Hamburg. Der Neuzugang gilt als eine der Entdeckungen der Hinrunde. Im Abendblatt schaut er noch einmal zurück.

Allzu viel Zeit hat Khaled Narey (24) nicht. Der HSV-Profi will unbedingt noch ins UKE, um dort den gerade am Knie operierten Kumpel Stephan Ambrosius zu besuchen. „So eine bittere Verletzung“, sagt Narey, der als einer der großen HSV-Gewinner dieser Hinrunde gilt. Doch im Profifußball liegen Freud und Leid nun mal nicht weit voneinander entfernt.

Hamburger Abendblatt: Herr Narey, für uns sind Sie die HSV-Überraschung der Hinrunde. Sind Sie über sich selbst auch überrascht?

Khaled Narey: Überrascht trifft es nicht so richtig. Natürlich habe ich gehofft, dass es so gut für mich laufen wird. Und wenn ich ehrlich bin, dann habe ich mir das auch zugetraut.

Wer oder was ist denn für Sie die Überraschung dieser Hinrunde?

Narey: Das klingt vielleicht komisch, aber ich finde wirklich überraschend, dass man unserer Mannschaft gar nicht anmerkt, dass wir das jüngste Team in Deutschland sind. Schauen Sie sich zum Beispiel mal Orel Mangala an. Der ist 20 Jahre jung und spielt im Mittelfeld wie ein alter Hase. Oder Rick van Drongelen. Der ist am Donnerstag auch erst 20 Jahre alt geworden – lässt sich aber nie aus der Ruhe bringen. Schon krass.

Gerne möchten wir noch einmal mit Ihnen gedanklich durch diese Zweitliga-Hinrunde spazieren gehen. Wir haben fünf Momente für Sie rausgesucht. Passend zum kommenden Gegner Kiel legen wir mit dem Hinspiel los …

Narey: Ein Wahnsinnsspiel. Nach 20 Minuten müssten wir 3:0 führen, verlieren am Ende aber 0:3. Unglaublich. Das war eine Achterbahnfahrt der Gefühle, die aber schon ein paar Tage vorher angefangen hatte. Ganz Hamburg war trotz des Abstiegs euphorisiert und freute sich auf den Zweitligaauftakt. Ich selbst hatte auch ein richtig gutes Gefühl. Wir hatten eine gute Vorbereitung absolviert, das Stadion war ausverkauft und wir waren auch genau darauf vorbereitet, wie Kiel spielt. Und dann das.

Stefan Effenberg wurde am Tag danach von der „Bild“-Zeitung in einem Interview gefragt, ob dem HSV nun der Durchmarsch in die Dritte Liga drohe …

Narey: Die Schlagzeilen nach dem 0:3 waren schon heftig. Aber mir war schon vor meinem Wechsel klar, dass es in Hamburg medial lauter werden kann als sonst wo. Man darf nur nicht den Fehler machen, sich von so einer Stimmung anstecken zu lassen – und das haben wir auch nicht.

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HSV-Momente der Sport-Redaktion

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    Damit sind wir auch schon beim zweiten Moment: Ihr Doppelpack im Spiel danach.

    Narey: Zwei Tore zu schießen ist immer schön. Aber dieser Doppelpack war wahrscheinlich auch wichtig, damit wir nach dem 0:3 direkt ein Ausrufezeichen setzen. Wir sind als „großer HSV“ ins kleine Sandhausen gereist. Da kann man ja eigentlich nur verlieren. Aber dann lief es Gott sei Dank für uns richtig gut. Mein erstes Tor fiel bereits nach sechs Minuten. Das Trikot habe ich mir dann nach dem Spiel aufgehoben und es meinen Eltern geschenkt.

    Das Trikot hängt jetzt also bei Ihren Eltern in Leverkusen an der Wand?

    Narey: Das weiß ich gar nicht so genau. Falls nicht schenke ich ihnen zu Weihnachten noch den passenden Bilderrahmen dazu (lacht).

    Haben Sie sich Ihre ersten beiden HSV-Tore noch oft bei YouTube angeschaut?

    Narey: Nicht auf YouTube, sondern auf Instat. Das ist eine App, auf der jeder aus der Mannschaft seine eigenen Szenen zusammengeschnitten noch einmal gucken kann. Das mache ich eigentlich immer. Man lernt, wo man etwas falsch gemacht hat. Oder man kann sich noch einmal über eine schöne Aktion oder sogar ein Tor freuen.

    Ihr schönstes Tor der Hinrunde?

    Narey: Das Ding in Aue – schönes Tor! (wir überprüfen das vor Ort – und schauen uns gemeinsam mit Narey sein Tor noch einmal auf dem Handy an. Bei YouTube, nicht bei Instat. Und wirklich: Während sich die Stimme des Moderators überschlägt, als der HSV-Profi aus 20 Metern in den Winkel trifft, schaut Narey im Hier und Jetzt ein wenig schüchtern zur Seite.)

    Wirklich sehr schön. Ganz und gar nicht schön war Moment Nummer drei: das 0:5 gegen Regensburg. Haben Sie mittlerweile verstanden, wie das passieren konnte?

    Narey: Ich kann das bis heute nicht erklären. Das war ein kollektiver Blackout, den man einfach nur vergessen will. Bei so einem Spiel bringt auch eine Fehleranalyse danach nicht viel. Da habe ich mir auch meine Szenen bei Instat nicht mehr angeschaut. Was will man da analysieren? 0:5 gegen Regensburg. Mehr braucht man da nicht zu sagen.

    Für viele war dieses Spiel der Anfang vom Ende von Trainer Christian Titz.

    Narey: Als Spieler hat man schon gespürt, dass dieses 0:5 keine „normale“ Niederlage war. Das war alles andere als normal. Es war wirklich extrem. Und trotzdem kann man im Nachhinein schwer beurteilen, inwiefern dieses Spiel jetzt der Anfang vom Ende vom Trainer war.

    Moment Nummer vier war dann die Trainerentlassung zwei Wochen später …

    Narey: … Trainerentlassungen sind nie schön. Ich bin ja auch nach Hamburg gekommen, weil mich die Gespräche mit Herrn Becker und eben auch dem Trainer total überzeugt hatten. Deswegen habe ich dem Trainer nach seiner Freistellung auch noch einmal eine längere WhatsApp geschrieben und mich für alles bedankt. Aber Trainerentlassungen gehören nun mal leider zum Fußball dazu. Und der neue Trainer ist ja auch nicht wirklich schlecht gestartet: Sieben Siege und ein Unentschieden muss man erst einmal schaffen.

    Ein Sieg davon war das 1:0 gegen Paderborn. Auch so ein Moment der Hinrunde, oder?

    Narey: Klar. Nach vier Toren auswärts habe ich bei dem Spiel zum ersten Mal im Volksparkstadion getroffen, was natürlich ein ziemlich cooles Gefühl ist. Freitagabend, 50.000 Zuschauer und du schießt das Tor des Tages. Viel besser geht es nicht …

    Die Rückrunde beginnt nun bereits am Sonntag in Kiel. Ist das komisch, einen Tag vor Weihnachten zu spielen?

    Narey: Ach, nicht wirklich. Wenn wir gewinnen, ist es ein schönes Fest. Wobei ich als Muslim ohnehin Weihnachten gar nicht wirklich feiere. Ich fliege noch am gleichen Abend in den Urlaub nach Dubai. Und natürlich lässt es sich mit einem Sieg im Gepäck viel besser entspannen.

    Nachdem wir nun ausführlich über Ihre Hinrundenmomente gesprochen haben, müssen Sie vor dem Spiel in Kiel aber auch noch ein paar schnelle Rückrundenpro­gnosen wagen. Bitte unsere 2019-Sätze jeweils kurz vervollständigen: Der HSV wird tatsächlich aufsteigen, weil…

    Narey: …wir die beste Mannschaft der Liga sind. Das ist meine Meinung.

    Nummer zwei: Wenn nach den Lasoggas auch über die Nareys eine Fußballdoku gedreht werden soll, dann …

    Narey: … lehne ich dankend ab. Ich habe bei der Serie über Pierre zwar mal reingeschaut und die war auch witzig. Aber mein Privatleben soll dann doch lieber privater bleiben.

    Mein Ex-Club Dortmund wird trotz der Niederlage in Düsseldorf Meister, weil …

    Narey: … die Mannschaft eine Top-Saison spielt und die Bayern auch nach dem Sieg gegen Leipzig zu weit hinten dran sind.

    Und last but not least: 2019 wird ein großartiges Jahr, weil …

    Narey: … wir aufsteigen!