Hamburg. Projekt Profi: Der verletzte HSV-Innenverteidiger beweist beim TV-Nachmittag mit dem Abendblatt hellseherische Fähigkeiten.

Stephan Ambrosius ist ein Optimist – wahrscheinlich sogar ein Idealist. Der derzeit am Knie verletzte Innenverteidiger des HSV kann nur positiv, deswegen war es für den Kreuzbandpatienten vor dem gemeinsamen HSV-Gucken Sonntagmittag im Montgomery Champs in Schnelsen auch keine Frage, auf wen er beim schweren Auswärtsspiel seiner Kollegen in Regensburg zu tippen hatte.

So ist Zweite Liga

„Wir gewinnen natürlich – 2:0. Einmal Holtby und einmal Lasogga“, orakelte Ambrosius vor dem Anpfiff, der einen negativen Gedanken dann aber doch aussprach: „Solche Spiele wie in Regensburg sind echt hart. Oft dominiert man als Favorit das ganze Spiel, führt vielleicht 1:0 und bekommt dann eine Viertelstunde vor Schluss so ein ärgerliches 1:1“, sagte Ambrosius. „Und wenn es ganz blöd kommt, dann kassiert man sogar noch kurz vor Schluss einen Konter zum 1:2. So ist Zweite Liga ...“

Zu gerne hätte man den 20-Jährigen, der sich elf Wochen zuvor einen Kreuzbandriss zugezogen hatte, zwei Stunden später gefragt, ob er hellseherische Fähigkeiten besitzt. Doch weil Ambrosius 20 Minuten vor dem Abpfiff losmusste, um seine Mutter rechtzeitig von der Kirche abzuholen, wird diese Frage unbeantwortet bleiben.

Klar war nur: Als Ambrosius sich in Hamburg-Schnelsen verabschiedete, verabschiedete sich 700 Kilometer weiter südlich auch der HSV. Erst das 1:1 durch Adamyan, dann das 1:2 durch Grüttner. So ist Zweite Liga ...

Projekt Profi

Die Frage nach dem Übersinnlichen blieb offen, alle anderen Fragen beantwortete Ambrosius ausführlich und gerne. Sowohl den Wunsch eines kleinen Mädchens nach einem Autogramm auf die ausgestreckte Hand als auch die zahlreichen Abendblatt-Nachfragen nach seiner persönlichen Situation. „Mir geht es eigentlich richtig gut“, sagte der Berufsoptimist. „Die Ärzte haben mir versichert, dass ich voll im Plan liege.“

Ein Jahr lang begleitet das Abendblatt den Fußballer im Rahmen der Aktion „Projekt Profi“. Und wie steinig der Weg zum echten Profi ist, wurde Ambrosius besonders durch seine schwere Knieverletzung verdeutlicht. Das vordere Kreuzband seines rechten Knies war am Knochenansatz rausgerissen. Die voraussichtliche Pause: acht Monate.

Schon ein Kilo zugenommen

„Natürlich hat man ab und an auch mal ein Down. Aber alles in allem schaue ich positiv nach vorne. Die ersten zweieinhalb Monate sind ja auch schon rum“, sagt Ambrosius, und bestellt sich einen Caesar Salad und ein Mineralwasser. „Ohne tägliches Training muss ich ein bisschen auf mein Kampfgewicht achten“, erklärt er seine Wahl. „Ich habe schon ein Kilo zugenommen.“

Kein tägliches Training? Von wegen! Von Montag bis Sonnabend trainiert Ambrosius in Wahrheit eine Stunde täglich mit den HSV-Physiotherapeuten Benjamin Eisele oder Mario Reicherz, dazu hat er noch eine weitere Stunde Behandlung. Nur sonntags ist frei. „Ich will alles dafür geben, gesund wieder zurückzukommen. Diesem Ziel ordne ich alles andere unter“, sagt Ambrosius.

Bald will er wieder laufen

Genau das hat ihm auch Trainer Hannes Wolf gesagt, nachdem er sich im Spiel der U21 gegen Holstein Kiel II so schwer verletzte. „Der Trainer hat mich sofort angerufen“, berichtet der Wahl-Luruper, der auch die Reaktion von Sportvorstand Ralf Becker zu schätzen weiß. „Auch Herr Becker hat mir versichert, dass ich nur Bescheid geben muss, wenn ich etwas brauche wie einen Fahrer, der mich zum Arzt bringt oder so.“

Sein Fahrer war in den ersten Wochen Bruder Michael. Mittlerweile kann Ambrosius selbst fahren, bald will er auch wieder laufen. In vier Wochen soll er so weit sein. Dann dürfte er auch bald wieder mit Reha-Trainer Sebastian Capel auf den Platz. Ein Kreuzbandriss sei kein Kindergeburtstag, sagt Ambrosius, aber er bleibe natürlich Optimist.