Hamburg. Debatte um legalisiertes Abbrennen im Stadion: Während der Hamburger Senat dem HSV die Tür öffnet, stellen sich DFL und DFB noch quer.

Auf den ersten Blick hatte man den Eindruck, der HSV wechselt schon wieder den Trainer. 27 Medienvertreter inklusive fünf Kamerateams versammelten sich vor einem Pult in der ersten Etage des Volksparkstadions, als die offizielle Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel in Heidenheim (Sonnabend, 13 Uhr) bereits beendet war. Der Grund für dieses beachtliche Interesse war allerdings nicht die Zukunft von HSV-Coach Hannes Wolf, sondern die Donnerstagausgabe des Abendblatts, in der über den Vorstoß des Zweitligisten, Pyrotechnik legalisieren zu wollen, berichtet wurde.

Mit den Händen in den Hosentaschen trat Cornelius Göbel, leitender Fanbeauftragter beim HSV, um 14.02 Uhr vor die aufgebauten Mikrofone. Der 35 Jahre alte Sozialpädagoge hatte das höchst brisante Thema intern ins Rollen gebracht. „Es kann sein, dass wir in einem halben Jahr feststellen, dass es keinen gemeinsamen Weg gibt“, sagte Göbel zu Beginn. „Es kann aber auch sein, dass wir dann Veränderungen feststellen.“ Beim Umgang mit der Problematik setzt er auf den Dialog.

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    DFL und DFB bremsen den HSV aus

    Nach zwei Treffen mit Vertretern der Ultra-Gruppierungen des HSV sowie einem ersten Austausch mit der Polizei will der Verein nun auf die Feuerwehr, die Stadt und die Verbände zugehen. Doch genau darin liegt das Problem, denn die Deutsche Fußball Liga (DFL) und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sind nach jetzigem Stand wenig gesprächsbereit.

    „Pyrotechnik in den Stadien ist nach den DFL-Statuten verboten“, sagte DFL-Sprecher Christopher Holschier dem Abendblatt. Mehr wollte er nicht sagen, um dem Thema nicht noch mehr – von den Verbänden ungewollte – Aufmerksamkeit zu schenken. Die Presseabteilung des DFB bereitete den gesamten Tag über eine offizielle Erklärung vor, teilte am Abend aber auf Anfrage mit, dass man sich Holschiers Worten anschließe und sich darüber hinaus nicht äußern wolle.

    Positive Signale aus dem Hamburger Senat

    Bislang wird Pyrotechnik von Ultras meist unter Maskierung abgebrannt, um juristischer Verfolgung zu entgehen.
    Bislang wird Pyrotechnik von Ultras meist unter Maskierung abgebrannt, um juristischer Verfolgung zu entgehen. © Imago/Eibner

    „Ich halte diese Position nicht für lösungsorientiert. Wir hoffen, dass der DFB sich noch bewegt“, sagte Göbel, auf den noch viel Arbeit wartet. Alle Parteien an einen Tisch zu bekommen bezeichnet er als „Meilenstein“. Immerhin hat der Hamburger Senat erste positive Signale gesendet. Sowohl Grüne als auch SPD unterstützen das Vorhaben des HSV, gemeinsam eine Lösung zu finden.

    Ein erster Ansatz, wie Pyrotechnik legalisiert werden könnte, wurde in Skandinavien gefunden, wo der dänische Topclub Brøndby IF als Vorreiter „kalte Pyro“ getestet hat. Auch wenn die Rauchentwicklung geringer ist, bleibt ein erhöhtes Risiko, weil die Fackel immer noch bis zu 230 Grad heiß wird. „Damit kann man keinen überzeugen. Wir müssen ein Produkt entwickeln, das unser höchstes Gut, die Stadionsicherheit, nicht gefährdet“, sagt Göbel, dessen Ideen von der Hamburgischen Bürgerschaft unterstützt werden.

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      CDU: "Fußball nicht Spielball der Ultras"

      „Das Ziel muss sein, dass es im Stadion höchstmögliche Sicherheit für alle gibt und gleichzeitig der Spaß am Sport gelebt werden kann. Ob die sogenannte Pyrotechnik eine Option sein kann, muss sich zeigen“, sagte Juliane Timmermann, sportpolitische Sprecherin der SPD, dem Abendblatt. Antje Möller, innenpolitische Sprecherin der Grünen, ergänzte: „Gespräche sind immer richtig. Ob die sogenannte kalte Pyrotechnik eine Lösung wäre, muss genau geprüft werden.“

      Aus der Opposition gab es ebenfalls positive Reaktionen von der FDP und den Linken. Kritik äußerten dagegen die CDU sowie die AfD, die einen Dialog ablehnt. „Wie ein Kompromiss aussehen soll, der das Sicherheitsgefühl von Familien nicht beeinträchtigt, entzieht sich meiner Vorstellungskraft“, sagte Thomas Kreuzmann, Fachsprecher für Sport der CDU Hamburg. „Der Fußball ist für alle da und nicht Spielball der Ultras.“

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      HSV plant eine eigene Pyro-Choreografie

      Bei seinem Vorhaben will der HSV auch andere Vereine mit einbinden. Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli, bezeichnete das Abbrennen von Pyrotechnik als „Teil der Fan- und hysterischen Aufregungskultur“. Tatsächlich sind der Polizei keine Vorfälle, bei denen es ein erhöhtes Aufkommen an Verletzten gab, bekannt. Offizielle Opferzahlen werden nicht erhoben.

      Für Düsseldorfs Clubboss Robert Schäfer wäre eine Legalisierung von Pyrotechnik dennoch „viel zu gefährlich“. Auch Mainz 05 distanzierte sich auf Anfrage von dem Hamburger Vorstoß. Weitere Vereine mieden eine Stellungnahme zu diesem brisanten Thema. Schalke 04 ist dagegen bereits einen Schritt weiter als der HSV. Der Bundesligist hat schon einmal gesundheitsverträglichen Theaterrauch angemeldet. Ähnliche Pläne hegt der HSV, der nach Abendblatt-Informationen eine vergleichbare Pyro-Choreografie beim Heimspiel gegen Magdeburg (8. April) anmelden will.

      Doch um dieses Ziel zu erreichen, hat der HSV noch einen weiten Weg vor sich. Und viele Gespräche.