Dennoch kann der HSV in seiner derzeitigen sportlichen und finanziellen Situation jeden Euro gebrauchen. Die Idee der frühzeitigen Rückzahlung der Depotanleihen hätte noch einen weiteren Effekt. Der Club würde nicht nur die Zinsen für die kommenden drei Monate sparen, auch sogenannte Strafzinsen. Dabei handelt es sich um Guthabenzinsen, die Banken bei ihren Privatkunden erheben.

Bereits am 9. April hatte der HSV das Gesamtzeichnungsvolumen von 17,5 Millionen Euro für die neue Anleihe voll platziert, um die alte Anleihe im September zurückzuzahlen. Dieser Betrag liegt nun auf der Bank und kostet den HSV Geld. Zahlt er die Summe schon im Juni zurück, spart er auch diese Strafzinsen. Nach Abendblatt-Informationen muss der HSV im September noch sechs Millionen Euro an seine Zeichner zurückzahlen. Viele hatten bereits im Frühjahr von der Umtauschoption Gebrauch gemacht und die neue Anleihe gezeichnet, die nun bis zum 28. Februar 2026 läuft und ebenfalls mit sechs Prozent jährlich verzinst ist.

30 Prozent weniger Gehalt für leitende Mitarbeiter

Anders als bei der Jubiläumsanleihe will der Club die HSV-Anleihe 2019/26 auch planmäßig frühzeitig zurückzahlen. Vom vierten Jahr der Laufzeit an wird sie jährlich zwischen mindestens zehn und maximal 25 Prozent getilgt. So soll verhindert werden, dass am Ende erneut ein Volumen von 17,5 Millionen Euro auf einen Schlag zur Rückzahlung ansteht. Wäre die neue Anleihe in diesem Jahr gefloppt, hätte der HSV vermutlich keine Spielgenehmigung für die neue Saison bekommen. Darüber hinaus hat sich der Club die Möglichkeit gesichert, von 2021 an jeweils am 1. März des Jahres die Anleihe ganz zurückzuzahlen.

Ob die jüngste Idee von Finanzvorstand Wettstein Erfolg hat, ist nicht absehbar. Die Annahmefrist für die vorzeitige Rückzahlung der Fananleihe endet mit dem Start der Vorbereitung am 17. Juni. Um den Kader bis zum Ligastart Ende Juli zu optimieren, wird Wettstein daher nach weiteren Sparmaßnahmen suchen. Schließlich würden er und seine Mitarbeiter von einem Wiederaufstieg auch persönlich profitieren. In den Verträgen fast aller leitenden Mitarbeiter in den verschiedenen Abteilungen des HSV ist festgeschrieben, dass sich die Gehälter in der Zweiten Liga um rund 30 Prozent reduzieren. Ein Grund mehr für die Verantwortlichen, jeden Euro in die Verstärkung des Teams zu investieren.