Hamburg. Es geht um einen Streitwert von 13,7 Millionen Euro. Ärger über nicht recherchierte Insolvenzbehauptungen.

In Hamburg brauchte man nicht viele Worte, um das HSV-Wochenende treffend zusammenzufassen: „So’n Schiet.“ 0:2 in Bielefeld, drei Verletzte, eine Rote Karte und dann auch noch diese ganzen Diskussionen um den Anleiheprospekt und die angebliche Gefahr einer Insolvenz. Selbst als höflicher Hanseat hätte man also Grund genug gehabt, sogar die etwas derbere Variante zu wählen. Irgendwie waren die letzten Tage: für den Mors.

Jenseits von Bielefeld ärgerten sich die HSV-Verantwortlichen vor allem über die zahlreichen Berichte, in denen behauptet wurde, der Club stehe unmittelbar vor der Zahlungsunfähigkeit. Hintergrund ist der 144-seitige Anleiheprospekt, in dem das Wort „Insolvenz“ 21-mal vorkommt.

Wie Beipackzettel eines Medikaments

HSV-Aufsichtsratschef Max-Arnold Köttgen relativierte im Abendblatt: „Einen Wertpapierprospekt kann man in Teilen mit dem Beipackzettel eines Medikaments vergleichen. Auch da muss auf alle Nebenwirkungen und Risiken hingewiesen werden.“ Und auch Finanzvorstand Frank Wettstein sagte: „Als Emittent von Wertpapieren erfüllen wir die rechtlichen Anforderungen an Prospekte und weisen auch auf solche Risiken hin, die in Extremfällen eintreten können.“

Also alles halb so schlimm? Die eindeutige Antwort: Jein. Wettstein hat recht, dass die detaillierte Risikobeschreibung einer Insolvenz lediglich der rechtlichen Anforderung an Anleiheprospekte entspricht. So findet sich das Wort „Insolvenz“ immerhin auch 13-mal bei St. Paulis erster Fananleihe 2011, in Herthas Anleiheprospekt 2010 kann man neun Einträge zählen, bei Schalkes Prospekt 2012 zehn.

Sorge vor Rechtsstreit mit Kühne

Interessanter als die allgemeine Gefahr einer Insolvenz ist aber die konkret beschriebene Sorge vor einem möglichen Rechtsstreit mit Investor Klaus-Michael Kühne. Auf Seite 34 unter „Risiken in Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten“ heißt es: „Ferner vertreten die Emittentin (der HSV, die Red.) und einer ihrer Darlehensgeber (Kühne, die Red.) derzeit unterschiedliche Rechtsauffassungen hinsichtlich der Rückzahlungsmodalitäten bestehender Darlehensverträge.“ Und weiter: „Vor diesem Hintergrund kann zum Datum des Prospektes (…) nicht ausgeschlossen werden, dass der Darlehensgeber die Emittentin gerichtlich auf die Rückzahlung von Darlehen in Anspruch nimmt (…). Hierbei handelt es sich um einen Streitwert in Höhe von 13,7 Millionen Euro zuzüglich etwaiger Zinsen (…).“

Mit anderen Worten: Der HSV und Kühne sind sich über eine mögliche Rückzahlung von Darlehen in Höhe von sage und schreibe 13,7 Millionen Euro uneinig. Auf konkrete Nachfragen verschickte Wettstein lediglich das gleiche (sehr allgemeine) Zitat, das er auch schon im Hinblick auf das Insolvenzrisiko geschickt hatte. Und auch Kühne wollte sich nicht im Einzelnen äußern, ließ aber immerhin ausrichten, dass zurzeit „eine gegenseitige Verständigungsbereitschaft“ vorherrsche.

Keine Einigung in Sicht

Tatsächlich haben sich HSV-Chef Bernd Hoffmann und Kühne fast ein Dutzend Mal seit Hoffmanns Beförderung zum Vorstandschef getroffen, auch Wettstein, Köttgen und sogar HSV-Trainer Hannes Wolf und Sportvorstand Ralf Becker waren bei Treffen dabei. Eine Einigung über eine Rückzahlung der 13,7 Millionen Euro ist nach all den Gesprächen aber genauso wenig in Sicht wie die angestrebte Verlängerung des Millionenvertrags über die Namensrechte am Stadion. Zur Erinnerung: Bis Ende März müssen die HSV-Verantwortlichen alle Lizenz-Unterlagen an die DFL geschickt haben. Oder in anderen Worten: So’n Schiet.