Hamburg. Der Finaltraum ist geplatzt. Jetzt will der HSV in Berlin Wiedergutmachung betreiben. Einer scheint dafür dringend gebraucht zu werden.

Am Morgen nach dem schmerzhaften Pokal-Aus richtete Léo Lacroix den Blick wieder nach vorn: "Wir haben noch ein paar Endspiele vor uns, um unser Ziel zu erreichen. Vamos, HSV!", schrieb der Verteidiger bei Twitter. Später stieg er dann, wie auch die anderen Spieler aus der Hamburger Startelf des Vorabends, aufs Fahrrad, eine Runde durch den Volkspark drehen. Es galt, die Müdigkeit von 90 Minuten Kampf und Anspannung aus dem Körper zu bekommen – und den Frust der 1:3-Halbfinalniederlage gegen RB Leipzig aus dem Kopf.

Lacroix hat ja recht. Auch wenn es nicht das Pokalfinale ist, kann sich der HSV in Berlin noch immer einen Traum erfüllen: Ein Sieg am Sonntag beim direkten Konkurrenten 1. FC Union wäre zwar noch nicht der Aufstieg, aber ein möglicherweise entscheidender Schritt zurück in die Bundesliga. Lacroix' Abwehrkollege Rick van Drongelen formulierte es so: "Es wäre sehr geil gewesen, zweimal nach Berlin zu fahren. Jetzt fahren wir einmal hin und wollen unbedingt die drei Punkte mitnehmen."

Den nötigen Glauben daran könnte der HSV aus dem phasenweise richtig guten Spiel gegen einen fast sicheren Champions-League-Teilnehmer durchaus schöpfen. "Laufbereitschaft, Aktivität, Zusammenarbeit, spielerische Lösungen – all das haben wir heute gemacht, und genau das werden wir am Sonntag auch brauchen", sagte Trainer Hannes Wolf.

Rätselhaft bleibt allerdings, warum der HSV in unschöner Regelmäßigkeit nur gegen starke Mannschaften stark spielt – und gegen schwächere schwächelt. Kapitän Aaron Hunt glaubt den Grund zu kennen: "In der Liga sind wir immer die Favoriten und müssen das Spiel machen." Die gute Nachricht in dem Zusammenhang ist: Union Berlin ist ein starker Gegner, auch wenn die Eisernen wie der HSV seit fünf Spielen nicht mehr gewonnen haben. Und bis Sonntag, 13.30 Uhr (Sky, Liveticker bei Abendblatt.de) bleibt genügend Zeit, um muskulär und mental zu regenerieren.

Aber wird auch jene "Leichtigkeit" wieder zu spüren sein, von der Wolf am Dienstagabend schwärmte? Oder war sie nur den besonderen Umständen zu verdanken?

Gegen Leipzig konnte der HSV eigentlich nur gewinnen. Von nun an gibt es nur noch eine Menge zu verlieren. Und vom Aufstieg hängt ja so vieles ab: ob Hauptsponsor Emirates sein Engagement fortsetzt; ob der Kader weiter verstärkt werden kann; ob Klaus-Michael Kühne die Rechte am Stadionnamen behält. Ob die jüngste Mannschaft des deutschen Profifußballs (Altersschnitt 23,4 Jahre) diesem Druck standhalten kann?

Hunts Comeback macht Hoffnung

Zuletzt schien es nicht so. Aber zuletzt stand Kapitän Hunt (32) auch kaum bis gar nicht auf dem Platz. Wie sehr der Erfolg des HSV von ihm abhängt, mag diese Statistik veranschaulichen: Von den 18 Zweitligaspielen in dieser Saison, bei denen Hunt in der Startelf stand, gingen nur zwei verloren – von den übrigen zwölf Spielen aber gleich fünf. Am Mittwoch absolvierte Hunt wieder eine harte Trainingseinheit mit der Mannschaft.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Kehrt er also am Sonntag in die Startelf zurück? "Da müssen Sie den Trainer fragen", sagte Hunt abwehrend, "bei mir ist alles gut." Und was sagt Wolf? "Wir werden am Sonntag die Spieler aufstellen, die körperlich in einer guten Verfassung sind." Hunt und sein Mitangreifer Hee-Chan Hwang seien "jetzt eine gewisse Zeit wieder zurück und sind körperlich so weit, mehr als eine Joker-Rolle einzunehmen".

Mit seiner Pokalaufstellung hatte der HSV-Trainer gleich auf mehreren Positionen überrascht: mit Jung als Kapitän im offensiven Mittelfeld, Vasilije Janjicic im Abwehrzentrum, mit Douglas Santos im zentralen Mittelfeld und Josha Vagnoman auf dem linken Flügel. "Diese Aufstellung war für das Spiel sehr gut abgestimmt", sagte Jung, "und wir haben es sehr gut umgesetzt."

Der HSV in der Einzelkritik

Das galt vor allem für Bakery Jatta, nicht nur wegen seines Traumtors zum 1:1 ("Der Torwart stand nicht auf der richtigen Position, also habe ich einfach geschossen"). Hunt attestierte dem Gambier "ein Riesenspiel: Er war überragend, unser bester Mann heute." Die Zuschauer – allein bei der ARD waren es durchschnittlich 6,84 Millionen (23,6 Prozent Marktanteil) – wählten Jatta sogar zum "Spieler des Spiels", was Leipzigs Trainer Ralf Rangnick allerdings so gar nicht verstehen wollte.

Yussuf Poulsen wäre sicher auch ein geeigneter Kandidat gewesen. Leipzigs Stürmer erzielte das 0:1 und nötigte mit seiner Hereingabe Janjicic zum Eigentor zum 1:2. "Vom Gefühl her kann uns im Moment keiner schlagen", sagte Poulsen. Wenn das kein Trost für den HSV ist!

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung