Hamburg. Ex-Trainer Titz und Mittelfeldmann Steinmann hatten nach dem historischen 0:5 gegen Jahn keine HSV-Zukunft mehr.

Die Antworten fallen sehr ähnlich aus. Momentan sei nicht der richtige Zeitpunkt zum Sprechen, lässt Matti Steinmann kurz und knapp via WhatsApp ausrichten. „Beste Grüße.“ Und auch Christian Titz ist in diesen Tagen nicht nach reden zumute. „Zu diesem Thema möchte ich mich nicht mehr äußern“, schreibt er ebenfalls via Whats­App, wünscht noch eine schöne Woche und natürlich auch: „Viele Grüße.“

Eine schöne Woche dürfte es in Hamburg allerdings nur dann werden, wenn „dieses Thema“, zu dem sich weder Titz noch Steinmann mehr äußern wollen, am Wochenende anders abgeschlossen wird als vor ziemlich genau fünf Monaten. Seinerzeit, am 23. September 2018, trat der HSV erstmals in einem Pflichtspiel gegen Jahn Regensburg an. Und dass der damalige Sonntag ein denkwürdiger werden sollte, hatte weniger mit der Erstmaligkeit der Begegnung als vielmehr mit der Einmaligkeit des Ergebnisses zu tun. Am Ende leuchtete auf den beiden Anzeigetafeln über der Nord- und der Südtribüne im Volksparkstadion jeweils ein erbarmungsloses 0:5 auf. Es war die höchste Heimniederlage seit 44 Jahren. Null. Zu. Fünf!

„Wenn du zu Hause so hoch verlierst und im Defensivverbund einen so unzureichenden Eindruck hinterlassen hast, ist ja klar, dass wir die Dinge angehen und nicht zur Normalität übergehen“, sagte Titz damals, als er noch etwas sagen wollte und vor allem beim HSV noch etwas zu sagen hatte. Was der Trainer aber auch schon damals nicht sagte – und wahrscheinlich auch noch nicht wusste –, ist, dass diese epische Pleite gegen Regensburg gleich zwei Karrieren nachhaltig beeinflussen sollte: Matti Steinmanns. Und seine eigene.

Matti Steinmann wagt Neuanfang in Dänemark

An diesem Sonntag (13.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) trifft der HSV also erneut auf Jahn – diesmal erstmals in der Continental Arena in Regenburg. Ob es wieder ein historischer Nachmittag werden wird und ob der HSV sich zumindest ein wenig für das traumatische 0:5 revanchieren kann, ist natürlich noch unklar. Klar ist nur, dass Titz und Steinmann, die Protagonisten des Hinspiels, bei der Neuauflage nicht dabei sein werden.

Steinmann, der beim 0:5 nach 32 Minuten ausgewechselt wurde und ab da nie wieder ein Profispiel für den HSV bestreiten sollte, reagierte im Winter und wechselte aus Sorge um die Karriere auf Leihbasis nach Dänemark. Zu Vendsyssel FF, dem Vorletzten der Superliga. Der Club ist in Hjørring beheimatet, einem kleinem Städtchen im nördlichsten Zipfel Dänemarks. 25.000 Einwohner. Es gibt die St.-Katharinen-Kirche, die St.-Hans-Kirche und die St.-Olai-Kirche. Allzu viel Glaube und Hoffnung, irgendwann mal irgendwas in Hjørring zu gewinnen, gibt es allerdings nicht. Wenn man so will, dann ist Vendsyssel der Prototyp des Letzte-Chance-Clubs.

Um seine letzte Chance zu nutzen, muss man aber auch eine bekommen. Steinmann, der nach seinen unglücklichen Abstechern nach Mainz und Chemnitz sämtliche Profiträume bereits ausgeträumt hatte und sich eigentlich auf sein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens konzentrieren wollte, durfte seit seinem Wechsel noch nicht wieder spielen. Seine Mannschaft verlor dreimal gegen Viborg, Midtjylland und Horsens. Und Steinmann? Musste je 90 Minuten von der Bank aus zuschauen.

Im Sommer ist Titz frei

Auf so einer Bank würde Christian Titz dagegen sicherlich gerne mal wieder Platz nehmen. Der frühere HSV-Coach, der genau einen Monat nach dem Karriereknacksspiel gegen Regensburg beurlaubt wurde, soll lose Anfragen gehabt haben. Aus Darmstadt – und kurioserweise auch aus Dänemark. Von Bröndby Kopenhagen. Doch statt Darmstadt oder Kopenhagen war Titz am Mittwoch beim FV Lörrach-Brombach an der Grenze zur Schweiz auf einem Kunstrasenplatz anzutreffen. Auf dem Programm: Dreharbeiten für sein Unternehmen Coaching Zone – ein Internetportal für Trainingslehre und Spielkultur.

Mit der Spielkultur war es beim unvergessenen 0:5 gegen Jahn allerdings so eine Sache. Fußballzwerg Regensburg nutzte die Unzulänglichkeiten des offensiven Titz-Systems schamlos aus. „Ich werde meine Spieler nicht durchs Dorf jagen“, sagte nach der Partie der angefressene Coach, der dann selbst durchs Dorf getrieben wurde. Die HSV-Verantwortlichen, die bereits zuvor Titz kritisch beäugten, hatten endgültig den Glauben an den Trainer verloren.

Bis zum Sommer muss der HSV Titz noch bezahlen. Dann wäre der Trainer endgültig frei für neue Aufgaben. Im Gegensatz zu Steinmann, der – zumindest laut Arbeitspapier – im Sommer zurück aus Dänemark nach Hamburg kommen muss. Hier steht er noch bis 2020 unter Vertrag – allerdings nur mit einer Regionalligagage von rund 100.000 Euro. Ob er bleiben, gehen oder am Ende doch wieder studieren will, scheint – Stand jetzt – offen. Spätestens im Sommer wird man eben reden müssen. Ob Steinmann nun will oder nicht.